Kommentar Wirtschaftspolitik: Forschungsprämie stärkt FTI-Standort Österreich

Ausgabe 1/2017

Lesedauer: 6 Minuten

Aktualisiert am 21.09.2023

In Kürze

  • Im Standortwettbewerb um innovative Unternehmen und zur Steigerung der Innovationsleistung hat sich die steuerliche Begünstigung von Forschung und Entwicklung (F&E) als wirksames Mittel erwiesen, um höhere F&E-Aufwendungen und Zukunftsinvestitionen von Unternehmen auszulösen.
  • Viele Konkurrenzländer haben in den letzten Jahren die steuerlichen Bedingungen für F&E stark, zum Teil dramatisch, ausgeweitet und verbessert.
  • Österreich soll – wie von der Bundesregierung in Aussicht genommen - die Forschungsprämie anheben, um die Innovationsleistung der Unternehmen und die Attraktivität des Forschungsstandorts zu steigern.


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Neben der Direktförderung der F&E-Projekte von Unternehmen, z.B. durch die Österreichische ForschungsförderungsGmbH (FFG) und Austria Wirtschafts-service GmbH (aws), ist die Forschungsprämie die wichtigste Maßnahme zur Stärkung der Forschungs- und Innovationsleistung Österreichs. Die Forschungsprämie kann von allen innovativen Unternehmen geltend gemacht werden, wenn sie selbst in Eigenforschung oder Auftragsforschung bzw. experimentelle Entwicklung (F&E) investieren. Für die Auftragsforschung gilt eine maximale Bemessungsgrundlage von einer Million Euro/Jahr. 

Die Forschungsprämie wurde in Österreich im Jahr 2002 als Wahlmöglichkeit zu anderen steuerlichen Instrumenten gesetzlich verankert. Mit der Einführung des für ihre Geltendmachung zwingend nötigen Gutachtens der FFG im Jahr 2012 und die Anhebung von 10% auf 12% ab 2016 wurde eine neue Basis für die effiziente Abwicklung geschaffen. Im Zuge dieser Weiterentwicklung wurden früher bestehende steuerliche Maßnahmen abgeschafft und das Instrumentarium vereinfacht. Nach einer Evaluierung der Abwicklungsmodalitäten durch das Finanzministerium im Jahr 2015, die sich weitgehend als praktikabel und angemessen erwiesen haben, hat der Nationalrat 2016 eine Wirkungsevaluierung beschlossen, deren Endergebnisse voraussichtlich im Februar 2017 vorliegen dürften. Die Bundesregierung hat bei positiver Evaluierung eine Anhebung der Forschungsprämie (z.B. von 12% auf 15%) ab 2018 in Aussicht genommen. 

Forschungsprämie als wirkungsvolles Instrument

Die seit 2003 mehrmals erhöhte und um die Auftragsforschung erweiterte Forschungsprämie ist ein wirkungsvolles Instrument für den Forschungs- und Innovationsstandort. Von 2002 bis 2016 haben sich die F&E-Aufwendungen des inländischen Unternehmenssektors von 2,09 Mrd. Euro auf 5,13 Mrd. Euro (+145%) erhöht. Viele der innovativen Unternehmen mit Produktion in Österreich sind gleichzeitig auch wichtige Forschungsstandorte international tätiger Unternehmen. Von den Bruttoausgaben für F&E Österreichs in der Höhe von 10,7 Mrd. Euro im Jahr 2016 kamen 1,7 Mrd. Euro aus dem Ausland – überwiegend von Konzernmüttern heimischer Unternehmen.

Die Forschungsprämie ist für forschungsintensive Start-ups besonders wichtig, weil sie auch von Unternehmen geltend gemacht werden kann, die (noch) keine Gewinne erzielen. Dies ist u.a. in den hochinnovativen Bereichen der digitalen Wirtschaft und der LifeScience-Unternehmen in Österreich von Bedeutung, wo die Beschäftigung weiter zunimmt.

Die standort- und innovationspolitische Bedeutung der Forschungsprämie ist auch durch die Anzahl der von der Austrian Business Agency (ABA) erfolgreich betreuten Ansiedlungen forschungsbasierter und innovationsstarker Betriebe belegt. Gegenüber 2011 (10) bzw. 2012 (14) konnte ihre Zahl verdreifacht werden, 2014 waren es 29. Im Jahr 2016 waren es bereits 35 Ansiedlungen die allein im ersten Jahr der Ansiedlung mehr als 123 Mio. Euro investierten. 

Im Jahr 2014 wurden 493,2 Mio. EUR, im Jahr 2015 501,9 Mio. EUR an Forschungsprämien ausbezahlt. Die Prämienzahlungen nach Unternehmensgrößen entsprechen weitgehend der Größenverteilung der F&E-Aufwendungen. 2013 entfielen 60% der Unternehmensaufwendungen für F&E auf Großunternehmen mit 500 oder mehr Beschäftigten; Unternehmen mit 250 bis 499 Beschäftigten tätigten 12% der F&E-Ausgaben, Mittelbetriebe (50 bis 249 Beschäftigte) 18% und Kleinbetriebe (10 bis 49 Beschäftigte) 8%. Rund 2% sind Mikrounternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten zurechenbar.

Es gibt keine Hinweise, dass die Hebelwirkung der Forschungsprämie bei größeren Unternehmen geringer wäre, als bei kleinen oder mittleren. Analysen zeigen, dass die Forschungsprämie für Unternehmen mit hohen F&E-Aufwendungen, für solche ohne Gewinn, für Unternehmen mit hochriskanten F&E-Vorhaben sowie für Unternehmen in Innovationsbereichen, für die keine thematisch spezifische Direktförderung besteht, eine stärkere Bedeutung hat. Damit trägt die für alle Unternehmen, welche selbst in F&E investieren, ansprechbare Forschungsprämie auch zur Verbreiterung der Innovationsbasis bei.

Die ausbezahlten Forschungsprämien führen zu steuerlichen Mindereinnahmen, die sich anteilsmäßig auf den Bund und die Bundesländer (inkl. Gemeinden) verteilen. Der Förderungsbericht 2015 weist dafür gerundete Werte aus.  

Mindereinnahmen (Mio. Euro) 2013 2014 2015
Ausbezahlte Forschungsprämien 378 493 501
Bund 255 330 335
Bundesländer (inkl. Gemeinden)* 123 163 166

* Bundesministerium für Finanzen, Förderungsbericht 2015, Dezember 2016. Eigene Berechnungen 

Anteil der Unternehmen an den F&E-Ausgaben steigt

Eurostat* weist für Österreich im Jahr 2015 einen Anteil des Unternehmenssektors an den F&E-Aufwendungen von 71% aus. Die FTI-Strategie des Bundes hält als Zielwert für den Finanzierungsanteil der privaten Investitionen im Jahr 2020 fest: „...jedenfalls 66% und – nach internationalem Vorbild – womöglich 70%.“ 

Während die F&E-Ausgaben von Unternehmen von 2007 bis 2009 krisenbedingt nur um 5,1% gestiegen waren und der Anstieg von 2009 bis 2011 erfreuliche 11,8% betrug, war im Zeitraum 2011 bis 2013 ein Anstieg von 19,1% auf 6,78 Mrd. Euro zu verzeichnen.** Bis 2015 gab es laut Eurostat einen weiteren Anstieg auf ca. 7,4 Mrd. Euro. Die hohe Dynamik der betrieblichen F&E-Aufwendungen in Österreich seit 2011 ist u.a. auf die Anreizwirkung der Forschungsprämie zurückzuführen. 

Im EU-Ländervergleich liegt Österreich hinsichtlich des Anteils der Unternehmensausgaben an den gesamtstaatlichen F&E-Aufwendungen mit 71% an fünfter Stelle in der EU - hinter Slowenien (76%), Bulgarien (73%), Ungarn (73%), Belgien (72%) und Irland (72%), aber vor Schweden (70%), Deutschland (68%), Finnland (67%), Großbritannien (66%) und Frankreich (65%).  

*Eurostat, Presseaussendung vom 30.11.2016, Erste Schätzungen der Ausgaben für Forschung & Entwicklung in der EU.

** Andreas Schiefer, Statistische Nachrichten 9/2015, Seite 664 ff  

F&E-Ausgaben der Unternehmen stärken Wachstum, Beschäftigung, Exportleistung und Investitionen

Analysen des WIFO zur F&E-Intensität von Unternehmen (gemessen als Anteil der F&E-Aufwendungen am Umsatz) zeigen klar positive Effekte auf die Beschäftigungsdynamik, die Wachstumsdynamik junger Unternehmen, die Export- und die Investitionsdynamik. 

F&E-Intensität von Unternehmen & Beschäftigungsdynamik (2009 – 2011)

F&E-Intensität (F&E-Aufwand/Umsatz) Beschäftigungszuwachs
<2% 2,0%
2-5% 2,7%
5-15% 4,2%
>15% 4,4%

F&E-Intensität junger Unternehmen & Wachstumsdynamik (2009 – 2011)

F&E-Intensität (F&E-Aufwand/Umsatz) Wachstum
<2 1%
2-5% 12%
5-15% 19%
>15% 29%

F&E-Intensität von Unternehmen und Exportquote (2009 – 2011)

 F&E-Intensität

(F&E-Aufwand/Umsatz)

1-9 Mitarbeiter 10-49 Mitarbeiter 50-249 Mitarbeiter 250+ Mitarbeiter
<5% 1% 10% 53% 75%
>5% 15% 39% 85% 86%

Im WIFO Investitionstest konnte zwischen 2007 und 2012 bei F&E-aktiven Unternehmen eine um bis zu 20% höhere Investitionsdynamik beobachtet werden. 

Konkurrenzländer mit offensiver Weiterentwicklung

Wegen der wachstumsfördernden Effekte von F&E-Aufwendungen gewähren viele Länder steuerliche Vorteile für Betriebe mit F&E-Aktivitäten. 28 der 34 OECD-Länder nutzten im Jahr 2015 diese Möglichkeit, wobei die Bemessungsgrundlagen variieren (z.B. F&E-Aufwendungen, Personalkosten für Forschungspersonal, Aufwendungen für bzw. Gewinne aus der Verwertung geistigem Eigentum, etc.). Unterschiede in den Steuersystemen gibt es auch hinsichtlich der Höhe der Begünstigung und der Gewinnlage der steuerpflichtigen Unternehmen, fallweise auch hinsichtlich der Unternehmensgröße.

Die OECD hat einen Indikator entwickelt, der die Wirkung solcher Maßnahmen auf Unternehmensebene über verschiedene Steuersysteme vergleichbar macht.*  Mit der Forschungsprämie von 12% liegt Österreich im unteren Mittelfeld.

* 1-B-Index by firm size and profit scenario. OECD: Science, Technology and Industry Scoreboard 2015, Seite 171

Da die Forschungsprämie bei Vorliegen der Voraussetzungen in Österreich allen F&E-aktiven Unternehmen gewährt wird, ist sie als steuerliche Begünstigung keine Förderung (Beihilfe) im Sinne des EU-Beihilferechts. Die Nicht-Selektivität ist dafür eine wesentliche Voraussetzung. 

Im Gegensatz dazu gelten im EU-Beihilfenrecht schon heute für Direktförderungen unterschiedliche Maximalfördersätze für Großunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen, auf die sich die günstigeren Fördersätze für KMU stützen. Sämtliche österreichischen F&E-Förderungen unterliegen diesem Regime. 

Fazit

Im europäischen und internationalen Standortwettbewerb bleiben steuerliche Instrumente ein wichtiger Impulsgeber für Forschung, Entwicklung und Innovation. Für Österreich gilt es wettbewerbsfähig zu bleiben und in jenem Maße nachzubessern, wie sich das Umfeld ändert. Die von der Bundesregierung in Aussicht genommene Anhebung der Forschungsprämie wäre ein wichtiger Stimulus um die F&E-Intensität Österreichs weiter zu heben und dabei den Finanzierungsanteil der Unternehmen weiter zu steigern.

Ansprechperson

MMag. Rudolf Lichtmannegger
Wirtschaftskammer Österreich
Stabsabteilung Wirtschaftspolitik

+43 5 90 900-4411
Rudolf.Lichtmannegger@wko.at

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