Kommentar Wirtschaftspolitik: Rahmenbedingungen 2017 - herausfordernd, aber solide

Ausgabe 2/2017

Lesedauer: 5 Minuten

Aktualisiert am 13.03.2023

In Kürze

  • Nach den USA haben auch die EU und die Eurozone 2016 wieder einen Wachstumspfad eingeschlagen.
  • Trotz des leicht ansteigenden Wachstums stellt sich die Ausgangssituation für 2017 herausfordernder dar als noch 2016. 
  • Zum Teil sind die Rahmenbedingungen - der prognostizierte steigende Ölpreis, die steigende Inflation - eine Folge des steigenden Wirtschaftswachstums.
  • Das Wachstumstempo wird aber wohl wieder nachlassen, da die Effekte der expansiven Geldpolitik und die positiven Realeinkommenseffekte des Ölpreisverfalls auslaufen.
  • Die (geo)politischen Unsicherheiten bleiben auch 2017 hoch.

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Ausgangssituation 2017: Begünstigende Faktoren für die EU laufen aus

  • Rohölpreise steigen
  • Wechselkurs-Entwicklung EUR/USD weniger günstig
  • Zinswende der USA als Herausforderung für die Geldpolitik in Europa
  • Inflation steigt
  • Unsicherheit hoch 
Rahmenbedingungen Gewinner  Verlierer
Steigende Rohstoffpreise Rohstoffproduzenten und -exporteure  (Energieintensive) Unternehmen, Konsumenten
Schwacher Euro Exporteure Importeure, Konsumenten
Niedrige Zinsen Schuldner, Aktienmärkte Sparer, Anleiheinvestoren
Steigende Inflation Schuldner Konsumenten

Steigende Öl- und Rohstoffpreise 

Nach dem starken Rückgang 2014 steigt der Preis für Rohöl wieder: ein Barrel Rohöl (Sorte Brent) kostete 2016 im Schnitt 45 US Dollar, Ende Dezember bereits rund 55 US Dollar. Der Preisanstieg folgt einer steigenden Nachfrage und einer Drosselung der Fördermenge durch die ölfördernden Staaten, deren Auswirkungen auch 2017 spürbar sein werden. Auch die Preise für Metalle sind bis Ende 2016 wieder gestiegen.

Ausblick 2017: Prognosen zufolge steigt der Preis für ein Barrel Rohöl 2017 auf durchschnittlich 55 US Dollar. Durch das sich beschleunigende Wachstum der Weltwirtschaft steigen auch die Preise anderer Rohstoffe. Im Einklang mit den leicht ansteigenden Ölpreisen wird zudem die Inflation wieder zunehmen. Nach einem Anstieg 2016 verliert Gold wieder etwas an Wert – allerdings kann der Goldpreis aufgrund (geo-)politischer und wirtschaftlicher Unsicherheiten auch deutlich steigen. 

Wichtige Rohstoffe 2013 2014 2015 2016 2017 2018
Rohöl* (USD je Barrel) 104,1 96,2 50,8 43,3 55,2 59,9
Kohle (USD je Tonne) 84,6 70,1 57,5 58,0 55,0 55,6
Weizen (USD je Tonne) 312 285 204 170 179 188
Kupfer (USD je Tonne) 7.332 6.863 5.510 4.700 4.913 5.135
Nickel (USD je Tonne) 15,032 16.893 11.863 9.300 10.126 11.025
Eisenerz (USD je Tonne) 135,4 96,9 55,8 54,0 50,0 51,7
Gold (USD je Feinunze) 1,411 1.266 1.161 1.250 1.219 1.190
*Durchschnitt aus Western Texas Intermediate, U.K. Brent und Dubai Fateh
  Quelle: World Bank Commodity Markets Outlook, Oktober 2016

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Schwacher Euro

Der Euro verlor 2016 gegenüber dem US-Dollar weiter an Wert und schloss mit 1,05 EUR/USD, dem niedrigsten Stand seit 2003. Gründe sind der Aufschwung der US-Wirtschaft und die dort steigenden Leitzinsen. Während der Euro gegenüber dem Schweizer Franken stabil bei rund 1,07 EUR/CHF liegt, stieg der japanische Yen nach dem Preisverfall im 2. Halbjahr 2016 wieder und schloss mit rund 123 EUR/JPY. Der russische Rubel legt 2016 um 23 % zu, während die türkische Lira rund 18 % an Wert verlor. 

Ausblick 2017: Der EUR/USD-Wechselkurs wird 2017 rund 1,06 betragen. Die positiven Wirtschaftsprognosen lassen annehmen, dass sich der Wert des Euros gegenüber den meisten Währungen stabil entwickelt bzw. aufwertet. Der schwache Euro gibt Exportunternehmen weiter Rückenwind. Wenn das Zinsdifferential zwischen der Eurozone und den USA zu einem weiteren Kapitalabfluss aus der Eurozone führt, dann könnte der Wechselkurs unter Parität fallen (rund 0,95 EUR/USD).  

Zinswende in den USA

Während die FED die US-Leitzinsen im Dezember 2016 erstmals seit einem Jahr auf 0,5-0,75 % erhöhte, senkte die EZB im März 2016 die Leitzinsen auf 0,0 %. Diese Differenz führte zu einem weiteren Anstieg des US Dollar gegenüber dem Euro. Steigende US-Zinsen wirken sich besonders auf Schwellen- und Entwicklungsländer aus, die oft in US-Dollar verschuldet sind und zudem Kapitalabflüsse befürchten müssen.

Ausblick 2017: Durch die starke wirtschaftliche Entwicklung in den USA sind die Zinserwartungen weiter gestiegen. Für 2017 wird daher mit mehreren Anpassungsschritten gerechnet. Im Gegensatz dazu setzt die EZB die Anleihen-käufe bis Ende 2017 fort, wobei das Volumen ab April von 80 auf 60 Milliarden Euro pro Monat sinken wird. Das Zinsdifferential bleibt somit auch 2017 bestehen, was den Euro weiter unter Druck setzen wird. Nachdem die EZB die lockere Geldpolitik 2017 eingeschränkt fortsetzt, stellt sich die Frage nach möglichen Auswirkungen auf die Länder der Eurozone.

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Inflation gering

Die Inflationsrate der Verbraucherpreise (HVPI) lag 2016 in Österreich mit 0,9 % erneut deutlich über der Eurozone (0,2 %). Preistreiber waren Dienstleistungen, Energie, administrierte Preise des öffentlichen Sektors sowie Mieten. Der Inflationsbeitrag der Energiepreise war negativ, stieg aber im Jahresverlauf. Die Kerninflation (ohne Energie und Nahrungsmittel) lag mit 1,5 % deutlich über jener der Verbraucherpreise.

Ausblick 2017: Die Inflation der Verbraucherpreise wird 2017 auf bis zu 1,7 % geschätzt und nähert sich damit der Zielmarke von 2 % an. Preistreiber sind voraussichtlich Dienstleistungen, Rohstoffe, Energie (positiver Inflations-beitrag ab Mitte 2017), Industriegüter sowie Mieten, während ein moderater Anstieg der Lohnstückkosten preissenkend wirkt. Die Lücke zwischen der Inflation der Verbraucherpreise und der Kerninflation schließt sich weitgehend. 

Dennoch steigende Aktienindices

Nach den großen Kursverlusten an den chinesischen Börsen Anfang 2016 reagierten die Aktienmärkte im Jahresverlauf sehr ruhig auf unerwartete Ereignisse: Brexit, die US-Wahl Donald Trumps und das italienische Referendum führten nur zu kurzfristigen Ausschlägen und nicht zu den prognostizierten Erschütterungen. Der Dow Jones näherte sich der 20.000 Punkte-Marke an (+13,4 % im Jahresvergleich), der EuroStoxx50 erholte sich zum Jahresende (+0,7 %). Der DAX legte um 6,8 % zu und erreichte den Höchststand seit 2014. Der ATX schloss mit einem Jahresplus von 9,2 %. 

Ausblick 2017: Es wird eine maßvolle Fortsetzung der Kurssteigerungen erwartet, da durch den Anstieg der US-Leitzinsen und des US-Dollars US-Staatsanleihen wieder attraktiver werden. In Europa ist der EuroStoxx50 am meisten den politisch wie wirtschaftlichen Unsicherheiten in der EU bzw. der Eurozone ausgesetzt.

Fazit

Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für das Jahr 2017 sind herausfordernd, aber solide. Steigende Rohstoffpreise bei einem gleichzeitig weiter sinkenden Euro-Außenwert stellen für ressourcenintensive Branchen Schwierigkeiten dar und erhöhen die Inflation. Die expansive Geldpolitik der EZB, die Wachstum und Investitionen 2016 gestützt hat, hält die Leitzinsen weiterhin niedrig. So kann auch 2017 der moderate Wachstumskurs in der EU und der Eurozone fortgeführt werden. Das Zinsdifferential zu US-Anleihen kann den Euro allerdings weiter schwächen und zu einem weiteren Anstieg der Inflation und einer Verschlechterung der Handelsbilanzen führen.

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Ansprechpartnerinnen

MMag. Claudia Huber
Wirtschaftskammer Österreich
Stabsabteilung Wirtschaftspolitik

+43 (0)5 90 900-4401
claudia.huber@wko.at

Dr. Elisabeth Nindl
Wirtschaftskammer Österreich
Stabsabteilung Wirtschaftspolitik

+43 (0)5 90 900-4216
elisabeth.nindl@wko.at



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