Einkommensmobilität in Österreich sehr hoch 

Kommentar Wirtschaftspolitik 23/2016

Lesedauer: 3 Minuten

Aktualisiert am 13.03.2023

In Kürze

  • Die Einkommensmobilität in Österreich ist sehr hoch. Schwankungen der Einkommenshöhe gehören zum normalen Lebensverlauf, wobei ein großer Teil der Erwerbstätigen im Laufe ihrer Erwerbskarriere die Einkommensleiter hinaufsteigt.
  • Zwischen 2000 und 2013 konnte der Großteil der unselbständig Erwerbstätigen in Österreich solide reale Einkommenszuwächse erreichen. Auch die Höhe der realen Einkommenszuwächse kann als äußerst positiv bewertet werden.
  • Faktoren wie Alter, Bildung und Beschäftigungsausmaß haben einen wesentlichen Einfluss auf den Einkommensverlauf. 

Die Ergebnisse einer aktuellen Studie des Joanneum Research (Anm.1) zeigen, dass Niedrigverdiener großteils nicht in ihren ursprünglichen Einkommensgruppen verhaftet bleiben. In der Diskussion um Einkommensungleichheit ist es somit irreführend, nur eine Momentanaufnahme zu betrachten. Denn der Arbeitsmarkt und die damit verbundenen Einkommensströme sind keineswegs so statisch wie dies die klassische Betrachtungsweise von Ungleichheit oft suggeriert.  

Schwankungen der Einkommenshöhe gehören zum normalen Lebensverlauf: Typischerweise starten Individuen zu Beginn ihres Arbeitslebens mit einem relativ geringen Einkommen. Mit zunehmender Bildung, Arbeitserfahrung, Leistung und Verantwortung steigt das Einkommen im Zeitverlauf. Geht man von tendenziell steigenden Einkommen im Lebenszyklus aus, folgt, dass die Lebenseinkommen (d.h. die Summe aller Jahreseinkommen) weitaus gleichmäßiger verteilt sind als die Einkommen eines einzelnen Jahres.   

Eine Studie des Joanneum Research untersucht die Entwicklung der Individual­einkommen von jenen unselbständig Erwerbstätigen, die sowohl im Jahr 2000 als auch 2013 beschäftigt waren. Der Fokus liegt auf der Fragestellung, inwie­weit Individuen in diesem Zeitraum von 14 Jahren durch eigene Arbeitsleistung ihr Einkommen steigern konnten (die Betrachtung der Einkommen ist somit vor Steuern und Transfers). Dabei werden sowohl die absoluten Einkommens­veränderungen betrachtet als auch die sogenannte „relative Einkommens­mobilität“, d.h. die Bewegung von Individuen zwischen unterschiedlichen Einkommensgruppen. 

Die Studie bestätigt eine sehr dynamische Entwicklung der Einkommen in Österreich. Innerhalb der österreichischen Erwerbsbevölkerung findet eine rege Durchmischung statt und ein Verbleib in den unteren Einkommensgruppen ohne reale Zugewinne ist selten.

Der Großteil der unselbständig Erwerbstätigen konnte im Zeitraum 2000 – 2013 solide reale Einkommenszuwächse verzeichnen. (Anm. 2) Betrachtet man die unselb­ständig Erwerbstätigen nach unterschiedlichen Einkommensgruppen - wobei die untersuchten Personen je nach deren Einkommenshöhe in fünf Gruppen (Quintile) geteilt wurden - zeigt sich, dass von allen Personen aus dem 1. Quintil – und somit der untersten Einkommensgruppe – 84,2 % der Einkommensbezieher reale Einkommenssteigerungen verzeichnen konnten. Ebenso konnte die über­wiegende Mehrheit der Personen in den mittleren Einkommensgruppen eine positive Einkommensentwicklung verzeichnen (siehe Grafik).  

Grafik: Anteile der Personen je Quintil mit realen Gewinnen (Anm. 3)


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Auch die Höhe der realen Einkommenszuwächse kann als äußerst positiv be­wertet werden. Wie die untere Grafik zeigt, konnten gerade Personen aus dem untersten Einkommensquintil die höchsten Einkommenszuwächse verzeichnen – ihr Einkommen stieg um 79,3 %. Personen aus dem höchsten Einkommensquintil erzielten Einkommenssteigerungen von 4,8 %. Für die mittleren Einkommens­gruppen liegen die Einkommenszuwächse zwischen 11,5 % und 27,7 %.

Grafik: Höhe der durchschnittlichen realen Zugewinne pro Quintil


Aufgrund der zum Teil hohen Einkommenssteigerungen konnten viele Personen in höhere Einkommensquintile aufsteigen. Rund 6 von 10 unselbständig Erwerbs­tätigen wechselten das Quintil, 4 von 10 Personen blieben im selben Quintil. Dabei sind Aufstiege in höhere Einkommensgruppen um ein Vielfaches häufiger als Abstiege in niedrigere Einkommensquintile.

Aus dem ersten Einkommens­quintil konnten beispielsweise 58 % der Personen ihr Einkommen so stark steigern, dass sie in höhere Einkommensgruppen aufsteigen konnten. Auch in den mittleren Quintilen sind zwischen 33 % und 52 % der unselbständig Erwerbs­tätigen in höhere Einkommensgruppen aufgestiegen.

Der Anteil der Personen, die in niedrigere Quintile abgestiegen sind, ist hingegen deutlich geringer und liegt je nach Quintil zwischen 19 % und 26 %. Hauptursache dafür sind Unter­brechungen der Erwerbskarriere (z.B. Arbeitslosigkeit, Karenzzeit). Darüber hinaus konnte auch ein Großteil jener Personen, die im Zeitraum von 14 Jahren im gleichen Quintil verblieben sind, reale Einkommenssteigerungen erreichen. Insgesamt zeigt sich, dass Faktoren wie Alter, Bildung und Beschäftigungs­ausmaß wesentlichen Einfluss auf den Einkommensverlauf haben.

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Anmerkung 1: Prettenthaler et al.: „Einkommensmobilität in Österreich. Struktur, Dynamik und Implikationen für die Wirtschafts- und Sozialpolitik“, Joanneum Research: 2016.

Anmerkung 2: Die Einkommensänderungen wurden mittels VPI inflationsbereinigt, d.h. über den Zeitraum 2000 bis 2013 mit dem Faktor 1,307 korrigiert.

Anmerkung 3: Die Werte aus Abbildung 1 und 2 beziehen sich auf jene Personen, die sich im Jahr 2000 im jeweiligen Quintil befanden, unabhängig davon, in welches sie sich bis 2013 bewegten.


Autor

Mag. Karin Steigenberger, BA
Wirtschaftskammer Österreich
Stabsabteilung Wirtschaftspolitik

+43 (0)5 90 900-4262
Karin.Steigenberger@wko.at



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