Lehrlingsmediation
Bei beabsichtigter außerordentlicher Auflösung des Lehrverhältnisses
Lesedauer: 6 Minuten
Mediation bei beabsichtigter außerordentlicher Auflösung des Lehrverhältnisses
Informationen für Lehrberechtigte und Lehrlinge
- Informationen für Lehrberechtigte
- Informationen für Lehrlinge
- Informationsblatt für Lehrberechtigte
- Informationsblatt für Lehrlinge
Diese Informationen bieten einen kompakten Überblick für Lehrlinge und Lehrberechtigte über die Mediation bei beabsichtigter außerordentlicher Auflösung des Lehrverhältnisses, mit der Beantwortung von häufig gestellten Fragen, Tipps für die Auswahl von MediatorInnen, die Entscheidungsmöglichkeiten für die Teilnehmer etc., damit für den/die Lehrberechtigte/n und seinen/ihren Betrieb sowie den betroffenen Lehrling ein bestmögliches Ergebnis erzielt wird. Die Informationen gibt es auch als Informationsblatt zum Download.
Wer klar sehen will, braucht Perspektiven - Die WirtschaftsMediation eröffnet sie
Informationen für Lehrberechtigte
Kennen Sie das?
Der Lehrling "hat zwei linke Hände" - "kapiert nichts" – "ist nie ausgeschlafen" - "macht zu viele Fehler" - oder - ...
Wie ist das in Ihrem Fall? Sie wollen kündigen?
Sie haben gute Gründe dafür, es genau überlegt. Sie sind der Chef, die Chefin. Aber: was ist eigentlich schiefgelaufen? Wer hat "im Geschäft" die Zeit, sich mit den Hintergründen und Auswegen näher zu befassen? Auch wenn Sie als Lehrberechtigte/r überzeugt sein sollten, "dass es so nicht weitergehen kann", nun geht es um einen entscheidenden Schritt für Ihren Lehrling - und da gibt es oft Lösungen, die man aufs Erste nicht sieht. Um das zu klären, hat der Gesetzgeber ab Juli 2008 die Mediation vorgesehen.
Was bringt mir die Mediation?
Die Mediation ermöglicht den Teilnehmern, selbst Konflikte zu lösen. Bei der Mediation vor Lehrlingskündigung wird eine einvernehmliche Regelung angestrebt, die Fortsetzung des Lehrverhältnisses oder der Verzicht auf Weiterbeschäftigung. Ob die Umstände für die Kündigungsabsicht die richtigen sind?
Oft gibt es ganz andere Hintergründe. Ob Ihr Lehrling bleibt oder nicht - es wird auch Ihrem Betriebsklima nützen, wenn die Mediation erfolgreich ist.
Grundsätze und Garantien der Mediation
MediatorInnen sind: neutral, sie stehen auf keiner Seite, sie sind allparteilich, schaffen einen Ausgleich zwischen den TeilnehmernInnen.
MediatorInnen machen keine Lösungsvorschläge und entscheiden nicht, wer "Recht hat". Die Lösung, das Zukunftsszenario wird durch die TeilnehmerInnen selbst erarbeitet, vereinfacht: MediatorInnen leiten und bgleiten auf diesem Weg.
Nur "eingetragene" (beim BM für Justiz) MediatorInnen dürfen diese Dienstleistung erbringen, das Zivilrechtsme-diationsgesetz gibt auch Garantien: Diese sind insbesondere: Verschwiegenheitspflicht, Hemmung allfälliger Fristenläufe, Haftpflichtversicherung und das Verbot eine der Parteien zu vertreten, zu beraten oder zu entscheiden.
Wie ist der Ablauf?
Detaillierte Informationen bekommen Sie bei der Lehrlingsstelle, die Rechtsgrundlage ist insbesondere § 15a Berufsausbil-dungsgesetz. Achtung: Die Fristen sind zahlreich und knapp bemessen! AuftraggeberIn ist der/die Lehrberechtigte.
Teilnehmer sind: Lehrling und Lehrberechtigte (Lehrbefähigte), gesetzliche VertreterIn (bei noch nicht volljährigen Lehrlingen), und (auf Verlangen) eine Vertrauensperson des Lehrlings.
Schematischer Ablauf, die wesentlichen Punkte:
Eine genauere Darstellung ist im Informationsblatt ersichtlich.
- Wie wähle ich eine/n MediatorIn aus?
Grundsätzlich können alle MediatorInnen aus der Liste des Justizministeriums gewählt werden. Folgende Fragen an den/die MediatorIn können Ihnen bei der Auswahl helfen: "Welche Erfahrungen haben Sie im Umgang mit Jugendlichen?" - "Was wissen Sie über Lehrlingsausbildung?" - "Wo liegen Ihre Mediationsschwerpunkte, Wirtschaft oder andere (z.B. Familie, Erbstreitigkeiten etc.)" - Haben Sie Erfahrung in der Beratung von Unternehmen, erbringen Sie für Unternehmer auch andere Leistungen?"
- Warum Co-Mediation?
In vielen Bereichen hat sich Co-Mediation als erfolgreiches Modell durchgesetzt: Zwei MediatorInnen bringen eben mehr und unterschiedliche Kompetenzen und Erfahrungen ein. Gerade in der Lehrlingsmediation wird der richtige Mix aus Wirtschaftswissen und Erfahrung in der Jugendarbeit für den Erfolg ausschlaggebend sein. - Welche Kosten werden entstehen?
Üblich sind Stundenhonorare, die mit den MediatorInnen direkt zu vereinbaren sind. In vielen Fällen wird auch eine "gedeckelte" Paketlösung ausreichen. Für allfällige Förderungen kontaktieren Sie Ihre WKO-Landesstelle.
Informationen für Lehrlinge
Immer wieder?
- nein, diesmal nicht Österreich und es geht auch um kein Match. Immer wieder sollen Sie es gewesen sein? Nur Vorhaltungen und Kritik und dann auch noch der drohende Rausschmiss? Woran liegt’s? Sie sind doch eigentlich ziemlich o.k., die anderen (der/die Lehrberechtigte) sehen das aber nicht? Oder was ist es aus Ihrer Sicht? Jedenfalls sind Sie nicht allein, jede/r kann in die Situation kommen – und jede/r kann da wieder heraus. Um das zu klären, gibt’s jetzt neu ab Juli 2008 die "Mediation".
Was ist Mediation und was bringt mir die Mediation?
Mediation bedeutet Vermittlung, Verhandlung, Konfliktbeilegung, Streitschlichtung, Problemlösung ... Das neue Gesetz verpflichtet die Lehrberechtigten gemeinsam mit dem Lehrling an einem Mediationsverfahren teil zu nehmen, wenn er/sie kündigen will. Machen Sie aktiv mit, haben Sie die Chance, das Lehrverhältnis fortzusetzen. Wenn nicht, gibt es zumindest Informationen, die für die Zukunft nützlich sein können. Übrigens: Das AMS hat im Kündigungsfall den Auftrag, aktiv dazu beizutragen, dass Sie rasch eine (neue) Ausbildung beginnen können. Vielleicht kennen Sie die Mediation auch schon aus der Schule.
Grundsätze und Garantien der Mediation MediatorInnen sind weder Anwälte noch Richter. Sie sind Streitschlichter, sind neutral, sie stehen auf keiner Seite, sie sind allparteilich, schaffen einen aktiven Ausgleich zwischen unterschiedlich starken Teilnehmern, d.h. sie sorgen dafür, dass Ihre Stimme genauso gehört wird, wie die von Ihrem/r Chef/in.
Die Lösung Eures Konfliktes, den Ausweg aus der verfahrenen Situation sollt Ihr gemeinsam selbst erarbeiten, Me-diatorInnen leiten auf diesem Weg nur an und begleiten das Verfahren. Die MediatorInnen, müssen beim Justizministerium zugelassen sein, sie sind vom Gesetz zur Verschwiegenheit verpflichtet und dürfen nichts von dem, was in der Mediation gesagt wurde, an andere weitergeben. Sie dürfen auch keinesfalls eine Seite bevorzugen, z.B. nur die Lehrberechtigten beraten oder vertreten. Sie fällen auch keine Entscheidungen in der Streitsache.
Kann ich den/die MediatorIn aussuchen?
Sie können bei der Auswahl mitbestimmen. Der/die Lehrberechtigte schlägt eine/n MediatorIn vor. Wenn Sie den Vorschlag ablehnen, müssen Sie zwei weitere Vorschläge bekommen. Achtung: Die Ablehnung muss von Ihnen unverzüglich gemacht werden. Dann wählen Sie aus den beiden weiteren Vorschlägen, tun Sie es nicht, wird automatisch der erste davon umgesetzt.
Wer ist dabei?
Folgende Personen werden teilnehmen: Der/die MediatorIn (in der Co-Mediation zwei MediatorInnen, das hat oft Vorteile), der/die Lehrberechtigte, Ihr/e gesetzliche/r VertreterIn (wenn Sie noch nicht volljährig sind), und natürlich Sie selbst. Wichtig: Sie können noch eine (weitere) Vertrauensperson mitnehmen, wer das ist, entscheiden nur Sie.
Muss ich teilnehmen?
Ganz klar: nein. Sie können - im Unterschied zum Lehrberechtigten - gleich zu Beginn schriftlich verzichten. Eine "Verweigerung" ohne schriftlichen Verzicht bringt keine Vorteile: Dann würde eine Kündigung auch ohne die Mediation gelten! Also teilnehmen ist klüger. Aus Lehrlingen werden oft MeisterInnen – wenn Sie teilnehmen, ist das auch schon ein "Meisterstück", denn Sie nehmen Verantwortung für sich selbst wahr.
Wie läuft die Mediation?
Es muss mindestens eine Sitzung geben. Der erste Schritt ist, herauszufinden, warum es in Ihrer Lehre nicht so gut läuft, aber vor allem, wie es beser gehen könnte. Liegen die Umstände auf dem Tisch, beginnt gemeinsam die Suche nach der besten Lösung. Da kann - muss aber nicht - die Fortsetzung des Lehrverhältnisses sein. Und Achtung: die Zeit läuft! 5 Werktage vor Ende des 11. oder 23. Lehrmonats endet die Mediation weil die Zeit um ist, einfach "game over", egal ob eine Lösung gefunden wurde. Für ein paar formale Ablauf-Details zeigen die Infos für den/die Lehrberechtigte/n die wesentlichen Schritte.
Was kann ein Mediationsergebnis sein?
- Da steht an erster Stelle: die Fortsetzung Ihres Lehrverhältnisses. Bingo! Ihr/e Lehrberechtigte/r hat gemeinsam mit Ihnen einen gangbaren Weg gefunden.
- Sie verzichten auf die Weiterführung des Lehrverhältnisses; manchmal ist das besser, vielleicht, um einen anderen Beruf zu ergreifen, vielleicht geht es aber auch woanders einfach besser. Mit einem guten Lehrzeugnis hat man gute Aussichten, vielleicht geht auch eine sogenannte einvernehmliche Auflösung – alles oft nur Verhandlungssache.
- Der/die MediatorIn beendet die Mediation. Das kann passieren, wenn sich die TeilnehmerInnen nicht an die Spielre-geln halten; wenn es soweit kommt, lassen Sie sich noch beraten, z.B. bei der Arbeiterkammer).
Der Text zur Novelle des Berufsausbildungsgesetzes kann im Web hier nachgelesen werden.
Stand: 23.01.2012