Nachhaltigkeitsberichterstattung: Das Omnibus Paket
Informationen der Bundessparte Industrie
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Mit dem Omnibus-Vorschlag vollzieht die EU-Kommission den in Aussicht gestellten Kurswechsel bei den Berichterstattungspflichten zur CSRD und zur CSDDD.
Inhaltsverzeichnis
Mit den am 26. Februar 2025 veröffentlichten ersten beiden Omnibus-Vorschlägen hat die EU-Kommission (EK) ihre Vereinfachungsambitionen mit dem Ziel, bis 2029 die Bürokratiekosten für Unternehmen allgemein um mindestens 25 % und für KMU um mindestens 35 % zu reduzieren, in einem ersten Schritt deutlich bestätigt. Die Vorschläge sollen laut EK-Schätzungen jährlich 6,3 Mrd. Euro an Verwaltungsaufwand einsparen.
Der Inhalt des Pakets im Hinblick auf die aus der CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive bzw. Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung) und der CSDDD (Corporate Sustainability Due Diligence Directive bzw. Lieferketten-Richtlinie) resultierenden Berichterstattungspflichten kurz zusammengefasst: Der Kreis der Verpflichteten wird erheblich verkleinert, die Berichterstattungspflichten werden reduziert und der Beginn der Berichtspflicht wird nach hinten verschoben.
EK-Präsidentin Ursula von der Leyen präsentierte das Paket mit folgenden Worten: „Wir haben Vereinfachung versprochen und Wort gehalten! Heute stellen wir unseren ersten umfassenden Vereinfachungsvorschlag vor. Die Unternehmen in der EU werden von gestrafften Regeln für die Berichterstattung über nachhaltige Finanzen, Sorgfaltspflichten und Taxonomie profitieren. Das macht den Unternehmen das Leben leichter, und gleichzeitig stellen wir sicher, dass wir bei unseren Emissionsabbauzielen auf Kurs bleiben. Weitere Vereinfachungsvorschläge werden folgen.“
Hintergrund
Die Omnibus-Initiative verfolgt das Ziel, die Berichtspflichten und damit den Bürokratieaufwand in der Europäischen Union deutlich zu verringern und so die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen zu stärken. In der „Budapester Erklärung“ vom 8. November 2024 kündigte der Europäische Rat erstmals offiziell an, im ersten Halbjahr 2025 einen Vorschlag zur Senkung der allgemeinen Berichtspflichten um mindestens 25 % vorlegen zu wollen. Diese Pläne wurden durch den am 29. Januar 2025 vorgestellten „EU Competitive Compass“ weiter konkretisiert. Der Compass sah eine Reduktion der Berichtspflichten für alle Unternehmen um mindestens 25 % und für KMU um mindestens 35 % vor.
Das nun vorgeschlagene Omnibus-Paket umfasst Änderungen der Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD), der Richtlinie über die Erfüllung der Sorgfaltspflicht von Unternehmen (CSDDD), des Mechanismus zur Anpassung der Kohlenstoffbilanz (CBAM) und der InvestEU-Verordnung. Das Paket wird von einem Entwurf für einen delegierten Rechtsakt zur Taxonomie begleitet, der zur öffentlichen Konsultation steht. Im Folgenden wird nur auf die zur Nachhaltigkeitsberichterstattung in Aussicht gestellten Änderungen eingegangen.
Auswirkungen auf die CSRD im Detail:
Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) soll durch das Omnibus I Paket in mehreren Punkten angepasst werden:
- Anwendungsschwellen: Die Berichtspflicht wird auf Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden sowie einem Umsatz von über 50 Mio. Euro oder einer Bilanzsumme von mehr als 25 Mio. Euro begrenzt. Dies reduziert den Kreis der berichtspflichtigen Unternehmen erheblich. Dadurch sollen etwa 80 % der Unternehmen vom Anwendungsbereich ausgenommen und die einschlägigen Pflichten auf die größten Unternehmen konzentriert werden.
- Verschiebung der Berichtspflichten für große Unternehmen: Die Berichtspflichten für Unternehmen, die derzeit in den Anwendungsbereich der CSRD fallen und ab 2026 oder 2027 Bericht erstatten müssen, werden um zwei Jahre (bis Juni 2028) verschoben.
- Eindämmung des sogenannten „Trickle–Down-Effekts“: Ferner soll sichergestellt werden, dass die Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung für große Unternehmen kleinere Unternehmen in den vorgelagerten Wertschöpfungsketten nicht belasten. Für Unternehmen, die nicht mehr in den Anwendungsbereich der CSRD fallen (bis zu 1.000 Beschäftigte), wird die Kommission per delegiertem Rechtsakt einen freiwilligen Berichtsstandard erlassen, der auf dem von der EFRAG entwickelten Standard für KMU (VSME) basiert. VSME steht für Voluntary Sustainability Reporting Standard for Non-Listed SMEs (freiwilliger Nachhaltigkeitsberichtstandard für nicht börsenotierte kleine und mittlere Unternehmen). Dieser Standard wurde von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) entwickelt, um kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) eine einfache und standardisierte Möglichkeit zu bieten, über ihre Nachhaltigkeitspraktiken zu berichten. Dieser Standard soll nunmehr als Schutzschild dienen, indem er die Informationen begrenzt, die Unternehmen oder Banken, die in den Anwendungsbereich der CSRD fallen, von Unternehmen in ihrer Wertschöpfungskette mit weniger als 1.000 Beschäftigten verlangen können.
- Überarbeitung / Vereinfachung der Berichtsstandards: Die europäischen Nachhaltigkeitsberichtsstandards (ESRS) werden in den nächsten sechs Monaten überarbeitet, um die Anzahl der erforderlichen Datenpunkte zu reduzieren und die Anforderungen zu vereinfachen.
Auswirkungen auf die CSDDD im Detail
Die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) soll ebenfalls durch das Omnibus I Paket angepasst werden:
- Vereinfachung der Sorgfaltspflichten sowie Beschränkung auf direkte Geschäftspartner: Die Sorgfaltspflichten werden vereinfacht, um für die betroffenen Unternehmen unnötige Komplexität und Kosten zu vermeiden, zB indem sie auf direkte Geschäftspartner beschränkt werden sollen und indem regelmäßige Bewertungen und Kontrollen dieser Partner - statt jährlich - nur noch alle 5 Jahre erfolgen müssen. Die vereinfachten Sorgfaltspflichten sollen hierbei sowohl den sehr großen Unternehmen, die in den Anwendungsbereich der CSDDD fallen (schätzungsweise etwa 6.000 EU- und 900 Nicht-EU-Unternehmen), als auch ihren Partnern in der Wertschöpfungskette, einschließlich KMU, zugutekommen.
- Aufschub der Anwendung / Umsetzungsfrist auf große Unternehmen bis 2028 sowie frühzeitige Herausgabe der Leitlinien: Schließlich erhalten die Unternehmen mehr Zeit, sich auf die Erfüllung der neuen Anforderungen vorzubereiten, indem die Anwendung der Nachhaltigkeitsanforderungen für die größten Unternehmen um ein Jahr (auf den 26. Juli 2028) verschoben und gleichzeitig die Annahme der Leitlinien um ein Jahr (auf Juli 2026) vorgezogen wird.
- Haftung und Sorgfaltspflichten: Die grundlegenden Sorgfaltspflichten der Unternehmen bleiben bestehen, werden jedoch konkretisiert. Der Fokus liegt auf dem Risikomanagement innerhalb der Lieferkette, wobei die Bewertung negativer Auswirkungen auf direkte Geschäftspartner beschränkt wird.
- Reduktion der Informationspflichten: Die Möglichkeit zur Einholung von Informationen von Unternehmen aus der Wertschöpfungskette mit weniger als 1.000 Mitarbeitern wird begrenzt.
Potenzielle Auswirkungen auf österreichische Industrieunternehmen
Für österreichische Industrieunternehmen würden diese Änderungen betreffend die Nachhaltigkeitsberichterstattung eine erhebliche Entlastung bringen. Die Einschränkung des Anwendungsbereichs würde dafür sorgen, dass kleinere Unternehmen von den Berichtspflichten ausgenommen bzw. dass diese deutlich reduziert sind. Die Verschiebung der Berichtspflichten nach hinten gäbe den verpflichteten großen Unternehmen mehr Zeit, sich auf die neuen Anforderungen vorzubereiten und notwendige interne Prozesse zu implementieren. Die Überarbeitung der Berichtsstandards und die Reduktion der Informationspflichten tragen dazu bei, den bürokratischen Aufwand zu verringern und die Effizienz der Berichterstattung zu erhöhen.
Fazit und Ausblick
Das Omnibus I Paket würde erhebliche Erleichterungen für österreichische Industrieunternehmen bringen, indem es den Anwendungsbereich der Berichtspflichten einschränkt und die Anforderungen vereinfacht. Diese Maßnahmen sollen dazu beitragen, den bürokratischen Aufwand zu reduzieren und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu stärken. Es bleibt abzuwarten, wie schnell und in welchem Umfang die geplanten Änderungen durch die EU-Kommission umgesetzt werden, da das Paket noch das ordentliche Gesetzgebungsverfahren durchlaufen muss.
Die Legislativvorschläge der EK werden nun dem Europäischen Parlament und dem Rat zur Prüfung und Annahme vorgelegt. Die Änderungen der CSRD und der CSDDD werden in Kraft treten, sobald die Mitgesetzgeber EP und Rat eine Einigung über die Vorschläge erzielt haben und das Resultat der Einigung im Amtsblatt der EU veröffentlicht wird. Die EK forderte die Mitgesetzgeber auf, dieses Gesamtpaket vorrangig zu behandeln. Wichtig wäre, dass jetzt Rat und Parlament an einem Strang ziehen, damit es zu einer raschen Umsetzung kommt.
Autor:
Mag. Gerfried Habenicht
E-Mail: gerfried.habenicht@wko.at