Entschlossene Wirtschaftspolitik zur Dämpfung der Krise
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Die ökonomische Besonderheit der Coronakrise liegt darin, dass die staatlichen Maßnahmen zu einem weltweit synchronen Wirtschaftseinbruch geführt haben. Aus diesem Grund ist die staatliche Wirtschaftspolitik in einem Ausmaß gefordert, wie zu keinem anderen Zeitpunkt seit 1945.
In der Wirtschaftskrise 2008/09, dem bislang stärksten Wachstumseinbruch seit 75 Jahren in den Industrieländern, konnte das Wirtschaftswachstum in den Emerging Markets den Wirtschaftsrückgang in den Industrieländern fast ausgleichen, sodass die globale Wirtschaftsentwicklung nahe der Nulllinie stabilisiert wurde. Durch die Nachfrage aus den Emerging Markets konnten nicht nur die Industrieländer insgesamt aus dem Konjunkturtief gezogen werden, sondern auch für weltmarktorientierte Wirtschaftsunternehmen bestand die Möglichkeit, Marktchancen in den verbliebenen Wachstumsmärkten wahrzunehmen.
Aufgrund der Corona Pandemie haben in den letzten Monaten die Regierungen weltweit Maßnahmen gesetzt, die zu einem nahezu gleichzeitigen, besonders starken und mittlerweile auch lang andauernden Einschnitt in den Wirtschaftsprozess geführt haben. Auch wenn bislang die Betroffenheit zwischen und auch innerhalb der Branchen unterschiedlich ausfällt, sind die Auswirkungen insgesamt enorm. Ohne entschlossenes wirtschaftspolitisches Handeln besteht die Gefahr, dass immer mehr Bereiche der Wirtschaft von wegbrechender Nachfrage, gestörten Lieferketten und pessimistischen Zukunftserwartungen erfasst werden.
In dieser Situation muss die Wirtschaftspolitik rasch und energisch handeln.
Die erste Aufgabe besteht in einer Stabilisierung der Lage, um eine Abwärtsspirale aus reduzierter Nachfrage und rückläufiger wirtschaftlicher Aktivität zu durchbrechen. Dazu zählen vor allem arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, unter denen die Kurzarbeit in der Industrie eine besondere Bedeutung hat. Hier wird es ganz wichtig sein, ein dauerhaftes Modell zu entwickeln, das administrativ einfach ist und auch eine Kombination mit Bildungsmaßnahmen im Betrieb ermöglicht. Parallel dazu sind vielfältige Maßnahmen zur Liquiditätssicherung der Unternehmen von höchster Bedeutung, vor allem staatliche Garantien oder auch Stundungen von Steuern und Abgaben. Eine vernünftige und sofort wirksame Maßnahme wäre hier die Einführung eines Verlustrücktrags für drei Jahre, wie es z.B. in Deutschland gleich zu Beginn der Krise gemacht wurde.
Ein zweiter Punkt sind gezielte politische Maßnahmen, um öffentliche und private Investitionen anzustoßen. Gerade bei öffentlichen Investitionen hat sich in der Vergangenheit immer wieder gezeigt, dass diese in der Krise angekündigt, aber aufgrund langer Vorlaufzeiten dann erst in Phasen der wieder brummenden Konjunktur umgesetzt wurden. Das muss diesmal schneller gehen: Maßnahmen, wie der Breitbandausbau oder die Sanierung öffentlicher Gebäude, sind sachlich unumstritten und faktisch rasch umsetzbar, wenn der politische Wille vorhanden ist. Zudem könnte die längst überfällige Abarbeitung von Rückständen bei der behördlichen Genehmigung von (Bau-) Projekten private Investitionen anregen. Private Investitionen könnten zweifellos auch durch rasche Bereitstellung von Mitteln in der Forschungs- und vor allem auch Investitionsförderung angeregt werden, wobei man durch besonders großzügige Förderungen in einzelnen Bereichen – beispielsweise der thermischen Gebäudesanierung – zusätzliche umweltpolitische Aspekte berücksichtigen könnte. Hier wäre die Einführung eines Investitionsfreibetrags oder einer Investitionsprämie als Anreiz wichtig.
Ein großer Fehler wäre, wenn aufgrund der Ereignissen der letzten Monate die Erfolge der Globalisierung infrage gestellt werden. In einzelnen Bereichen mag es sinnvoll sein, gesellschaftlich essentielle Produktionsbereiche im Inland (oder zumindest in Europa) zu halten. Generell aber muss der wohlstandstreibende Vorteil der globalen Arbeitsteilung betont werden, gerade auch aus Sicht eines so stark exportorientierten Landes wie Österreich. In der gegenwärtigen Situation muss daher die globale Marktpräsenz österreichischer Unternehmen durch weitreichende Garantien im Bereich der verschiedensten Instrumente der Exportfinanzierung gewährleistet bleiben.
Schon die – weit schwächere – Wirtschaftskrise 2008/09 hat gezeigt, dass wirtschaftliche Einschnitte nicht nur das Wirtschaftsniveau (temporär) dämpfen, sondern auch zu veränderten Wirtschaftsstrukturen führen. In dieser Situation ist es besonders wichtig, den eigenen Wirtschaftsstandort im globalen Wettbewerb gut zu positionieren. Eine diesbezüglich besonders wirksame und auch sehr rasch umsetzbare Maßnahme ist die Senkung der Körperschaftsteuer in Österreich. Eine etwas komplexere, aber höchst dringliche und gerade als Anziehungspunkt für besonders zukunftsträchtige Unternehmen entscheidende Maßnahme wäre die – längst überfällige – Verabschiedung einer neuen Forschungsstrategie mit ausreichend dotierten Fördertöpfen.
In den letzten Wochen waren immer wieder Wortmeldungen zu vernehmen, die den – schwierigen – Prozess des Neustarts nach der Coronakrise mit weitreichenden Änderungen in den wirtschaftspolitischen Zielsetzungen verbinden wollen, insbesondere mit radikalen Maßnahmen im Bereich des Klimaschutzes. Sicherlich ist es sinnvoll (wie oben auch bereits dargelegt) in einzelnen Fördermaßnahmen auch längerfristige Zielsetzungen einfließen zu lassen. Der Neustart ist aber ein komplexer Prozess, der noch dazu auf wenig historische Erfahrung aufbauen kann: Unzweifelhaft steht fest, dass dabei Geschwindigkeit, Entschlossenheit und ein hoher Einsatz staatlicher Mittel notwendig ist. Wer diesen Prozess mit komplexen Diskussionen über neue wirtschafts-, sozial- oder umweltpolitische Konzeptionen verknüpft, wird endlose Verzögerungen und größtmögliche Verunsicherung hervorrufen und damit sowohl die wirtschaftliche Erholung als auch sein eigenes Anliegen schädigen.
Mag. Sigi Menz
Obmann der Bundessparte Industrie