Mindeststeuerrichtlinie der EU
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Nach einer Sitzung der ständigen Vertreter der EU-Mitgliedstaaten wurde am 12.12.2022 mittgeteilt, dass es zu einer Einigung zur Richtlinie zur Umsetzung der internationalen Mindeststeuer kam. Die Vertreter der EU-Mitgliedstaaten haben beschlossen, dem Rat zu empfehlen, die Richtlinie anzunehmen.
Ziel der EU-Richtlinie ist es, den Wettlauf nach unten bei den Körperschaftsteuersätzen eindämmen. Die formale Annahme der Richtlinie wird im Rahmen eines schriftlichen Umlaufverfahrens erfolgen. Bis 31.12.2023 muss die Richtlinie von sämtlichen Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden. Ab 1. Jänner 2024 wird sie anzuwenden sein.
Eine Veröffentlichung der verabschiedeten Richtlinie im EU-Amtsblatt ist abzuwarten.
Hintergrund der Richtlinie
Am 8. Oktober 2021 haben sich fast 140 Länder des inklusiven Rahmens der OECD/G20 gegen Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS) auf eine Reform der internationalen Unternehmensbesteuerung geeinigt.
Die Reform der internationalen Körperschaftsteuervorschriften besteht aus zwei Säulen. Die Mindeststeuerrichtlinie der EU stellt die Umsetzung der Säule Zwei der Reform der internationalen OECD-Körperschaftsteuervorschriften dar.
Die neuen Vorschriften werden das Risiko der Gewinnverkürzung und ‑verlagerung verringern und sicherstellen, dass die größten multinationalen Unternehmensgruppen den vereinbarten globalen Mindestsatz an Körperschaftsteuer zahlen.
Wen wird die Mindeststeuerrichtlinie betreffen?
Um negative Auswirkung der Mindeststeuer auf kleinere multinationale Unternehmen im Binnenmarkt zu vermeiden, soll die Richtlinie nur auf in der EU gelegene Einheiten Anwendung finden, die multinationalen Unternehmensgruppen oder großen inländischen Gruppen angehören, welche konsolidierte Umsatzerlöse von jährlich mindestens 750 Millionen Euro erzielen (Artikel 2). Einheiten die von der Richtlinie ausgenommenen sind, sind unter Artikel 2(3) aufgelistet.
Wie hoch ist der vorgesehene Mindeststeuersatz?
Für Unternehmen, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, soll unabhängig von ihrem Sitz ein Steuersatz von mindestens 15 Prozent gelten. Die verabschiedete Richtlinie sieht eine sogenannte "Top-up Tax" in der Höhe der Differenz zwischen dem globalen Mindeststeuersatz von 15 % und dem niedrigeren Effektivsteuersatz vor.
Welche Maßnahmen werden gesetzt um den Wettlauf nach unten bei den Körperschaftsteuersätzen eindämmen?
Ein Mitgliedstaat kann gegenüber der heimischen Muttergesellschaft diese Ergänzungssteuer einheben, falls die Tochtergesellschaft in einem anderen Staat keiner Mindestbesteuerung unterliegt. Gleiches gilt für Tochtergesellschaften, deren Muttergesellschaft in einem Niedrigsteuerland angesiedelt ist.
Die in der Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen sind:
1. eine Primärergänzungssteuerregelung (PES) (Income Inclusion Rule), anhand derer eine Muttergesellschaft einer multinationalen Unternehmensgruppe oder einer großen inländischen Gruppe den ihr zuzurechnenden Anteil an der Ergänzungssteuer für niedrig besteuerte Geschäftseinheiten der Gruppe berechnet und entrichtet (Artikel 1; Kapitel II: PES und SES (Artikel 5 -14)).
Beispiel: Ein inländischer Konzern hat eine Tochtergesellschaft in einem Karibikstaat. Die Einkünfte der Tochtergesellschaft werden in der Karibik mit 5% besteuert. Der Mindeststeuersatz wurde mit 15% festgelegt. Der österreichische Fiskus kann nach dem Modell der Mindestbesteuerung künftig den „verschobenen Gewinn“ mit den fehlenden 10 Prozentpunkten nachversteuern.
2. eine Sekundärergänzungssteuerreglung (SES) (Undertaxed Profit Rule), gemäß der für eine Geschäftseinheit einer multinationalen Unternehmensgruppe ein zusätzlicher tatsächlicher Steueraufwand anfällt, der ihrem Anteil an der Ergänzungssteuer entspricht und nicht nach der Primärergänzungssteuerregelung für niedrig besteuerte Geschäftseinheiten der Gruppe erhoben wurde. (Artikel 1; Kapitel II: PES und SES (Artikel 5 -14))
Beispiel: (nach unserem Verständnis): Ein ausländischer Konzern hat eine Tochtergesellschaft in Österreich (Inbound-Fall). Die österreichische Tochtergesellschaft reduziert ihre Gewinne um Lizenzgebühren, die sie an die Muttergesellschaft zahlt. Die Lizenzeinnahmen bei der Muttergesellschaft werden niedrig besteuert.
Der österreichische Fiskus kann auf diese Gewinnverlagerung reagieren und den Betriebsausgabenabzug für die Lizenzzahlungen versagen. In Zukunft aber auch für sämtliche unterbesteuerte Zahlungen.
Was sind die nächsten Schritte für die nationale Umsetzung?
Derzeit sind noch nicht alle Details für eine nationale Umsetzung klar. Die OECD plant in den kommenden Wochen eine "Administrative Guidance" zu offenen Fragen der Säule Zwei-Umsetzung zu veröffentlichen, welche für die Praxis von besonderer Bedeutung sind.