Blick auf die Skyline von Downtown Sao Paulo, Hauptstadt von Brasilien, wolkiger Himmel und Gewässer im Vordergrund
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Brasilien: Recht, Steuern, Investitionen

Von Entsendung bis Firmengründung: Lokales Fachwissen – unbürokratisch und verlässlich

Lesedauer: 5 Minuten

 

Beratung in Rechtsfragen

Andere Länder, andere Regeln: Bei Export, Import und Firmengründung müssen lokale Gesetze beachtet werden. Damit Sie nicht in teure Verfahren verwickelt werden, gilt: Besser vorher abklären, was die Spielregeln sind.

Für eine fachliche Erstberatung ist das AußenwirtschaftsCenter São Paulo die richtige Adresse. Wenn rechtsanwaltliche Expertise gefragt ist, vermitteln wir vertrauenswürdige Kanzleien aus unserem lokalen Netzwerk. 

Sie wollen eine Niederlassung gründen? Rechtsform, Standortwahl, Steuern, Arbeitsrecht, Visa für entsandtes Personal, Versicherungen, Finanzierungen – wir bereiten Sie vor und helfen Ihnen durch.

Dazu gibt es Startgeld für Mutige: Das Förderprogramm go-international erleichtert Ihnen Markteintritt, Marktbearbeitung und die Gründung einer Niederlassung im Ausland und ist Teil der Internationalisierungsoffensive des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft und der Wirtschaftskammer Österreich.

Arbeitsrecht und Entsendung

Das brasilianische Arbeitsrecht ist umfassend gesetzlich geregelt. Inhaltlich ist es im internationalen Vergleich gesehen sehr arbeitnehmerfreundlich ausgestaltet. Auch die Rechtsprechung stellt den Schutz der Arbeitnehmer in den Vordergrund. Unternehmen sollten daher bei der Gestaltung, Durchführung und Beendigung von Arbeitsverträgen die durch Gesetzgebung und Rechtsprechung festgelegten Vorgaben peinlich genau einhalten, um hohe finanzielle Forderungen der Arbeitnehmer und kostspielige Gerichtsverfahren zu vermeiden. Durch eine umfangreiche Reform des Arbeitsrechts, die im November 2017 in Kraft getreten ist, wurden einige Aspekte deutlich unternehmensfreundlicher und flexibler geregelt. Brasilianische Arbeitnehmer gehen aber dennoch häufig vor Gericht und das Land ist Rekordhalter, was die jährliche Zahl an Arbeitsprozessen betrifft.

Die Arbeitszeit beträgt in Brasilien in der Regel 8 Stunden pro Tag und darf nicht mehr als 44 Stunden pro Woche ausmachen. 13 1/3 Monatsgehälter pro Jahr sind vorgesehen und der Jahresurlaub beträgt 22 Arbeitstage. Es gibt hier ähnlich wie z.B. in Italien ein sogenanntes „Arbeitsbuch“ (CLT). In dieses werden diverse Informationen aufgenommen wie etwa Eintrittsdatum, Monatslohn, Gesundenuntersuchungen. Eine Anstellung nach diesem Arbeitsbuch (CLT) ist aber nur für Brasilianer:innen oder Mitarbeiter:innen möglich, die ein Dauervisum und eine Arbeitserlaubnis haben.

Visatypen in Brasilien:

  • Business Visa – 90 Tage für Verhandlungen, Besichtigungen und Geschäftsreisen – nicht für Montagearbeiten geeignet.
  • Technische Assistenz oder Technologietransfer Visum (Montage) – bis zu 1 Jahr gültig. Dieses muss von einer brasilianischen Partnerfirma beim brasilianischen Justizministerium beantragt werden. Nach Freischaltung im System kann man dieses unter Vorlage der vorgeschriebenen Dokumente auf der brasilianischen Botschaft/Konsulat einreichen. Da die Vorlaufzeit auch im besten Fall ein paar Wochen beträgt, ist eine zeitgerechten Beantragung durch die Partnerfirma wichtig. Der Mitarbeiter ist dabei nicht auf der Gehaltsliste der brasilianischen Firma, sondern bleibt bei der österreichischen Firma angestellt.
  • Emergency Visa – bis 180 Tage – in Notfällen – kommt in der Praxis eher selten vor.
  • Langfristige Arbeitsvisa (Dauervisum): hier müssen relativ genau die Ausbildungen und die Kenntnisse der Mitarbeiter:innen nachgewiesen werden. Diese sind ab der ersten Einreise in Brasilien hier steuerpflichtig und auf der Gehaltsliste der brasilianischen Firma und müssen auch hier Sozialabgaben abführen. Ein Sozialversicherungsabkommen zwischen Österreich und Brasilien wird derzeit gerade verhandelt.
  • Digitales Nomadenvisum – seit Anfang 2022 machbar, für bis zu einem Jahr erhältlich und relativ problemlos um ein weiteres Jahr verlängerbar, wenn Einnahmen aus dem Ausland von monatlich über USD 1500 nachgewiesen werden können.

Steuerliche Rahmenbedingungen 

Das brasilianische Steuerwesen ist eines der komplexesten Systeme weltweit und der Aufwand, den Firmen auf sich nehmen müssen, um die Steuern gesetzeskonform abführen zu können, ist einer Weltbank-Studie zufolge rekordverdächtig. Die indirekten Steuern machen in Brasilien rund das Doppelte des Aufkommens der direkten Steuern aus; die nationale Abgabenquote beträgt mehr als 40% des BIPs.

Erschwert wird die Situation einerseits durch eine große Anzahl an unterschiedlichen Steuer- und Abgabenarten, aber auch dadurch, dass Bund, Länder und Gemeinden für bestimmte Abgaben die alleinige Steuerhoheit innehaben.

Die brasilianische Bundessteuernummer (CPF für natürliche Personen und CNPJ für juristische Personen) ist ein Muss für Brasilianer, brasilianische Firmen sowie Gesellschafter mit Sitz im Ausland. Letztere müssen für die Steuerbehörde auch einen Bevollmächtigten mit einem brasilianischen Wohnsitz benennen. 

Doppelbesteuerungsabkommen

Österreich hat mit zahlreichen Staaten Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen. Diese verhindern eine doppelte Besteuerung bei grenzüberschreitenden Aktivitäten. Das Bundesministerium für Finanzen stellt wichtige Informationen sowie eine Liste aller österreichischen Doppelbesteuerungsabkommen zur Verfügung.

Firmengründung und Investition

Brasilien mit seinen über 210 Millionen Einwohnern ist der mit Abstand wichtigste Absatzmarkt für österreichische Produkte in Südamerika und die Basis für circa 150 Produktions- und Vertriebsfirmen mit österreichischem Kapital. Die Beweggründe für lokale Niederlassungen österreichischer Firmen sind vielfältig: Kundennähe, Vermeidung oder Verminderung der Importbelastung oder auch die Schaffung einer Basis zur Bearbeitung des südamerikanischen Marktes.

Brasilien ist berüchtigt für seine Bürokratie - zwischen Gesetz und praktischer Anwendung besteht häufig eine Lücke, welche nur mit der Materie vertraute Experten zu schließen verstehen. Gesetzesverstöße können empfindliche Strafen zur Folge haben und — wie etwa im Falle des Umweltrechtes — sogar strafrechtliche Konsequenzen. Bei einer Unternehmensgründung, -beteiligung oder -fusion wird deshalb - sowie auch auf Grund der komplexen und umfangreichen Materie mit laufend neuen Bestimmungen - die Inanspruchnahme von einschlägigen Beratern wie Wirtschafts- oder Patentanwälten, Steuerberatern und falls erforderlich Importspediteuren dringend empfohlen.

Die in Brasilien häufigste Gesellschaftsform ist zweifellos die „Limitada“, abgekürzt „Ltda.“, die in etwa der heimischen GmbH entspricht. Außerdem ist in der Praxis noch die „Sociedade Anónima“ – „S.A.“ anzutreffen (entspricht etwa der AG).

Andere Gesellschaftsformen kommen in der Regel für ausländische Investoren aus Haftungsgründen oder fehlender brasilianischer Ansässigkeit der Gesellschafter eher nur selten in Betracht.

Die Dauer einer Gründung beträgt je nach Art der geplanten Niederlassung im Schnitt zwischen zwei und fünf Monaten. Im Falle eines Produktionsbetriebes, welcher diverse Genehmigungen der Umweltbehörden benötigt, kann es aber auch empfindlich länger dauern. Mindestkapitalanforderungen gibt es bei der Limitada in Brasilien üblicherweise nicht und eine einfache Gründung sollte im niedrigen vierstelligen Eurobereich machbar sein.

Investitionsschutz

Über 60 bilaterale Investitionsschutzabkommen schützen österreichische Unternehmen mit Auslandsinvestitionen vor Benachteiligung und entschädigungsloser Enteignung. Wir geben Ihnen einen Überblick über die Handels- und Investitionsabkommen der EU mit Drittstaaten. Das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft veröffentlicht eine Liste aller bilateralen österreichischen Investitionsschutzabkommen

Vertretungsvergabe

Bei vertretungsähnlichen Verhältnissen, egal ob sie durch schriftliche, mündliche oder rein faktische Übereinkunft begründet worden sind, muss man in Brasilien gut aufpassen. Diese können, wenn nicht jetzt, dann u.U. in ein paar Jahren Ihr Unternehmen viel Geld und Kopfschmerzen kosten! Selbständige Handelsvertreter (Handelsagenten) müssen sich bei der regionalen Registerbehörde, die in etwa unserem Firmenbuch entspricht, eintragen lassen. Ausländische Firmen sollten sich diese Eintragung jedenfalls bestätigen und in Kopie vorlegen lassen, um möglichst zu vermeiden, dass später arbeitsrechtliche Ansprüche des Vertreters - oder seiner Erben – gegen das österreichische Unternehmen geltend gemacht werden.

Die folgenden beiden Bestimmungen – und noch weitere hier nicht aufgeführte - sind nach brasilianischem Recht zwingend und daher nicht durch Parteienvereinbarung abdingbar:

  • Die Entschädigung bei Vertragslösung ohne triftigen Grund durch die vertretene Firma darf nicht geringer sein als 1/12 der akkumulierten Provisionen im Zeitraum, in dem das Vertretungsverhältnis ausgeübt worden ist. Im Fall eines befristeten Vertrags wird das Monatsmittel der bis Vertragsende akkumulierten Entschädigungen mit der Hälfte der vertraglich vorgesehenen Monate multipliziert.
  • Ein befristeter Vertrag wird ungeachtet gegenteiliger Vereinbarungen durch Verlängerung oder Neuabschluss innerhalb von sechs Monaten zu einem unbefristeten Vertrag. Es ist gesetzlich nicht zulässig, einen befristeten Handelsvertretervertrag ein weiteres Mal zu befristen.

Stand: 07.03.2023