Sparte Industrie

EuGH: Österreichische Regelung zur 6. Urlaubswoche europarechtskonform!

Informationen der Bundessparte Industrie

Lesedauer: 2 Minuten

Zu einem von der Arbeiterkammer Oberösterreich angestrebten Musterprozess  hat der EuGH  nun klargestellt, dass die österreichische Urlaubsregelung zur Erreichung der 6. Urlaubswoche  weder zu einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung noch zu einer unzulässigen Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit kommt.

Gemäß § 2 Abs 1 österr. UrlG steht einem Arbeitnehmer, der 25 Dienstjahre beim selben Arbeitgeber erbracht hat, ein Anspruch auf 6 Wochen Urlaub pro Jahr zu. Dienstzeiten bei anderen (in- oder ausländischen) Arbeitgebern werden für den erhöhten Urlaubsanspruch hingegen nur im Höchstausmaß von insgesamt 5 Jahren angerechnet (§ 3 Abs 2 Z 1 iVm § 3 Abs 3 UrlG).

Keine unmittelbare Diskriminierung

Eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit schließt der EuGH aus, weil die Regelung unterschiedslos für alle Arbeitnehmer mit mindestens 25 Berufsjahren gilt, ohne dass es auf ihre Staatsangehörigkeit ankommt. Zwar stellt der Wortlaut von § 3 Abs 2 Z 1 UrlG nur auf im „Inland“ zurückgelegte Vordienstzeiten ab, nach ständiger Rechtsprechung des OGH und einhelliger Literaturmeinung ist diese Bestimmung aber dahin auszulegen, dass die Vordienstzeiten bei anderen Arbeitgebern unabhängig davon, ob sie im Inland oder in einem anderen EU-Mitgliedstaat zurückgelegt wurden, in gleicher Weise bis höchstens fünf Jahre berücksichtigt werden.

Auch keine mittelbare Diskriminierung

Als Argument für eine mittelbare Diskriminierung wurde vorgebracht, dass die Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten üblicherweise in ihrem Herkunftsmitgliedstaat in das Berufsleben eintreten und erst im weiteren Verlauf ihres Berufslebens zu einem österreichischen Arbeitgeber wechseln. Für sie sei es daher schwerer, die erforderliche Dienstzeit für einen Anspruch auf die 6. Urlaubswoche zu erreichen.

Diesem Argument hält der EuGH entgegen, dass die Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern, die an das Kriterium der Dienstzeit bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber anknüpft, nur dann als mittelbar diskriminierend angesehen werden könne, wenn sie sich ihrem Wesen nach stärker auf Arbeitnehmer, mit Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats auswirkt als auf inländische Arbeitnehmer. Es deute aber nichts darauf hin, dass österreichische Arbeitnehmer üblicherweise 25 Jahre im Dienst eines einzigen Arbeitgebers verbleiben. Folglich sei nicht nachgewiesen, dass diese Regelung speziell österreichische Arbeitnehmer bevorzugt. Es könne daher nicht davon ausgegangen werden, dass die Arbeitnehmer, die von der begrenzten Berücksichtigung von Vordienstzeiten bei anderen Arbeitgebern betroffen sind, mehrheitlich Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten sind.

Eine nationale Regelung wie hier, die eine Ungleichbehandlung zwischen Arbeitnehmern einführt, die an das Kriterium ihrer Dienstzeit bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber anknüpft, kann daher nach Auffassung des EuGH nicht aus diesem Grund als eine mittelbare Diskriminierung von Arbeitnehmern mit Staatsangehörigkeit eines anderen Mitgliedstaats angesehen werden kann.  

Keine Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit

Zuletzt prüfte der EuGH noch, ob die österreichische Regelung eine nach Art 45 Abs 1 AEUV verbotene Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit darstellt - verneinte dies aber ebenso: Das Unionsrecht garantiert zwar Arbeitnehmern, die im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats eine Tätigkeit ausüben, dass sie denselben Bedingungen unterliegen wie die Arbeitnehmer dieses anderen Mitgliedstaats. Es kann einem Arbeitnehmer jedoch nicht garantieren, dass ein Umzug in einen anderen Mitgliedstaat in sozialer Hinsicht neutral ist, weil ein solcher Umzug aufgrund der Unterschiede zwischen den Systemen und Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für die betreffende Person je nach Einzelfall Vorteile oder Nachteile in diesem Bereich haben kann.

Die Bundessparte Industrie begrüßt die vorliegende Entscheidung. Die heimischen Unternehmen wären mit Mehrkosten von mindestens 450 Millionen Euro belastet worden, wäre es zu einer generellen Anrechnung von Vordienstzeiten gekommen.

Autor: Mag. Thomas Stegmüller
E-Mail: thomas.stegmueller@wko.at 

Stand: 22.03.2019

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