Sparte Industrie

EU-Parlament beschließt Initiativbericht zum CO2-Grenzausgleich

Mehrzahl der Abgeordneten stimmte gegen die Abschaffung der freien Zuteilung im EU-Emissionshandel und damit für eine wichtige Forderung der BSI.

Lesedauer: 3 Minuten

11.03.2023

Am 10. März 2021 nahmen die EU-Parlamentarier den Initiativbericht zur geplanten Einführung eines WTO-konformen CO2-Grenzausgleichsmaßnahmen (Carbon Border Adjustment Mechanism, CBAM) mit 444 Ja-Stimmen und 70 Gegenstimmen bei 181 Enthaltungen an. Aus österreichischer Sicht stimmten die ÖVP-, SPÖ- und NEOS-Abgeordneten zu und die FPÖ-Abgeordneten dagegen, während sich die Grünen MEPs der Stimme enthielten. Der Entschließung des Parlaments, der keine rechtsverbindliche Wirkung zukommt, gilt als Empfehlung an die Europäische Kommission. Diese hatte bereits im Zusammenhang mit dem EU Green Deal und der Erhöhung des EU-Treibhausgasreduktionsziels 2030 auf mindestens 55% angekündigt, bis Juni 2021 einen entsprechenden Verordnungsentwurf vorzulegen, um Wettbewerbsnachteile für EU-Unternehmen zu vermeiden und das fehlende internationale Level Playing Field im Klimaschutz sowie bei der CO2-Bepreisung auszugleichen. Aus Sicht der EU-Parlamentarier soll der CBAM in einzelnen ETS-Sektoren bereits ab 2023 gelten. 

Parlament will CBAM ab 2023 in energieintensiven Branchen 

Die geplante Einführung eines CBAM stellt, als neues und ergänzendes klima- und handelspolitisches Instrument, für die Industrie einen Gamechanger dar und wird intensiv, meist aber kontrovers und kritisch diskutiert. Der CO2-Grenzausgleich soll dem Schutz der europäischen Industrie vor Abwanderung und Verlagerung von Treibhausgasemissionen (Carbon Leakage) dienen und so zu stärkerem Klimaschutz-Engagement anderer Wirtschaftsräume beitragen. Dazu sollen CO2-intensive Produkte, die in den EU-Markt importiert werden, mit einem CO2-Preis belegt werden, wenn dieser nicht bereits bei der Erzeugung im EU-Ausland angefallen ist. Langfristig soll das nach der Vorstellung des EU-Parlaments für alle Waren aus Sektoren, die im EU-Emissionshandel erfasst sind, gelten; in einem ersten Schritt, bereits ab 2023, sollen insbesondere der Stromsektor sowie energieintensive Branchen wie Zement, Stahl, Aluminium, Raffinerien, Papier, Glas, Chemikalien und Düngemittel erfasst werden. Als wahrscheinlichstes Modell gilt, wie auch in der Entschließung präferiert, die indirekte Ausweitung des EU-Emissionshandels in Form der Einführung eines an den EU ETS angelehnten Systems, eines sogenannten „notional ETS“, indem der Importeur für die entsprechenden Produkte Zertifikate aus einem eigenen Pool von Allowances erwerben muss.  

Mehrheit der MEPs gegen Abschaffung der freien ETS-Zuteilung 

Die Einführung eines „Klimazolls“ kann aus Sicht der BSI in einzelnen Sektoren ein sinnvolles zusätzliches Instrument gegen internationale „Klima-Dumping“ sein – ein „one size fits all“-Ansatz wird aber abgelehnt. Einer der wichtigsten Punkte der Beschlussfassung aus Sicht der Industrie war es daher, die bestehenden Carbon-Leakage-Schutzmaßnahmen, insbesondere die benchmarkbasierte freie Zuteilung eines Teiles der benötigten Zertifikate für besonders umweltschonende Produktion im EU ETS, jedenfalls bis auf weiteres beizubehalten. Damit wurde der ursprüngliche Ansatz des EP-Umweltausschusses zum voreiligen und umfassenden Stopp des geltenden Carbon-Leakage-Schutzes abgelehnt. Die BSI hat diese Forderung auch gegenüber EU-Abgeordneten mit fundierten Argumenten herangetragen. Die Abschaffung der freien Zuteilung würde die Menge der Zertifikate, die Industrieanlagen im ETS zukaufen müssen, signifikant erhöhen und so – auch im Konnex mit dem mittlerweile auf über EUR 40 / t gestiegenen CO2-Preis - zu einer dramatischen zusätzlichen Kostenbelastung für die Unternehmen führen. 

Klima und Standort gemeinsam schützen 

Die EU hat sich das anspruchsvolle Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu werden.

Klimaschutz kann aber nur gemeinsam mit internationalen Partnern, wie insbesondere auch den USA, gelingen. Wichtigste Zielsetzung der EU-Klimadiplomatie muss daher eine international einheitliche, verbindliche CO2-Bepreisung sein, etwa auf UN-, WTO- oder G8-Ebene. Bis dieses wichtige Preissignal umgesetzt ist, kann ein CO2-Kostenausgleich für Importe in einzelnen Sektoren, die stark auf den EU-Markt ausgerichtet sind, sinnvoll und effektiv sein. Für das Gros der international verflochtenen Wirtschaft ist zu befürchten, dass ein unilateraler EU-Klimazoll mehr schadet als nützt, insbesondere da er sich bei Exporten in außereuropäische Märkte als Bumerang erweisen könnte. Der Beschluss des Europaparlaments ist also ein wichtiges Signal für die nachhaltige Zukunft des Industrie- und Arbeitsstandortes Europa, bedarf aber noch entsprechender Nachbearbeitung auf technischer, politischer und diplomatischer Ebene. 

Autor:
DI Oliver Dworak
E-Mail:
oliver.dworak@wko.at

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