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Direktvertrieb, Landesgremium

Der Berater ein Dienstnehmer nach ASVG?

Im Rahmen von GPLA-Prüfungen durch Sozialversicherungsanstalt bzw. Finanzamt meint die Behörde immer wieder, den selbstständigen Berater als Dienstnehmer qualifizieren zu müssen. Bisweilen ist das nicht richtig, wenn bestimmte Parameter gegeben sind.

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10.07.2024

Im vorliegenden Fall wurden Schlafsysteme im Direktvertrieb angeboten. Die Behörde hatte darauf abgestellt, dass den Vertriebspartnern vertraglich keine Vertretung durch Dritte möglich war. Tatsächlich kam es auch zu keiner solchen Vertretung. Sie hätten keine eigenständigen Gestaltungsmöglichkeiten gehabt, auch in das betriebliche Formularwesen seien sie eingegliedert gewesen. Die Termine bei den potentiellen Kund:innen seien vorgegeben gewesen. Der (mögliche) Kundenstock sei ihnen als wesentliches Betriebsmittel überlassen worden. Dass kein Fixum, sondern umsatzabhängige Provisionen bezahlt wurden, würde das sogenannte Unternehmerwagnis nicht begründen, weil auch angestellte Vertreter auf Provisionsbasis arbeiten würden. Es handle sich also aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht um Dienstnehmer.

Diese Beurteilung liest sich so, als wären die üblichen Kriterien angelegt worden und dies daher rechtlich durchaus vertretbar wäre. Bei näherem Hinsehen war aber das Gegenteil der Fall. Das Bundesverwaltungsgericht hat folgende Aspekte betont:

Es gab keine verpflichtenden Schulungen. Die "Schlafberater:innen" mussten die vermittelten Verkaufsmethoden nicht anwenden, wenn sie nicht wollten. Auch die Teilnahme an Meetings war freiwillig. Die Vertriebspartner:innen akquirierten Termine für Präsentationen auch selbst. Eine Verpflichtung, Termine vom Unternehmen anzufordern, bestand nicht. Die Schlafberater:innen gaben vielmehr bekannt, wie viele Termine sie pro Tag bzw. zu welchen Zeiten haben wollten (Anmerkung: auch hier hat sich die Arbeitswelt offenbar deutlich geändert). Angenommene Termine konnten sie direkt mit den Kund:innen verschieben. Wurde ein angenommener Termin nicht wahrgenommen, war die einzige Konsequenz, dass das Unternehmen diesen dem Vertriebspartner in Rechnung stellte.

Die Vertriebspartner durften sich sehr wohl vertreten lassen, nahmen diese Möglichkeit aber nicht wahr. Prospekte, Visitenkarten und Werbegeschenke wurden ihnen zur Verfügung gestellt. Es wurde kein Mindestumsatz vorgegeben bzw. vereinbart. Es wurden zwar Berichte über erzielte Verkäufe erstattet ("Tagesbericht"); dies kann aber nicht als Kontrollrecht verstanden werden.

Das Bundesverwaltungsgericht entschied also, dass die Schlafberater:innen keine sogenannten echten Dienstnehmer nach dem ASVG waren. Auch in einem ähnlich gelagerten Fall vom 8. November 2023 wurde so entschieden. Beide Entscheidungen zeigen weiterhin die Tendenz, weniger strenge und damit realistischere Maßstäbe anzulegen. Das schien bei Entscheidungen in der Vergangenheit nicht immer der Fall.

Ihr Ansprechpartner: RA Dr. Gustav Breiter, www.vbsn.at