Zusatzkollektivvertrag Arbeitszeitgestaltung Papier und Karton verarbeitende Industrie (PROPAK), Angestellte, gültig ab 1.4.2020

Gültigkeit:
1.4.2020 bis 31.12.2020
Gilt für:
Österreichweit

                             Zusatzkollektivvertrag
über erweiterte Möglichkeiten der Arbeitszeitgestaltung
             im Zusammenhang mit der Corona-Krise
                     („Corona-Notfall-Vereinbarung“)


abgeschlossen zwischen dem Fachverband der industriellen Hersteller von Produkten aus Papier und Karton in Österreich einerseits und dem Österreichischen Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier andererseits.

Geschlechtsspezifische Bezeichnungen beziehen sich auf beide Geschlechter, soweit sich nicht ausdrücklich aus einer Bestimmung anderes ergibt.

§ 1 Geltungsbereich

Der Zusatzkollektivvertrag gilt:

(1) Räumlich: für alle Bundesländer der Republik Österreich;

(2) Fachlich: für alle Mitgliedsbetriebe des Fachverbandes der industriellen Hersteller von Produkten aus Papier und Karton in Österreich;

(3) Persönlich: für alle jene dem Angestelltengesetz unterliegenden Dienstnehmer, auf welche der Rahmenkollektivvertrag für Angestellte in der industriellen Herstellung von Produkten aus Papier und Karton in Österreich    anzuwenden ist.

§ 2 Erweiterte Möglichkeiten der Arbeitszeitgestaltung

1.) In einzelnen Wochen innerhalb eines Durchrechnungszeitraums von bis zu 9 Monaten kann die Normalarbeitszeit

+ bei einem Durchrechnungszeitraum von bis zu acht Wochen auf höchstens 50 Stunden,
+ bei einem längeren Durchrechnungszeitraum auf höchstens 48 Stunden

ausgedehnt werden, wenn sie innerhalb dieses Zeitraumes im Durchschnitt 38 Stunden nicht überschreitet.
Die tägliche Normalarbeitszeit darf 10 Stunden nicht überschreiten. 

2.) Wenn die betrieblichen Verhältnisse es erfordern, kann die wöchentliche Normalarbeitszeit bei Schichtarbeit ungleichmäßig so verteilt werden, dass sie in einem Durchrechnungszeitraum bis zu 9 Monaten im Durchschnitt 38 Stunden pro Woche nicht überschreitet.
Die Normalarbeitszeit kann dabei 

+ bei einem Durchrechnungszeitraum von bis zu acht Wochen auf höchstens 50 Stunden,
+ bei einem längeren Durchrechnungszeitraum auf höchstens 48 Stunden

ausgedehnt werden.
Die tägliche Normalarbeitszeit darf 10 Stunden nicht überschreiten.

§ 3 Arbeitszeitkonto

1.) Bei Inanspruchnahme der Bestimmungen des § 2 erfolgt die Konsumierung des zur Erreichung der durchschnittlichen Normalarbeitszeit erforderlichen Zeitausgleichs unter Berücksichtigung der betrieblichen Erfordernisse und der Wünsche des Arbeitnehmers. 
Es ist ein Arbeitszeitkonto anzulegen, in dem der Saldo von Plus- bzw. Minusstunden aufzuzeichnen ist. Die Übertragungsmöglichkeit auf dieses Konto ist nach oben mit höchstens plus 114 bzw. nach unten mit höchstens minus 38 Stunden begrenzt. 
Darüberhinausgehende Plusstunden sind als Überstunden nach den Bestimmungen des Rahmenkollektivvertrages für Angestellte in der industriellen Herstellung von Produkten aus Papier und Karton in Österreich abzugelten, Minusstunden gelten als geleistet.

2.) Bei Abrechnung des Arbeitszeitkontos zum Ende des Durchrechnungszeitraums verbleibende Plusstunden sind mit einem Zuschlag von 50 % nach Wunsch des Arbeitnehmers in Geld oder Freizeit auszugleichen.
Minusstunden sind durch Arbeitsstunden außerhalb der Normalarbeitszeit auszugleichen, wobei die Grundstunde im Verhältnis 1:1 mit dem Arbeitszeitkonto gegengerechnet wird und ein allfälliger Zuschlag erhalten bleibt.

3.) Dem Arbeitnehmer ist auf Verlangen jederzeit Einblick in sein Arbeitszeitkonto zu gewähren. Unabhängig davon hat der Arbeitgeber jeden Arbeitnehmer mindestens einmal im Monat über den Stand seines Arbeitszeitkontos schriftlich zu unterrichten. 
Desgleichen ist der Betriebsrat befugt, jederzeit Einblick in die einzelnen Arbeitszeitkonten zu nehmen.

§ 4 Überstunden

1.) Die Bestimmungen des § 7 des Rahmenkollektivvertrages für Angestellte in der industriellen Herstellung von Produkten aus Papier und Karton in Österreich sind sinngemäß mit der Maßgabe anzuwenden, dass für den Zuschlag gem. § 7 Abs. 4a lit. a leg. cit. die Voraussetzung, dass es sich um die dritte bzw. vierte Überstunde an diesem Tag handeln muss, entfällt.

2.) Überstunden gem. § 7 Abs 4a lit. a und b des Rahmenkollektivvertrages für Angestellte in der industriellen Herstellung von Produkten aus Papier und Karton in Österreich sowie die diesbezüglichen Überstundenzuschläge kommen mit der laufenden Lohnabrechnung zur Auszahlung. 

3.) Die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen des AZG in der Fassung BGBl I 53/2018, insbesondere die Regelungen in § 7 Abs. 1 (durchschnittliche Wochenarbeitszeit von max. 48 Stunden in einem Durchrechnungszeitraum von 17 Wochen) und § 7 Abs. 6 (Ablehnung von Überstunden über die 10. Stunde/Tag bzw. 50. Stunde/Woche ohne Angabe von Gründen), bleiben unberührt.

§ 5 Vereinbarung

1.) Die Inanspruchnahme der erweiterten Arbeitszeitmöglichkeiten nach diesem Zusatzkollektivvertrag erfolgt mittels Betriebsvereinbarung, in Betrieben ohne Betriebsrat mittels Einzelvereinbarung (Dienstvertrag).

2.) Sie hat die umfassten Bereiche und Arbeitnehmer zu bezeichnen. 

3.) Eine Vereinbarung nach Abs. 1 kann mit Wirkung ab 1. April 2020 abgeschlossen werden. Die Wirkung ist mit längstens 31. Dezember (max. 9 Monate) begrenzt.

4.) Die Vereinbarung nach Abs. 1 bedarf der schriftlichen Zustimmung der Kollektivvertragspartner, die nach Möglichkeit binnen 72 Stunden nach Verständigung der Kollektivvertragspartner zu erfolgen hat. 

§ 6 Kündigungsschutz

1.) Kündigungen dürfen frühestens nach Ablauf der Behaltefrist (Abs. 2) ausgesprochen werden. Die Kündigung von Arbeitsverhältnissen aus persönlichen Gründen ist mit ausdrücklicher Zustimmung des Betriebsrates unbenommen. Ebenso bleiben die rechtlichen Bestimmungen über die Entlassung unberührt.

2.) Die Dauer der Behaltefrist nach Ende einer Vereinbarung im Sinne dieses Zusatzkollektivvertrages beträgt einen Monat. 

§ 7 Unvereinbarkeit

1.) Eine Inanspruchnahme der erweiterten Arbeitszeitmöglichkeiten nach diesem Zusatzkollektivvertrag schließt die Inanspruchnahme von Kurzarbeit aus.

2.) Sollte ein Arbeitnehmer, für den eine Vereinbarung nach § 5 (Betriebsvereinbarung oder Einzelvereinbarung) gilt, zur Kurzarbeit angemeldet werden, so endet für diesen die gegenständliche Vereinbarung mit sofortiger Wirkung.
Diesfalls hat für den betroffenen Arbeitnehmer die Abrechnung des Arbeitszeitkontos gem. § 3 Abs. 2 mit der Maßgabe zur erfolgen, dass allfällige Minusstunden als geleistet gelten.

§ 8 Sonstige Bestimmungen

Die Bestimmungen des Rahmenkollektivvertrages für Angestellte in der industriellen Herstellung von Produkten aus Papier und Karton in Österreich, insbesondere jene des § 4 (Normalarbeitszeit), bleiben unberührt.

§ 9 Gültigkeit

1.) Dieser Zusatzkollektivvertrag tritt mit 1. April 2020 in Kraft.

2.) Er gilt bis zum 31. Dezember 2020. Eine Kündigung ist zum Außerkrafttreten zu diesem Datum nicht erforderlich. 
Bei Fortbestehen einer Krisensituation im Gefolge der Corona-Krise nach Ablauf der Gültigkeit dieses Zusatzkollektivvertrags können die Kollektivvertragspartner ein weiteres Inkrafttreten in geeigneter Form einvernehmlich vereinbaren. 


Wien, am 25. März 2020

FACHVERBAND DER INDUSTRIELLEN HERSTELLER VON PRODUKTEN AUS PAPIER UND KARTON IN ÖSTERREICH

Obmann

Komm.Rat Mag.
Georg Dieter FISCHER 

Geschäftsführer

Mag. Martin WIDERMANN


ÖSTERREICHISCHER GEWERKSCHAFTSBUND
Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck Journalismus, Papier

gf. Vorsitzend

Barbara TEIBER, MA

Geschäftsbereichsleiter

Karl DÜRTSCHER


ÖSTERREICHISCHER GEWERKSCHAFTSBUND
GEWERKSCHAFT DER PRIVATANGESTELLTEN, DRUCK, JOURNALISMUS, PAPIER
Wirtschaftsbereich Druck, Kommunikation, Papierverarbeitung

Wirtschaftsbereichsvorsitzender

Michael RITZINGE

Wirtschaftsbereichssekretär

Christian SCHUSTER