Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten, Fachgruppe

Leitsätze zu anderen versicherungsrechtlichen Gesetzen

Rechtsservice- und Schlichtungsstelle (RSS) des Fachverbandes der Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten

Lesedauer: 1 Minute

23.09.2024

RSL40002

§ 131 VAG

Das Versicherungsunternehmen hat vor Vertragsabschluss jene Informationen vom Versicherungsnehmer einzuholen, die benötigt werden, um dessen Wünsche und Bedürfnisse zu ermitteln. Jeder angebotene Vertrag muss auch diesen Wünschen und Bedürfnissen entsprechen.

Dies stellt eine Konkretisierung des Erfordernisses des § 128 Abs 1 VAG dar, dass Versicherungsunternehmen bei ihrer Versicherungsvertriebstätigkeit ihren Versicherungsnehmern und Anspruchsberechtigten gegenüber stets ehrlich, redlich und professionell in deren bestmöglichem Interesse zu handeln haben.

Indem die Verpflichtung zur Informationsbeschaffung eingeführt wird, zwingt der Gesetzgeber Versicherer dazu, sich nicht auf etwaige in Eigeninitiative getätigte Angaben der Versicherungsnehmer betreffend deren Wünsche und Bedürfnisse zu verlassen. Die Versicherungsunternehmen können nicht vorbringen, ihnen sehen die Wünsche und Bedürfnisse nicht ausreichend bekannt gewesen. Sie werden verpflichtet, die Wünsche und Bedürfnisse beziehungsweise Informationen dazu aktiv zu erfragen, wenn sie mit einem Kunden hinsichtlich einer Vertragsanbahnung in Kontakt treten. Versicherungsunternehmen müssen objektiv die Sachlage des Versicherungsnehmers erforschen, aus der sie seine wahren Wünsche und Bedürfnisse hinsichtlich des Versicherungsbedarfs ableiten können. (RSS-E 3/24).

RSL40001

§ 14a KHVG

Durch das Verhalten des Versicherungsnehmers, eine Versicherungsperiode ohne Versicherungsfall zu überstehen, reduziert sich die Prämie vertraglich. In diese Prämienreduktion greift nun der Versicherer durch seine Prämienanpassungsklausel ein und verhindert (in diesem Fall zumindest teilweise) diese vertraglich vereinbarte Prämienreduktion. Es ist nicht nachvollziehbar, wieso der Gesetzgeber hier der Versicherungsnehmerin im Gegenzug zu diesem Eingriff in den Vertrag nicht ein Kündigungsrecht einräumen wollte.

Würde man der Argumentation der Antragsgegnerin folgen, käme es zum Ergebnis, dass der Versicherungskunde, der einen Schadenfall verursacht und der daher im Bonus/Malus-System hochgestuft wird, gleich zweimal ein Kündigungsrecht, nämlich im Schadenfall nach § 158 VersVG und aufgrund der Prämienanpassungsklausel, eingeräumt wird, während der Versicherungskunde, der sich wohl verhalten hat und keinen Versicherungsfall verursacht hat, auf die nächste Hauptfälligkeit des Vertrages warten muss. Eine solche Ungleichbehandlung der Versicherungsnehmer kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden. (RSS-E 8/23). 

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