Sparte Industrie

Personal- und Energiekosten belasten Industriekonjunktur

Informationen der Bundessparte Industrie

Lesedauer: 3 Minuten

29.01.2024

Die österreichische Industriekonjunktur hat sich im Verlauf des Jahres 2023 zunehmend verschlechtert, aktuelle Prognosen und Einschätzungen aus der Industrie zeigen keine Erholung. Die globale Nachfrageschwäche belastet Unternehmen ebenso wie steigende Personalkosten und hohe Energiepreise. In diesen, aber auch weiteren Bereichen sind politische Maßnahmen zur Standortsicherung dringend erforderlich.

Die Wirtschaftsdaten zeigen im Jahresverlauf deutliche Rückgänge bei den Auftragseingängen und der Produktion, zuletzt sind auch die Beschäftigtenzahlen rückläufig. Schätzungen für das Gesamtjahr 2023 gehen von einer schrumpfenden Industrieproduktion aus. Jüngste Wirtschaftsprognosen erwarten im laufenden Jahr eine weiter schrumpfende Wertschöpfung in der Industrie, eine mögliche konjunkturelle Erholung wird allenfalls in der zweiten Jahreshälfte gesehen.

Konjunkturumfragen in der Industrie weisen im gesamten EU-Raum eine verhaltene Einschätzung aus: Im jüngsten „Business and Consumer Survey“ der Europäischen Kommission liegt die Beurteilung der Lage der Industriekonjunktur um rund fünf Punkte unter dem langjährigen Durchschnittswert, die Einschätzung der Auftragslage sogar um fast acht Punkte. Die Rückmeldungen aus der österreichischen Industrie zeigen eine signifikant pessimistischere Einschätzung, mit einer um 17 Punkte unter dem langjährigen Durchschnitt liegenden Gesamtbeurteilung der Industriekonjunktur; bei einzelnen Teilkomponenten, etwa der Einschätzung der Auftragslage, sind die Werte noch negativer.

Aktuell zeigt sich der wirtschaftliche Gegenwind ganz konkret in den Rückmeldungen jener Betriebe aus dem Bereich der Metalltechnischen Industrie, die die sogenannte „Wettbewerbssicherungsklausel“ in Anspruch nehmen. In den Kollektivvertragsverhandlungen der Metalltechnischen Industrie im Herbst 2023 wurde eine Wettbewerbs- und Beschäftigungssicherungsklausel vereinbart, die es Unternehmen mit einem hohen Personalkostenanteil (abhängig vom Betriebserfolg) ermöglicht, die vereinbarte KV-Erhöhung, um bis zu 3 % zu reduzieren. Ein Zehntel der Unternehmen - gemessen an den Beschäftigtenzahlen fast ein Viertel der Branche – setzt auf diese Klausel. Dies ist keine Überraschung: In der Metalltechnischen Industrie haben zuletzt 49 % der Unternehmen angegeben, dass die Auftragslage nicht ausreichend ist.

Die in Österreich in den letzten beiden Jahren stark überdurchschnittlichen Inflationsraten haben, über entsprechende Lohn- und Gehaltserhöhungen, zu einer Steigerung der Arbeitskosten geführt, die auf hart umkämpften, globalen Märkten nicht mehr zu verdienen sind. Die Wettbewerbssicherungsklausel ist ein punktueller Versuch, hier einen Ausweg zu finden. Wichtiger wäre aber ein struktureller Eingriff in das österreichische Steuer- und Abgabensystem, das gegenwärtig die Arbeitsleistung im internationalen Vergleich deutlich überdurchschnittlich belastet. Ein politisches Gegensteuern über eine massive Senkung der Lohnnebenkosten ist daher dringend erforderlich.

Neben den Personalkosten sind in der Industrie die Energiekosten von entscheidender Bedeutung. Auch die hohen Energiepreise drücken die Konkurrenzfähigkeit – vor allem energieintensiver Branchen. Es fehlt gerade der energieintensiven Industrie in Österreich ein stabiles regulatorisches Umfeld: Fast alle EU-Mitgliedsländer mit relevanter Industrieproduktion haben ein System der Strompreiskompensation, von der EU beihilfenrechtlich bis zum Jahr 2030 genehmigt. In Österreich wurde hingegen mit dem Stromkosten-Ausgleichsgesetz 2022 eine lediglich einjährige Maßnahme gesetzt. Dass ein Kostenausgleich, der nur 2022 unterstützten Branchen – im Wesentlichen aus den Bereichen Papier, Stahl, NE-Metall und Chemie – erforderlich ist, zeigt die signifikant schwächere Produktion dieser Branchen laut den Konjunkturstatistiken bis September 2023. Die meisten dieser vom Stromkostenausgleich abhängigen Branchen haben einen eklatant stärkeren Rückgang der Produktion als die Gesamtentwicklung der Industrieproduktion. Im Laufe des Jahres 2023 hat in den Branchen ein Beschäftigtenabbau begonnen. Die Stromkosten behindern aber nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit an sich, sondern blockieren auch den - für eine Dekarbonisierung notwendigen - Umstieg auf Strom. Die österreichische Politik muss dringend ein stabiles Modell der Strompreiskompensation bis 2030 umsetzen.

Trotz gegenwärtig schwacher Konjunkturlage sind nicht nur kurzfristige konjunkturpolitische Impulse seitens der Politik gefordert, sondern strategische, strukturelle Maßnahmen im Bereich der Lohnnebenkosten und der Stromkosten. Im Verbund mit der Ermöglichung rascherer und effizienterer Genehmigungsverfahren können diese strukturellen Maßnahmen die Konkurrenzfähigkeit des Standorts Österreich wieder herstellen und sichern und damit Auftragslage und Wertschöpfung unmittelbar ankurbeln, gleichzeitig aber auch das Vertrauen in die Zukunftsfähigkeit des Standorts stärken und so die Investitionstätigkeit fördern.

Autor:in:
Mag. Wolfgang Brenner 
(wolfgang.brenner@wko.at)

Mag. Sandra Lengauer
(sandra.lengauer@wko.at)

Mag. Thomas Stegmüller 
(thomas.stegmueller@wko.at)

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