
Faktencheck
Aktuelle Fragen rund um die Branche
Lesedauer: 7 Minuten
Was Sie schon immer über die Mineralölwirtschaft wissen wollten. Die Fragen und Antworten im Überblick:
Inhaltsverzeichnis
- Wie setzt sich der Kraftstoffpreis zusammen?
- Wieso können sich Tankstellenpreise und Rohölpreise niemals 1:1 verändern?
- Soll die Mineralölsteuer auf Diesel erhöht werden?
- Wie viele Tankstellen gibt es in Österreich?
- Wieviel verdienen die Tankstellen am Kraftstoff?
- Warum sind die Preise an Autobahntankstellen höher?
- Ist der österreichische Tankstellenmarkt transparent?
- Sind E-Fuels eine CO2-arme Alternative zu konventionellen Kraftstoffen?
- Was ist HVO und wo kann der Kraftstoff eingesetzt werden?
Wie setzt sich der Kraftstoffpreis zusammen?
Kraftstoffe gehören zu den am höchsten besteuerten Produkten des Landes: Benzin rund 53 % und Diesel rund 49 %. Neben 20 % Umsatzsteuer sowie CO2-Besteuerung von 55 Euro pro Tonne fallen bei Diesel zusätzlich 39,7 Cent und bei Superbenzin 48,2 Cent Mineralölsteuer pro Liter an. Mit 1. Jänner 2027 wird die CO2-Bepreisung durch den EU ETS II für Gebäude und Verkehr abgelöst. Ab dann müssen Unternehmen für die ihnen zuzurechnenden Emissionen Zertifikate abgeben, die sie über eine Auktionsplattform ersteigern können.
Die Gesamtmenge der Zertifikate für das ETS 2 wird erstmals für 2027 festgelegt und soll linear gekürzt werden. Im Jahr 2024 flossen 3,78 Milliarden Euro an Mineralölsteuer in das Bundesbudget. Mit der Differenz bestreiten die Mineralölunternehmen unter anderem die Kosten für Anschaffung, Transport, Verarbeitung und Veredelung des Rohstoffes in der Raffinerie sowie den Vertrieb und die Pflichtnotstandsreserve.
Wieso können sich Tankstellenpreise und Rohölpreise niemals 1:1 verändern?
Für die Bildung der Tankstellenpreise sind insbesondere der Ölpreis, die internationale Preisentwicklung für Kraftstoffe und der Wechselkurs zwischen US-Dollar und Euro wesentliche Faktoren. Auch Angebot und Nachfrage spielen eine relevante Rolle. Diese Aspekte sind von den Tankstellenunternehmen weder beeinflussbar noch im Vorfeld kalkulierbar.
Die Beschaffungsverträge der Mineralölunternehmen orientieren sich an den Produkt Notierungen und werden diesen preislich angepasst. Preisveränderungen am Rohölmarkt schlagen sich prozentuell immer nur in abgeschwächter Form beim Kraftstoffpreis an der Tankstelle nieder. Das gilt sowohl für Preisschwankungen nach unten als auch für solche nach oben.
Autofahrer tanken kein Rohöl, sondern raffinierte Kraftstoffe. Um aus Rohöl die Produkte Benzin oder Diesel zu erhalten, ist eine kostenintensive Verarbeitung in den Raffinerien notwendig. Zusätzlich werden zur Erfüllung der Anforderungen der Klimaziele erneuerbare Kraftstoffe in immer größeren Mengen beigemischt. Des Weiteren sind Transport- und Vertriebssysteme sowie umfassende Forschungsarbeiten erforderlich, die Personal- und Betriebsaufwendungen erfordern und von den Rohölpreisschwankungen unabhängig sind.
Zu beachten ist auch, dass es sich bei der Mineralölsteuer um eine betragsmäßig fixe Verbrauchsabgabe handelt, unabhängig vom jeweiligen Preisniveau (Mineralölsteuer bei Benzin derzeit 48,2 Cent/Liter, bei Diesel 39,7 Cent/Liter). Rund die Hälfte des Kraftstoffpreises wandert in den Staatshaushalt.
Soll die Mineralölsteuer auf Diesel erhöht werden?
Die Mineralölsteuer auf Diesel ist um 8,5 Cent pro Liter niedriger als die Mineralölsteuer auf Superbenzin, also weniger stark mit Abgaben belastet. Vielfach ist in diesem Zusammenhang von einem "Dieselprivileg" die Rede, das es in dieser Form nicht gibt.
In fast allen EU-Ländern, mit wenigen Ausnahmen, wird Diesel aus überwiegend wirtschaftlichen Gründen niedriger besteuert als Benzin. Denn der um die Steuer bereinigte, durchschnittliche Einkaufspreis für Diesel, ist deutlich höher als der für Superbenzin. Das liegt vor allem an der starken Nachfrage nach Dieselkraftstoff und den damit verbundenen höheren Weltmarktpreisen. Das heißt die bestehende Steuerdifferenz ist eine logische Folge, welche die Konsumenten vor einem Ungleichgewicht bei den Kraftstoffpreisen schützt bzw. jene Wirtschaftszweige stärkt, deren Leistungsfähigkeit u.a. stark mit dem Dieselkraftstoffpreis verbunden sind und damit den Wirtschaftsstandort Österreich insgesamt.
Der Fachverband der Mineralölindustrie (FVMI) spricht sich gegen eine Erhöhung und für eine Ökologisierung der Mineralölsteuer aus. Mit der – im Oktober 2022 eingeführten – CO2-Bepreisung und danach dem ETS II erhöht sich die Belastung auf fossile Kraftstoffe wie Benzin und Diesel bereits kontinuierlich.
Wie viele Tankstellen gibt es in Österreich?
Die zum Jahresende 2024 erhobenen 2.724 öffentlich zugänglichen Tankstellen (davon 1.305 sogenannte Major Branded Stationen der FVMI-Mitgliedsunternehmen Enilive, bp, OMV mit Avanti, Shell und JET) sorgen dafür, dass die Lenkerinnen und Lenker von über 5 Mio. PKW ein dichtes Netz zur Kraftstoffbetankung vorfinden. Hinzu kommen noch hunderttausende Motorräder und Motorfahrräder, Autobusse und Lastkraftwägen, die ebenfalls an den Tankstellen mit Kraftstoffen versorgt werden.
Die Zahl der Tankstellen mit Strom-Ladefunktion ist 2024 auf 230 angestiegen. Insgesamt gibt es in Österreich 795 Strom-Schnelladepunkte an Tankstellen, davon sind 669 Schnellladepunkte ab 150 kW. 118 Tankstellen bieten die Dieselkraftstoff-Alternative HVO 100 (Hydrotreated Vegetable Oil) an, die aus Abfall und Reststoffen hergestellt wird. Darüber hinaus dienen viele Tankstellen als Servicestationen und Rasteinrichtungen auf Reisen aber vielerorts auch als Nahversorger für schnelle Einkäufe.
→ Mehr zur Entwicklung des Tankstellenbestandes
Wieviel verdienen die Tankstellen am Kraftstoff?
Im internationalen Vergleich sind die Brutto-Tankstellenmargen in Österreich im mittleren Bereich, was auch die jährlichen Erhebungen von Wood Mackenzie zeigen. Wichtig ist auch, dass die Brutto-Tankstellenmargen nicht mit dem Gewinn verwechselt werden. So sind diese noch um Kosten wie Transport, Investitionen, Betrieb, Instandhaltung, etc. zu bereinigen, um auf den Nettoertrag zu kommen. Letztendlich bleibt den Mineralölunternehmen bei ihrem Tankstellengeschäft auf das Jahr gerechnet oft weniger als 1 Cent pro verkauftem Liter Kraftstoff übrig.
Warum sind die Preise an Autobahntankstellen höher?
Autobahntankstellen lassen sich nicht mit herkömmlichen Stationen vergleichen und sind insbesondere für den Transitverkehr von großer Relevanz. Abgesehen vom umfangreichen Service, der an Autobahntankstellen geboten wird, sind die Kosten für die Tankstellenunternehmen aus mehreren Gründen deutlich höher als an Standorten abseits der Autobahn.
Allein beim Bau der Station fallen überdurchschnittlich hohe Kosten an. So muss es gemäß den Verträgen eine bestimmte Mindestanzahl an Zapfsäulen geben. Es muss ein gut ausgebauter Parkplatz vorhanden sein und die Tankstelle sowie der Shop müssen 24 Stunden in Betrieb sein, was einen entsprechenden Personaleinsatz erfordert. All das verursacht deutlich mehr Kosten als an Standorten abseits von Autobahnen
Die Autobahntankstellen bieten umfassenden Service im Shop-, Bistro- und Sanitärbereich. Zusätzlich stehen den Konsumenten an den Autobahnstationen Rasthäuser mit einem umfangreichen Angebot an Speisen und Getränken zur Verfügung. In diesem Sinn spricht man von Full-Service-Stationen, die nicht nur die Versorgung entlang der österreichischen Autobahnen rund um die Uhr sicherstellen, sondern auch als Raststationen für Reisende dienen.
Auch die E-Ladepunkte wurden in den vergangenen Jahren, gerade an Autobahntankstellen, deutlich ausgebaut. Im Schnitt sind bereits jetzt alle 60 Kilometer entlang der Autobahnen und Schnellstraßen E-Ladestationen vorhanden (Quelle: ASFINAG).
Ist der österreichische Tankstellenmarkt transparent?
Der Markt funktioniert – die österreichweit unterschiedlichen und im regionalen Wettbewerb sich schnell verändernden Preise zeigen die harte Konkurrenz zwischen den Mineralölunternehmen. Fakt ist auch, dass der österreichische Tankstellenmarkt bei der Preisgestaltung so transparent ist wie kaum ein anderer Markt in Europa oder weltweit.
Der heimische Kraftstoffmarkt unterlag in den letzten Jahren regelmäßigen Untersuchungen. Jedes Mal wurde die marktkonforme Preisgestaltung am österreichischen Tankstellenmarkt bekräftigt. Auch die BWB hat in ihrem Abschlussbericht festgehalten, dass die gestiegenen Preise nicht auf fehlenden Wettbewerb zwischen den Tankstellen zurückzuführen sind.
Die heimischen Mineralölunternehmen leisten in diesem kompetitiven Umfeld Wesentliches, um die Versorgungssicherheit in Österreichs zu stärken. Unsere Mitgliedsunternehmen sind bestrebt, die Preisentwicklung an ihren Tankstellen transparent zu kommunizieren und darzustellen. Über Apps und Internet können die Konsumenten die aktuellen Spritpreise jederzeit und ortsungebunden überprüfen.
Sind E-Fuels eine CO2-arme Alternative zu konventionellen Kraftstoffen?
Um die weltweiten Klimaschutzziele im Verkehrsbereich zu erreichen, sind Verbrennungsmotoren und Flugturbinen, die mit E-Fuels betrieben werden, eine der Möglichkeiten im künftigen Mosaik von Antriebsformen. Vereinfacht ausgedrückt wird dabei Wasserstoff aus erneuerbarer Stromerzeugung mit Kohlendioxid, entweder aus Industrieabgasen oder aus der Luft (Direct Air Capture), zu einem treibhausgasneutralen Kohlenwasserstoff zusammengesetzt. Für diese Verfahren haben sich die Begriffe Power-to-X (PtX), Power-to-Liquid (PtL), Power-to-Gas (PtG) oder E-Fuels durchgesetzt.
Vorteile:
- E-Fuels sind EN-590-ähnliche synthetische bzw. paraffinische Kraftstoffe (gem. EN 15940), wenn sie über den Pfad der Fischer-Tropsch-Synthese hergestellt werden – über die Methanolsynthese werden vorzugsweise EN-228-ähnliche Fuels erzeugt. Werden E-Fuels ausschließlich mit erneuerbaren Energien hergestellt, sind sie weitgehend treibhausgasneutral.
- Im Gegensatz zu Biokraftstoffen stehen E-Fuels nicht in Konkurrenz zu Nahrungsmitteln.
- Die meisten E-Fuels unterscheiden sich technisch nicht von ihren herkömmlichen (fossilen) Pendants (EN 590 Dieselnorm und EN 228 Benzinnorm) – es gibt aber auch deutlich abweichende Varianten, wie DME (Dimethyl Ether) oder OME (Oxymethylenether)-Fuels. Die meisten E-Fuels können jedoch genauso eingesetzt, über das bestehende Tankstellennetz vertrieben und (im Rahmen der technischen EN 228 bzw. EN 590-Vorgaben) beigemischt werden.
- E-Fuels lassen sich wie alle flüssigen Kraftstoffe gut speichern, transportieren und sind vielseitig einsetzbar.
- E-Fuels produzieren keinen Ruß und können zur Verringerung der Stickoxidemissionen beitragen.
Aber:
Der flächendeckende Einsatz von E-Fuels ist allenfalls langfristig denkbar. Die Produktion müsste hochskaliert werden. Und selbst unter günstig(st)ten Bedingungen wären E-Fuels immer noch zwei bis dreimal so teuer wie fossile Kraftstoffe. Schließlich ist da die Herstellung von E-Fuels sehr aufwendig.
Was ist HVO und wo kann der Kraftstoff eingesetzt werden?
HVO (Hydrotreated Vegetable Oil), ist ein nicht-fossiler Kraftstoff (paraffinischer Dieselkraftstoff oder XTL), der aus biogenen Rohstoffen pflanzlichen oder tierischen Ursprungs unter Druck und bei hohen Temperaturen gewonnen wird.
HVO-Diesel gilt als ein vielversprechender Diesel-Ersatz und kann in fast jedem Dieselmotortyp ohne Nachrüstung genutzt werden. Als nachhaltig gilt HVO, weil als Ausgangsstoff Altspeiseöle oder tierische Fette dienen − also Abfall, der sinnvoll verwertet wird. Im Unterschied zu Kraftstoffen aus Palmöl oder anderen Ölpflanzen steht die Herstellung von HVO nicht in Flächenkonkurrenz mit Futter- oder Lebensmitteln.
Der Kraftstoff hat durch die Verwendung von nachwachsenden Rohstoffen eine bessere Klimabilanz, verfügt über eine ganzjährige Kältefestigkeit, verbrennt effizienter, und es entsteht weniger Motorenlärm und Ruß. HVO ist frei von Schwefel und Aromaten und daher weniger schädlich für die Umwelt. HVO kann in reiner Form verwendet werden, aber auch dem fossilen Diesel beigemengt werden.
HVO trägt erheblich zur Dekarbonisierung des Transports bei, insbesondere in den sogenannten "Hard to abate"-Sektoren wie dem Schwerlastverkehr. Auch in der Luft- und Schifffahrt wird HVO bereits eingesetzt, nachdem die Einsparungspotenziale hier besonders hoch sind.
Derzeit ist HVO in der Produktion noch teurer als fossiler Diesel, vor allem aufgrund des aufwendigen Herstellungsprozesses und der Notwendigkeit von bestimmten Rohstoffen. Technologische Fortschritte und größere Produktionsmengen werden dazu beitragen, HVO wettbewerbsfähig zu machen. Entsprechende politische Rahmenbedingungen können unterstützen.