Klimaschutz: Nur mit der Industrie realisierbar
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Die österreichische Industrie kann auf eine jahrzehntelange Geschichte massiver und erfolgreicher Anstrengungen im Bereich des Umweltschutzes verweisen. Sie ist bereit und interessiert, ihren Beitrag zur Erreichung der Klimaneutralität zu leisten. Dazu bedarf es – neben Energie und Rohstoffen zu wettbewerbskonformen Preisen – vor allem zukunftsorientierter Rahmenbedingungen.
Sauberkeit der Gewässer, Verbesserung der Luftqualität, erhöhte Recyclingquote und ordentliches Abfallmanagement: Selbst wenn heute jemand bereits am Ende einer langen Laufbahn in der Industrie steht, haben ihn diese Themen während seiner ganzen beruflichen Tätigkeit begleitet. Zudem gehört es zu den Grundlagen jeder wirtschaftlichen Aktivität, schon aus finanziellen Gründen mit Ressourcen – wie Rohstoffen oder Energie – möglichst sparsam umzugehen.
Folglich ist die österreichische Industrie heute umweltfreundlicher und ressourceneffizienter denn je zuvor.
Die ambitionierte Reduktion der Treibhausgasemissionen mit dem Ziel der Klimaneutralität stellt für die Industrie nicht eine „Wende“ dar, sondern die Fortsetzung eines bewährten Weges. Gerade die reiche Erfahrung der letzten Jahrzehnte gibt der Industrie Grund zur Zuversicht, dass dieser Weg erfolgreich beschritten werden kann. Dabei müssen aber die Erfahrungen aus der betrieblichen Praxis berücksichtigt werden.
Damit Unternehmen Investitionen im Umweltbereich erfolgreich umsetzen können, müssen sie international wettbewerbsfähig sein. Daher ist und bleibt eine zentrale Forderung der Industrie, die negativen Auswirkungen des Klimawandels durch starkes gemeinsames Engagement auf globaler Ebene zu bekämpfen; der Abschluss verbindlicher internationaler Vereinbarungen etwa zur CO2-Bepreisung ist dabei von essentieller Bedeutung. Gleichzeitig braucht die Industrie einen wirkungsvollen und umfassenden Schutz vor Carbon Leakage.
Die zweite zentrale Erfahrung besteht darin, dass die Anhebung von Kosten für unerwünschtes Umweltverhalten nur dann tragfähig ist, wenn diese Verteuerung schrittweise erfolgt. Zu rasche einseitige Verteuerungen entziehen den Unternehmen hingegen die Mittel, die für Investitionen und Innovationen dringend gebraucht werden. Die Industrie sieht daher die mitunter geäußerte Zufriedenheit über die signifikant gestiegenen Energiepreise sehr kritisch. Gerade die energieintensiven Branchen sind enorm unter Druck geraten. Aus Sicht der Industrie ist die öffentliche Hand gefordert, beihilfenkonforme Möglichkeiten zur Kostenreduktion auszuschöpfen und durch entsprechende Rahmenbedingungen die dringend erforderliche Versorgungssicherheit bei konventionellen Energieträgern wie auch bei erneuerbaren Energien zu wettbewerbsfähigen Kosten zu gewährleisten.
Ein weiterer, zentraler Punkt der Erfahrung aus den Umweltmaßnahmen der vergangenen Jahrzehnte ist die entscheidende Bedeutung von Innovation. Die Innovationskraft der Industrie ist erstaunlich, und sie ist der wohl entscheidende Faktor für substantielle Fortschritte am Weg zur Klimaneutralität. Nur durch Innovation (und darauf aufbauende Investitionen) kann gewährleistet werden, dass das erreichte Niveau an Wohlstand und Lebensqualität nicht den energie- und umweltpolitischen Zielen geopfert werden muss. Um ein konkretes Beispiel zu nennen: Menschen ist die Art des Antriebs ihres Autos wohl mehrheitlich egal, aber die grundsätzliche Möglichkeit des Individualverkehrs ist ein Stück Freiheit, dass sich nur wenige werden nehmen lassen wollen. Um neue Technologien zu entwickeln, bedarf es daher auch einer entsprechenden Förderkulisse. Die Erfahrung zeigt dabei, dass diese technologieoffen gestaltet sein soll, da die Industrie oft innovativere und praxistauglichere Lösungen hervorbringen kann, als die Autoren von Förderrichtlinien.
Diese Erfahrungen sind der Hintergrund für eine Liste an Forderungen, die seitens der Industrie jüngst bei der Spartenkonferenz beschlossen und den politischen Entscheidungsträgern übermittelt wurde (Details dazu werden in einem eigenen Beitrag dieses Newsletters genannt). Sorge herrscht in der Industrie nicht so sehr vor der Bewältigung der massiven Herausforderungen, wohl aber vor einer populistischen Verkürzung notwendiger Fristen bei gleichzeitiger einseitiger Anhebung der Zielwerte. Was technisch und organisatorisch nicht machbar ist, kann auch die Politik nicht durch einseitige Beschlüsse erzwingen. Die österreichische und vor allem auch die europäische Politik sollten sich stattdessen auf die Schaffung bestmöglicher, den Erfordernissen unternehmerischer Praxis entsprechender Rahmenbedingungen konzentrieren.
Nur wenn die Industrie am Standort Österreich bzw. Europa konkurrenzfähig bleibt, kann sie für jenes Niveau an Wertschöpfung sorgen, das zur Finanzierung dieses Weges unverzichtbar ist.
Mag. Sigi Menz
Obmann der Bundessparte Industrie
Stand: 06.12.2021