Vereinigte Arabische Emirate: Recht, Steuern, Investitionen
Von Entsendung bis Firmengründung: Lokales Fachwissen – unbürokratisch und verlässlich
Lesedauer: 7 Minuten
Beratung in Rechtsfragen
Andere Länder, andere Regeln: Bei Export, Import und Firmengründung müssen lokale Gesetze beachtet werden. Damit Sie nicht in teure Verfahren verwickelt werden, gilt: Besser vorher abklären, was die Spielregeln sind.
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Arbeitsrecht und Entsendung
Am 2.2.2022 ist in den Vereinigten Arabischen Emiraten ein neues Arbeitsrecht in Kraft getreten (Bundesgesetz Nr. 33/2021), das für alle Arbeitnehmer im Privatsektor in den VAE zur Anwendung kommt. Die wichtigsten Bestimmung sind:
Es können nur befristete Arbeitsverträge abgeschlossen werden. Die Dauer der Befristung kann frei vereinbart werden. Ein Richwert sind 3 Jahre. Nach Ablauf der Befristung, kann der Vertrag verlängert werden.
Es sind sowohl Voll- als auch Teilzeitverträge möglich und es wurde die Möglichkeit für „Remote“- und flexible Arbeitsverträge (Home Office) geschaffen.
Die maximale Arbeitszeit beträgt acht Stunden pro Tag oder 48 Stunden pro Woche.
Zwei Überstunden pro Tag sind zulässig. Dabei darf die gesamte Arbeitszeit innerhalb von drei Wochen 144 Stunden nicht übersteigen. Der Überstundenzuschlag beträgt mindestens 25 % des Grundgehaltes. Der wöchentliche Ruhetag kann vertraglich vereinbart werden.
Eine Kündigungsfrist zwischen 30 und 90 Tagen kann vereinbart werden. Die Kündigung des Arbeitsvertrages ist jedoch nur aus berechtigten Gründen möglich. Unabhängig vom Kündigungsgrund und auch bei Kündigung seitens des Arbeitnehmers besteht ein Anspruch auf Abindung (End-of-Service Gratuity).
Für die Entsendung von Personal zur Durchführung von Montage- oder Wartungsarbeiten an Anlagen sind die folgenden Punkte zu beachten: vor der Durchführung solcher Arbeiten ist vom Auftraggeber in den VAE für das zu entsendende Personal ein sogenanntes „Mission Visa“ zu beantragen. Dieses Visum gibt dem vom ausländischen Unternehmen entsandten Personal die rechtliche Befugnis, diese Arbeiten in den VAE durchzuführen. Die Gültigkeitsdauer ist entweder zeitlich befristet oder abhängig von der Fertigstellung eines spezifischen Projekts. Es ist nur eine einmalige Einreise möglich; bei der ersten Ausreise verliert dieses Visum seine Gültigkeit. Das Visum kann beim Ministry of Human Resources and Emiratisation (MOHRE) in den VAE vom lokalen Auftraggeber beantragt werden. Das „Mission Visa“ kann lediglich einmal verlängert werden.
Nach §3 Abs.2 des österreichischen ASVG gelten österreichische Arbeitnehmer auch bei Entsendung weiterhin als österreichische Arbeitnehmer, sofern die Entsendung nicht länger als fünf Jahre dauert, und können daher weiterhin von der österreichischen Sozialversicherung erfasst werden. Längere Entsendungszeiten müssen beantragt werden. Es besteht kein Sozialversicherungsabkommen zwischen Österreich und den VAE.
Auf Basis des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Österreich und den VAE sind entsandte Mitarbeiter, die in Österreich steuerlich ansässig sind, auch mit dem in den VAE erwirtschafteten Einkommen in Österreich einkommenssteuerpflichtig. Diese Bestimmung gilt unabhängig von der Dauer der Entsendung.
Steuerliche Rahmenbedingungen
Mit dem Bundesgesetz Nr. 8/2017 wurde in den VAE eine Mehrwertsteuer in Höhe von 5 % auf Produkte und Dienstleistungen eingeführt. In den VAE ansässige Unternehmen müssen eine Mehrwertsteuer-Registrierung vornehmen, wenn die steuerpflichtigen Umsätze (Lieferungen und Dienstleistungen) AED 375.000 pro Jahr überschreiten.
Eine Verbrauchsteuer (Excise Tax) wurde mit Bundesgesetz Nr. 7/2017 in den VAE eingeführt. Die Liste der Produkte, bei denen es sich um verbrauchsteuerpflichtige Waren handelt, umfasst kohlensäurehaltige Getränke (50 %), Energiegetränke (100 %) und Tabak sowie Tabakerzeugnisse (200 %).
Mit Wirkung ab 1.6.2023 wird in den VAE auch eine Körperschaftssteuer mit einem Steuersatz in Höhe von 9 % gelten. Die Steuer fällt auf den Jahresgewinn für Geschäftsjahre ab Juni 2023 an und gilt für Gewinne über dem Freibetrag von AED 375.000.
Unternehmen in Freizonen (Freezones) werden unter bestimmten Bedingungen von der Körperschaftssteuer befreit sein.
Auf Einkommen von unselbständigen Arbeitnehmern, Einkünfte aus Immobilien oder Kapitalerträge wird aktuell in den VAE keine Steuer erhoben.
Zwischen Österreich und den VAE wurde ein Doppelbesteuerungsabkommen unterzeichnet, das am 1.1.2005 in Kraft trat.
Doppelbesteuerungsabkommen
Österreich hat mit zahlreichen Staaten Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen. Diese verhindern eine doppelte Besteuerung bei grenzüberschreitenden Aktivitäten. Das Bundesministerium für Finanzen stellt wichtige Informationen sowie eine Liste aller österreichischen Doppelbesteuerungsabkommen zur Verfügung.
Firmengründung und Investition
Grundlage für das Gesellschaftsrecht in den VAE ist neben einigen Vorschriften im Zivilgesetzbuch (vgl. Punkt 2.3) das Bundesgesetz Nr. 32/2021 „Commercial Company Law“ (Gesetz über Handelsgesellschaften, „CCL“). Dieses ist zum 2. Jänner 2022 in Kraft getreten und ermöglicht die Gründung von in 100% ausländischem Eigentum stehenden Gesellschaften für ausgewählte Wirtschaftsbereiche. Auch bereits bestehende Unternehmen können ihre Gesellschaftsanteile entsprechend anpassen. Es empfiehlt sich, bei unklaren Regelungen professionellen Rat einzuholen, um überprüfen zu lassen, ob für bestimmte Wirtschaftsaktivitäten tatsächlich 100% ausländisches Eigentum möglich ist.
Die von ausländischen Investoren bevorzugte Unternehmensform ist die „Limited Liability Company“ (LLC). Sie entspricht der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) nach österreichischem Recht und ist die am häufigsten vorkommende Gesellschaftsform in den VAE außerhalb der Freizonen (Freezones).
Zur Gründung einer LLC ist kein Mindestkapital im Gesetz vorgeschrieben; in den Gesellschaftsverträgen wird vom Notar normalerweise dennoch ein Gesellschaftskapital von AED 300.000 (Dubai) bzw. AED 150.000 (andere Emirate) verlangt, wobei es hierbei auch zu Ausnahmeregelungen kommen kann. Ab fünfzehn Gesellschaftern ist ein Aufsichtsrat zwingend erforderlich. Auch Ein-Mann-Gesellschaften mit nur einer natürlichen oder juristischen Person als Gesellschafter sind möglich.
Es können auch zwei Arten zur Gründung von unselbständigen ausländischen Niederlassungen in den VAE gegründet werden: eine Zweigniederlassung („Branch Office“) oder ein Repräsentanzbüro („Representative Office“). Beide sind keine juristischen Personen, sondern Teil der ausländischen Muttergesellschaft, wobei sie zu 100% im Eigentum der Muttergesellschaft stehen müssen.
Der ursprüngliche Vorteil von unselbständigen Niederlassungen gegenüber eigenständigen Gesellschaften, dass keine lokale Mehrheitsbeteiligung erforderlich ist, fällt seit 2022 weg. Die Bedeutung der Zweigniederlassung wird wegen der Möglichkeit von 100%-igem ausländischen Eigentum wahrscheinlich zurückgehen.
Als Alternative zur Gründung einer Gesellschaft im Staatsgebiet kommt das Errichten eines Unternehmens („Free Zone Company“) in einer der zahlreichen Freihandelszonen („Free Zones“) der VAE in Betracht. Der Zweck von Freihandelszonen ist die Förderung ausländischer Investitionen. Der Hauptvorteil der Firmengründung in diesen Investitionsparks nämlich die Möglichkeit, 100% Eigentum am gegründeten Unternehmen zu halten, fällt nun weg. Eine Gründung in einer Freihandelszone kann trotzdem viele weitere nennenswerte Vorteile mit sich bringen.
Von speziellem Interesse sind Freihandelszonen für all jene Unternehmen, die die VAE als Basis für ihre Tätigkeiten in der Nahost-Region wählen und die für diesen Zweck einen Warenumschlagsplatz bzw. eine Produktions- oder Assemblierungsstelle etablieren möchten. Der beabsichtigte Standort und Gesellschaftszweck sind entscheidend für die Auswahl der Zone.
Investitionsschutz
Über 60 bilaterale Investitionsschutzabkommen schützen österreichische Unternehmen mit Auslandsinvestitionen vor Benachteiligung und entschädigungsloser Enteignung. Wir geben Ihnen einen Überblick über die Handels- und Investitionsabkommen der EU mit Drittstaaten. Das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft veröffentlicht eine Liste aller bilateralen österreichischen Investitionsschutzabkommen.
Vertretungsvergabe
Die Bereiche Handelsvertreter und Vertriebshändler zählen zu den komplexesten Thematiken in der arabischen Geschäftswelt. In kaum einem anderen Vertragswerk können für den unerfahrenen Kaufmann als Prinzipal so viele Tücken und Unwegsamkeiten enthalten sein wie in einem Handelsvertretervertrag. Dabei kann dieser sich keinesfalls auf den Wortlaut des Vertrages berufen, ohne auch die gesetzlichen Grundlagen und die praktische Handhabung zu kennen. Oftmals muss der Kaufmann erkennen, dass vertragliche Vereinbarungen aufgrund zwingender gesetzlicher Vorschriften keinen Bestand haben. Zudem muss über die kodifizierten Regelungen hinaus das islamisch geprägte Verständnis beachtet werden. Dieses kann für den westlichen Geschäftspartner bei der Durchsetzung seiner angenommenen, vertraglich doch so eindeutig definierten Positionen zu überraschenden und oftmals wirtschaftlich fatalen Ergebnissen führen. Solche Schwierigkeiten treten im Rahmen von Handelsvertreterverträgen nicht selten auf (bspw. Loslösung vom eingegangenen Handelsvertretervertrag, streitige Auseinandersetzung zwischen Prinzipal und Handelsvertreter, Ausgleichszahlungen und Bestellung eines neuen Handelsvertreters).
Die VAE haben den Reformbedarf bezüglich dieser für ausländischen Unternehmen unbefriedigenden Situation erkannt und das Handelsvertreterrecht zuletzt mit Wirkung zum 15.6.2023 liberalisiert.
Art. 3 und 4 HVG bzw. die Verwaltungspraxis des Ministry of Economy knüpfen die Wirksamkeit der Bestellung eines Handelsvertreters an gewisse Mindestanforderungen. Hier empfiehlt sich aber immer, die aktuelle Verwaltungspraxis des Ministry of Economy abzufragen.
Voraussetzungen sind u. a.:
- Der Handelsvertretervertrag muss in Schriftform vorliegen.
- Der Handelsvertretervertrag muss notariell beglaubigt sein.
- Der Handelsvertreter bzw. die Handelsvertretung muss in dem dafür vorgesehenen Register bei dem Wirtschaftsministerium registriert sein.
- Wenngleich nicht von Gesetzes wegen gefordert, bedarf der Handelsvertretervertrag entsprechend der Verwaltungspraxis des Wirtschaftsministeriums zur Eintragung mindestens einer arabischen Übersetzung (insofern sind bilinguale Fassungen (zumeist Englisch/Arabisch) die gängige Anwendungspraxis).
Stand: 28.12.2023