Kanada: Recht, Steuern, Investitionen
Von Entsendung bis Firmengründung: Lokales Fachwissen – unbürokratisch und verlässlich
Lesedauer: 7 Minuten
Beratung in Rechtsfragen
Andere Länder, andere Regeln: bei Export, Import und Firmengründung müssen lokale Gesetze beachtet werden. Damit Sie nicht in teure Verfahren verwickelt werden, gilt: Besser vorher abklären, was die Spielregeln sind.
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Arbeitsrecht und Entsendung
In Kanada fällt die Materie Arbeitsrecht grundsätzlich in die Kompetenz der Provinzen. Der Bund ist jedoch für bestimmte Industriezweige, wie beispielsweise Rundfunk, Telekommunikation, Post- und Bankwesen, Flughäfen sowie diverse Transportgewerbe zuständig. Sowohl in Bundes- als auch Provinzgesetzen finden sich Bestimmungen, welche Tarifverhandlungen, grundlegende Arbeitnehmerrechte sowie die Erfordernisse fairer Arbeitsbedingungen gesetzlich verankern.
In Kanada sind bei der Beschäftigung von Arbeitnehmenden prinzipiell die gleichen Aspekte wie in Österreich zu berücksichtigen. Diese sind beispielsweise Arbeitszeiten und Prämien, Mindestlohn, Urlaub, Arbeitslosen- und Arbeitsunfallversicherung, Renten und Qualifikationen. Auf Bundesebene ist das Arbeitsrecht im Canada Labour Code, auf Provinzebene in den jeweiligen Employment Standards Gesetzen geregelt.
Entsendung
Österreichische Firmen, die Arbeitskräfte kurz- oder längerfristig nach Kanada entsenden, müssen jedenfalls vorab klären, ob dafür eine Arbeitserlaubnis bzw. ein entsprechendes Visum notwendig ist.
Generell ist für die Erwerbstätigkeit einer ausländischen Person in Kanada eine Arbeitserlaubnis (working permit) notwendig. Dieses kann online (MyCIC), persönlich bei einer Visumantragsstelle oder unmittelbar bei Ankunft am Flughafen in Kanada beantragt werden. Ein solcher Antrag kann entweder im Rahmen des Programms für Befristete Ausländische Arbeitskräfte (TFWP) oder des Internationalen Mobilitätsprogramms (IMP) gestellt werden. Der Unterschied liegt darin, dass bei Anträgen im Rahmen des TFWPs eine sog. Arbeitsmarktverträglichkeitsprüfung (LMIA) eingeholt werden muss, wohingegen Anträge des IMPs von dieser Verpflichtung ausgenommen sind. Eine Beschäftigung mittels TFWP ist folglich nur dann möglich, wenn der/die Arbeitgeber:in nachweist, dass qualifizierte kanadische Staatsbürger:innen oder Personen mit ständigem Wohnsitz in Kanada nicht verfügbar sind.
Die für ausländische Arbeitgeber:innen besonders attraktive IMP-Kategorie umfasst unter anderem die häufig genutzte Arbeitsgenehmigung für firmeninterne Entsendungen (ICT) sowie jene für Ehepartner:innen. Ein solches Intra-Company-Transferee unterliegt allerdings bestimmten Beschränkungen hinsichtlich der umfassten Personengruppe (leitende Angestellte, Fachkräfte oder Auszubildende mit Hochschulabschluss) und kann auch nur ab einer Beschäftigungsdauer von einem Jahr (zum Zeitpunkt der Antragsstellung) beim entsendenden Unternehmen gestellt werden. Neben ICT bestehen noch LMIA-Ausnahmen für Investor:innen und Vertragliche Dienstleistungserbringer:innen sowie bestimmte selbständige Fachleute (jeweils max. 12 Monate).
Für Geschäftsreisen hingegen ist keine Arbeitserlaubnis erforderlich und sog. Business Visitors können für internationale Geschäftstätigkeiten in Kanada bis zu 90 Tage innerhalb von sechs Monaten arbeiten (vorausgesetzt, Hauptquelle der Vergütung bzw. Hauptgeschäftssitz des Unternehmens sind überwiegend außerhalb Kanadas und Geschäftsreisende haben nicht die Absicht, hier erwerbstätig zu werden). Hierfür genügt (wie generell für österreichische Staatsbürger:innen bei Einreise nach Kanada für bis zu sechs Monate) eine elektronische Reiseautorisierung (eTA).
Steuerliche Rahmenbedingungen
In den letzten Jahren hat ein massives Steuersenkungsprogramm die Attraktivität des kanadischen Steuersystems noch erheblich erhöht. Im Allgemeinen gibt es in Kanada ein zweistufiges Steuersystem, das neben dem Bund auch den einzelnen Provinzen das Recht zur Steuereinhebung gibt, weshalb es zu einer von Provinz zu Provinz verschiedenen Besteuerung kommt.
Für Exporte nach Kanada ist die (echte) Steuerbefreiung auf Ausfuhrlieferungen relevant. Diese Steuerbefreiung bewirkt, dass für Ausfuhrlieferungen, ähnlich den innereuropäischen Lieferungen, keine österreichische Umsatzsteuer ausgewiesen und abgeführt werden muss. Im Bestimmungsland muss dann im Gegenzug in der Regel eine Einfuhrumsatzsteuer abgeführt werden.
Die Umsatzsteuer ist in Kanada zwischen Gesamtstaat und Provinzen aufgeteilt. In einigen Provinzen gibt es eine eigene Umsatzsteuer, die PST = Provincial Sales Tax. Generell unterliegen nach Kanada importierte Waren daher der föderalen GST (Goods and Services Tax bzw. französisch TSP) bzw. dem Bundesanteil der HST (Harmonized Sales Tax: der Provinzanteil wird von der staatlichen Steuerbehörde CRA - Canada Revenue Agency - eingehoben und an die Provinzen weitergeleitet).
Es besteht eine Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von 5 %. Verantwortlich für dessen Abführung ist der sogenannte importer of record (jene Person oder jenes Unternehmen, das gegenüber den kanadischen Behörden als Importeur auftritt). Im Hinblick auf die Abfuhr der Einfuhrumsatzsteuer ist zu beachten, dass beim Export einer Ware aus Österreich nach Kanada das Reverse Charge-Verfahren nicht zur Anwendung gelangt!
Abgesehen davon ist beim Import noch zu berücksichtigen, dass auf gewisse Warengruppen (insbesondere Mineralölprodukte, Tabakprodukte, alkoholische Getränke und Kraftfahrzeuge) spezielle Verbrauchssteuern und Verbrauchszölle erhoben werden. Diese sind im Excise Act und Excise Tax Act festgelegt und werden beim Import der Ware fällig.
Wird eine Dienstleistung von einem nicht ansässigen Unternehmen (non-resident) in Kanada durchgeführt (engl. rendered in Canada) kann der kanadische Kunde verpflichtet sein eine Quellensteuer (Withholding Tax) vom Rechnungsbetrag einzubehalten (idR 15%). Grundsätzlich sind alle denkbaren Dienstleistungen von dieser Steuer erfasst. Allerdings können, bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen, Quellensteuerzahlungen vom kanadischen Finanzamt mittels Steuerausgleich rückgefordert werden, durch vorheriges Ansuchen auf einen Waiver vorab vermieden bzw. durch eine Reduction vermindert werden. Bei Bestehen eines Doppelbesteuerungsabkommens kann man durch Inanspruchnahme eines Steuerprivilegs befreit werden, bzw. ist eine Reduktion möglich.
Abgesehen davon gibt es noch eine Quellensteuer für Zahlungen an nicht in Kanada ansässige Personen (Part XIII Tax, 25%).
Doppelbesteuerungsabkommen mit Österreich
Österreich hat mit zahlreichen Staaten Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen, so auch mit Kanada. Diese verhindern eine doppelte Besteuerung bei grenzüberschreitenden Aktivitäten. Das Bundesministerium für Finanzen stellt wichtige Informationen sowie eine Liste aller österreichischen Doppelbesteuerungsabkommen zur Verfügung.
Handelsabkommen
CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement) ist ein umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen, das zwischen Kanada und der EU verhandelt und seit September 2017 in Kraft ist. Gerade österreichische Unternehmen - vor allem kleine und mittlere, aber auch große - profitieren davon bei ihren Kanadageschäften.
Der weitgehende Wegfall von Zöllen und anderen Handelshemmnissen, ohne dabei unsere Produkt- und Schutzstandards zu senken, Erleichterungen im Handel mit Dienstleistungen, ein verbesserter Zugang zu öffentlichen Aufträgen in Kanada, der Schutz geografischer Herkunftsbezeichnungen sowie die Einführung eines neuen Gerichtssystems für den Schutz gegenseitiger Direktinvestitionen sind die wichtigsten Eckpunkte von CETA.
Firmengründung und Investition
Kanada ist als Firmenstandort in Nordamerika durchaus attraktiv: niedrige Gründungskosten und Unternehmensbesteuerung sowie die Einbettung in das nordamerikanische Freihandelsabkommen USMCA (in Kanada: CUSMA) in Verbindung mit CETA.
Bei der Auswahl des künftigen Firmensitzes sollte auf den Unterschied im kanadischen Rechtssystem geachtet werden: es wird sowohl das britische Common-Law-System, als auch das auf dem französischen Code Civil basierende Civil Law (Provinz Québec) angewendet.
Nach kanadischem Recht können Unternehmen zwischen einer Gründung auf Provinz- oder Bundesebene wählen, für kanadaweite Aktivitäten empfiehlt sich eine Gründung auf Bundesebene. Je nachdem, ob auf föderaler oder provinzieller Ebene gegründet wird, gelten unterschiedliche Rechtsgrundlagen.
Eine der wichtigsten Fragen bei der Expansion nach Kanada ist weiters, ob ein Tochterunternehmen (subsidiary) oder eine Zweigniederlassung (branch) gegründet werden soll. Vorteil der ersteren Option ist unter anderem der Zugang zu staatlichen Beihilfen und die Haftungsbeschränkung des Mutterunternehmens. Für zweitere spricht der Umstand, dass das Mutterunternehmen eventuelle Verluste der kanadischen Niederlassung gegen ausländische Einkünfte in Abzug bringen kann und dadurch einen Steuervorteil erhält. Allerdings fällt bei einer Niederlassung die sog. „branch tax“ (25%) an.
Die geläufigsten Unternehmensformen für ausländische Investoren In Kanada sind Sole Proprietorship (Einzelunternehmen), Private oder Public Corporation (Kapitalgesellschaften), General oder Limited Partnership (Personengesellschaften) oder Joint Venture.
Die meisten europäischen Unternehmen gründen eine Kapitalgesellschaft, da diese Unternehmensform den Vorteil der beschränkten Haftung der Gesellschafter mit sich bringt. Im Unterschied zu Österreich ist zu deren Gründung keine Mindestkapitaleinlage erforderlich. Insbesondere für ausländische Investor:innen gilt allerdings zu beachten, dass der Canada Business Corporations Act (CBCA, relevant nur für Gründungen auf föderaler Ebene) spezielle Anforderungen an den Director stellt, den jede Gesellschaft benötigt: mindestens 25% des „Boards of Directors“ müssen „Canadian residents“ sein, das heißt entweder die kanadische Staatsbürgerschaft oder den Status des „permanent resident“ besitzen.
Für EU-Unternehmen garantiert CETA bevorzugten Zugang zum nordamerikanischen Markt und bietet erhöhte Sicherheit, geringere Beschränkungen, Transparenz, nicht-diskriminierende Behandlung und verbesserten Schutz von Investitionen. Kanada hat Investitionsabkommen mit allen 27 EU-Mitgliedstaaten abgeschlossen.
Vertretungsvergabe
Das Handelsvertreterrecht ist in Kanada auf föderaler Ebene nicht geregelt. Auf Provinzebene gibt es nur vereinzelt Gesetze, welche unter anderem die Vollmacht betreffen. Ansonsten wird das Vertretungsrecht aufgrund des in Kanada (mit Ausnahme von Quebec) bestehenden Common-law-Systems stark durch die existierende Rechtsprechung definiert und herrscht in Bezug auf die Rechtslage in den Provinzen mit englischer Rechtstradition weitgehend Übereinstimmung. Im Gegensatz dazu finden sich in Quebec im Civil Code Bestimmungen zur sog. Agency relationship als Auftragsvertrag. In Ermangelung eines ausformulierten Handelsvertreterrechts ist daher zu empfehlen, einen schriftlichen Vertretungsvertrag unter Beiziehung einer lokalen Rechtsberatung aufzusetzen. Grundsätzlich gilt das Prinzip der freie Vertragsgestaltung.
In jedem Handelsvertreterverhältnis schuldet der Handelsvertreter seinem Geschäftsherrn bestimmte treuhänderische Pflichten, die durch ausdrückliche Vereinbarung im „agency agreement“ von unterschiedlicher Ausprägung sein können. Im Allgemeinen darf der Vertreter seine Vollmacht nicht ohne Zustimmung des Geschäftsherrn an Dritte übertragen, sofern nicht per Gesetz oder im Vertrag ausdrücklich anders geregelt.
Grundsätzlich können die Parteien im „agency agreement“ das maßgebende Recht sowie den Gerichtsstand frei vereinbaren. Es steht ihnen außerdem frei, eine Streitbeilegungsklausel bzw. einen Streitbeilegungsmechanismus vorzusehen, der für beide verbindlich ist. Da sowohl Österreich als auch Kanada Mitgliedstaaten des Haager Gerichtsstandsübereinkommens von 2005 sind, werden die Urteile des gewählten Gerichts in den jeweiligen Staaten anerkannt.
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