Die Fäden-Zieher
Seit 26 Jahren lassen Christine Hierzer-Riedler und Werner Hierzer im Marionettentheater Schloss Schönbrunn die Puppen tanzen.
Lesedauer: 2 Minuten
Papagena im Federnkleid, Mozart im roten Gehrock und Sisi vielfach in unterschiedlicher Garderobe: 500 Figuren gehören zum Ensemble des Marionettentheaters Schloss Schönbrunn. Jede davon ist ein Kunstwerk: handgeschnitzt aus Zirbenholz, die Kleidung maßgeschneidert aus handbemalten Stoffen. Sie sind die Stars auf der Bühne des Marionettentheaters.Die Fäden im Hintergrund ziehen Christine Hierzer-Riedler und Werner Hierzer. Seit mehr als vier Jahrzehnten sind sie dem Marionettenspiel verfallen. Und das kam so: Als junger Mann besuchte Werner Hierzer eine Freundin, die im Salzburger Marionettentheater arbeitete. „Als der Vorhang aufging, wusste ich: Das ist es”, schildert er den Moment, als ihn die Leidenschaft für das Metier packte.
Die Spieltechnik ist einzigartig
Viele Jahre war er mit seiner Partnerin Christine Hierzer-Riedler, die er mit dem Theatervirus ansteckte, Teil des Salzburger Marionettentheaters. Beide erlernten und perfektionierten dort die Kunst des Salzburger Marionettenspiels - seit dem Vorjahr sogar immaterielles Unesco-Kulturerbe: Die Marionetten hängen an langen Fäden, die an speziellen Führungskreuzen befestigt sind. Die Spieler bewegen sie von oben, auf einem Bühnenüberbau stehend. Die Bewegungen der Marionetten wirken so sehr natürlich. „Es dauert Jahre, bis man richtig gut spielen kann”, weiß Werner Hierzer. Die Zeit in Salzburg sei eine schöne gewesen, sagt Christine Hierzer-Riedler. Dennoch entstand Anfang der 1990er Jahre der Wunsch nach einem eigenen Theater.
Die Idee fiel auf fruchtbaren Boden. Seit 1994 ist das Marionettentheater Schloss Schönbrunn Teil der Wiener Kulturlandschaft. Im Repertoire sind Opern, Musicals und Ballett für Kinder und Erwachsene. Mit seinen Produktionen tourt das Marionettentheater auch regelmäßig durch die Welt. Weil Live-Musik und Sprecher bei jeder Aufführung viel zu teuer wären, werden Text und Musik vorab aufgenommen. „Das erfordert präzises Timing beim Spielen der Marionetten”, sagt Werner Hierzer. Zwölf Spieler zählt die Crew aktuell, alle von ihm und Christine Hierzer-Riedler in der Salzburger Spielkunst ausgebildet.
Übergabe steht und fällt mit finanzieller Unterstützung
Privat gehen beide seit längerem getrennte Wege. Ihr „Baby”, das Theater, führen sie weiter gemeinsam. Ihre Handschrift ist überall: Sie spielen bei jeder Aufführung, Werner baut Figuren und Dekoration und inszeniert die meisten Stücke, Christine fertigt die Kostüme. Corona ist eine Herausforderung. „60 Prozent unserer Besucher sind Touristen. Jetzt müssen wir allein von den Wienern leben”, sagt Hierzer-Riedler. Und das sei schwierig, auch wenn über den Sommer im Freien gespielt wurde.
Eine kontinuierliche Förderung durch die Stadt Wien könnte Abhilfe schaffen - auch weil die Gründer ihr Lebenswerk nun weitergeben möchten. „Ein Nachfolger bräuchte finanzielle Sicherheit, das hat uns Corona gezeigt. Damit steht und fällt die Übergabe”, so die Prinzipalin. Auch die Einbindung in einen größeren Theaterverband wäre denkbar. Mit entsprechendem Marketing - wofür jetzt die Mittel fehlen - wäre das Marionettentheater eine Goldgrube, ist Werner Hierzer sicher. Ansonsten gehe nach ihnen eine Kulturform zugrunde. Eine schlimme Vorstellung für beide, „schließlich ist das Theater unser Kind.”