Stromkosten-Ausgleichsgesetz: Verlängerung dringend notwendig
Informationen der Bundessparte Industrie
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Das nur für 2022 geltende Stromkosten-Ausgleichsgesetz (SAG 2022) muss bis 2030 verlängert werden. Die BSI hat dazu Formulierungsvorschläge erarbeitet.
Mit 30.September 2023 ist die Einreichfrist für die Kompensation indirekter CO2-Kosten im Jahr 2022 abgelaufen. Das nach monatelangem Tauziehen der Regierungsparteien im Juni 2023 beschlossene Stromkosten-Ausgleichsgesetz (SAG 2022) gilt derzeit leider nur für das Jahr 2022, während andere EU-Staaten das verkürzt „Strompreiskompensation“ genannte Instrument bis 2025, in den meisten Fällen sogar entsprechend der ETS-Beihilfenleitlinie bis 2030 notifiziert haben. Die Bundessparte Industrie (BSI) fordert daher die bedingungslose Verlängerung des SAG und hat dazu bereits erste Formulierungsvorschläge erarbeitet und ein umfangreiches Hintergrundpapier zu den Details der Regelung vorgelegt.
Kostennachteil österreichischer Unternehmen ausgleichen
Wenn Stromlieferanten die Kosten, die ihnen für den Erwerb von CO2-Zertifikaten im EU-Emissionshandelssystem entstehen, über den Strompreis an die Letztverbraucher weitergeben, spricht man von „indirekten CO2-Kosten“. Ein Teil davon kann in Form einer Beihilfe rückerstattet werden. Das Modell der Kompensation indirekter CO2-Kosten (verkürzt oft auch „Strompreiskompensation“ genannt, obwohl die Höhe des Strompreises nicht in die Berechnungsformel eingeht) gemäß EU-Emissionshandelsrichtlinie (EU-ETS) und ETS-Beihilfenleitlinie gibt EU-Staaten bereits seit 2013 die Möglichkeit, besonders stromintensiven Unternehmen einen Teil der „politisch verursachten“ indirekten CO2-Kosten rückzuerstatten, um faire Wettbewerbsbedingungen auch gegenüber Nicht-EU-Staaten zu schaffen. Beihilfefähig sind nach aktueller EU-Vorgabe insbesondere Unternehmen der Papierindustrie, der Eisen-, Stahl- und NE-Metallbranchen und der Chemikalienerzeugung. 15 EU-Länder machen davon bereits zum Teil seit Jahren Gebrauch und haben das Instrument aktuell größtenteils bis 2030 notifizieren lassen – Österreich zählte bisher aber nicht dazu. Dies führte zu einem – mit steigenden CO2-Kosten signifikant zunehmenden - Kostennachteil heimischer Unternehmen im internationalen Standortwettbewerb. Mit dem Beschluss des Stromkosten-Ausgleichsgesetz (SAG 2022) am 1. Juni 2023 wurde in Österreich zumindest der Einstieg in dieses Instrument umgesetzt – leider aber nur für ein Jahr, nämlich 2022.
Bisher nur wenige Sektoren beihilfefähig
Die im September 2020 von der EU-Kommission aktualisierten Beihilfenleitlinien legen Vorgaben fest, die bei der Umsetzung einer solchen Kompensation für indirekte CO2-Kosten von den Mitgliedsstaaten einzuhalten sind. Eine Ergänzung einiger Faktoren und Benchmarks zur Berechnung der maximalen Höhe der Beihilfe wurden im November 2021 von der EU-Kommission veröffentlicht. Nur Unternehmen aus den in der Leitlinie dezidiert angeführten Branchen sind beihilfeberechtigt. Das sind solche, die sowohl sehr stromintensive Produkte herstellen als auch stark im internationalen Wettbewerb stehen, sodass ein Risiko der Verlagerung von CO2-Emissionen besteht. Beispiele sind die Herstellung von Eisen, Stahl und NE-Metallen, von Zellstoff, Karton und Papier, von anorganischen Chemikalien und von Lederbekleidung. Wenn Unternehmen die Kompensation in Anspruch nehmen wollen, müssen sie Maßnahmen aus den Energieaudits umsetzen, einen Mindestanteil CO2-freien Strom nutzen oder einen Teil der Beihilfe wieder in Maßnahmen zur Emissionsreduktion investieren. Während der Geltungszeitraum der „Strompreiskompensation“ gemäß EU-Recht grundsätzlich bis 2030 vorgesehen ist, gilt derzeit das SAG 2022 eingeschränkt gemäß § 1 und § 3 nur auf im Jahr 2022 angefallene indirekte CO2-Kosten.
Genehmigung der EU-Kommission liegt vor
Die Europäische Kommission hat am 21. September 2023 das österreichische Strompreiskosten-Ausgleichgesetz (SAG 2022), das zur teilweisen Kompensation indirekter CO2-Kosten im Jahr 2022 Beihilfen in Höhe von 233 Millionen Euro für energieintensive Unternehmen vorsieht, genehmigt. Die EU-Kommission stellte fest, dass die Regelung den Anforderungen der ETS-Leitlinien für staatliche Beihilfen entspricht. Die Regelung sei notwendig und angemessen, energieintensive Unternehmen bei der Bewältigung der höheren CO2- und Strompreise zu unterstützen und zu verhindern, dass Unternehmen in Länder außerhalb der EU mit weniger ehrgeizigen Klimaschutzmaßnahmen abwandern. Unerlässlich ist nun die Notifizierung über das Jahr 2022 hinaus bis 2030, um Unternehmen Planungs- und Investitionssicherheit für die gewaltigen Herausforderungen des „Transformation der Industrie“, im speziellen der Dekarbonisierung und Elektrifizierung, zu geben.
Argumente sprechen für Verlängerung des SAG 2022
Zahlreiche gute Argumente können als Begründung für die geforderte Verlängerung des SAG 2022 angeführt werden:
- Die EU-Emissionshandelsrichtlinie sieht die Kompensation indirekter CO2-Kosten als Schutzmaßnahme gegen indirektes Carbon Leakage vor.
- Die EU-ETS-Beihilfenleitlinien sehen den Geltungszeitraum der Kompensation bis 2030 vor.
- Die Strompreiskompensation ist keine Förderung „mit der Gießkanne“, sondern eine gezielte Unterstützung einzelner Sektoren.
- Das Ziel ist der Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandortes Österreich und ein internationales Level Playing Field.
- Das Instrument ist Anreiz für mehr Energieeffizienz und Klimaschutz.
- Die Maßnahme schafft Planungs- und Investitionssicherheit für die Transformation der Industrie, deren Kernelement der verstärkte Einsatz von Strom ist.
- Das Instrument ist trotz aktueller Dringlichkeit kein Kriseninstrument, sondern eine langfristige standortpolitische Maßnahme.
- Die Kompensation indirekter CO2-Kosten verhindert, dass Unternehmen, die mit aktuell sehr hohen Strompreiskosten konfrontiert sind, die Produktion in Österreich verringern, ins Ausland verlagern oder gänzlich einstellen.
BSI hat Entwurf für Überarbeitung vorgelegt
Die Politik ist nun aufgerufen, die Verlängerung des SAG 2022 bis zum Jahr 2030, entsprechend der EU-ETS-Beihilfenleitlinie und der Umsetzung in zahlreichen anderen EU-Staaten, zu beschließen. Die BSI hat dazu Formulierungsvorschläge ausgearbeitet. Für endlose Verhandlungen und sachfremde Junktims ist keine Zeit – die Verlängerung des SAG 2022 muss der EU-Kommission bereits bis Ende 2023 vorgelegt werden.
Autor: DI Oliver Dworak
E-Mail: oliver.dworak@wko.at