Sparte Industrie

Einweg, Mehrweg... Quo vadis, Austria?

Gewesslers Dreipunkteplan: Verbindliche Quoten für Mehrwegflaschen, verpflichtendes Einweg-Pfand, Plastik-Abgabe. Ein Weg zum Ziel. Aber ist es der beste?

Lesedauer: 3 Minuten

11.03.2023

Am 7. September hat Frau Bundesministerin Gewessler in einer Pressekonferenz – ohne vorherige Abstimmung mit dem Koalitionspartner und der betroffenen Wirtschaft - einen „Dreipunkteplan gegen Plastikmüll“ vorgestellt. Neben verbindlichen Quoten für Mehrwegflaschen kündigte sie die Einführung eines verpflichtenden Einwegpfands und eine Herstellerabgabe für nicht recycelte Kunststoffverpackungsabfälle an.

Verbindliche Mehrwegquoten

Der Lebensmitteleinzelhandel soll verpflichtet werden, bei Getränkeverpackungen ab 2023 mindestens 25 Prozent Mehrwegflaschen zu verkaufen. Der Anteil soll 2025 auf mindestens 40 Prozent, 2030 auf mindestens 55 Prozent steigen. Eine Nichterfüllung dieser Quoten soll mit Strafzahlungen sanktioniert werden. Grundsätzlich soll es in jedem Geschäft Mehrwegflaschen geben, Ausnahmen seien für kleinere Geschäfte angedacht. Zu Materialien für Mehrwegflaschen hat die Ministerin keine Empfehlung abgegeben, wichtig sei die Wiederverwendung.

Verpflichtendes Einwegpfand

Nachdem angeblich „alle Studien zeigten“, dass ohne Pfand die EU-Sammelvorgaben nicht einzuhalten seien, soll es laut Frau Bundesministerin Gewessler künftig ein solches Pfand auf Einweggetränkeverpackungen (Kunststoffflaschen und Dosen) geben. Über die Höhe des Pfands werde noch diskutiert, die beauftragten Studien kommen zu Empfehlungen im Bereich von 25 bis 30 Cent je Flasche. Mit dem Statement, dass das Einwegpfand kommt, präjudizierte die Ministerin laufende Gespräche zwischen dem BMK und der betroffenen Wirtschaft, bei denen noch diskutiert wird, wie die neuen EU-Sammelvorgaben am besten und kostengünstigsten erreicht werden können – ob mit oder ohne verpflichtendem Pfandsystem. Von Seiten der WKÖ wurde dazu im August ein 10-Punkte-Plan präsentiert, der beschreibt, wie die EU-Sammel- und Verwertungsziele ohne Pfand besser und kostengünstiger erreicht werden können (siehe unten).

Mehrwegquote und verpflichtendes Einwegpfand sollen in einer Novelle zum AWG festgeschrieben werden, die angeblich schon in den nächsten Wochen in Begutachtung gehen wird. Um den rechtlichen Rahmen für ersteres abzuklären, wurde über Initiative der Abteilung für Umwelt- und Energiepolitik der WKÖ eine Studie zu verfassungs- und unionsrechtlichen Fragen (Voraussetzungen und Einschränkungen) hinsichtlich der Einführung von Mehrwegquoten beauftragt, an der sich die BSI beteiligt. Erstellen wird diese Studie – noch rechtzeitig vor Beginn der Begutachtung - Prof. Dr. Wilhelm Bergthaler.

Plastik-Abgabe

Als Drittes will die Ministerin von Importeuren und Produzenten von Plastikverpackungen eine Abgabe von 80 Cent je Kilogramm verlangen. Allerdings soll diese Abgabe nach ökologischen Kriterien gestaffelt werden und bei hohen Sammelquoten sinken. Gewessler widersprach damit Finanzminister Blümel, der dazu bereits vor Wochen angekündigt hat, diese Plastik-Abgabe aus dem Budget zu begleichen.

Alternative zum Einwegpfand: Der 10-Punkte-Plan von WKÖ et al

Anfang August präsentierte eine Allianz, bestehend aus WKÖ, ARA, VOEB und Handels-verband, ein „Ganzheitliches Konzept zur Kreislaufwirtschaft“ in Form eines 10-Punkte-Plans, der beschreibt, wie die Sammel- und Verwertungsziele aus der SUP-RL und dem Kreislaufwirtschaftspaket ohne verpflichtendes Pfandsystem auf EW-Getränkeverpackungen erreicht werden können:

  1. Einheitliche Sammelstruktur in ganz Österreich (derzeit gibt es von Bundesland zu Bundesland erhebliche Unterschiede; wäre auch Voraussetzung für wirksame Öffentlichkeitsarbeit)
  2. Vom Bring- zum Holsystem (Abholung der Wertstoffe von den Haushalten weiter ausbauen)
  3. Öffentliche Gebäude besser erfassen
  4. Freizeitkonsum besser erfassen
  5. Gewerbeabfall besser erfassen
  6. Wertstoffe aus Siedlungs-/Gewerbemüll sortieren, wenn erforderlich und sinnvoll (Subsidiärmaßnahme, über 90% der Mengen kommen nach dem Konzept aus der getrennten Verpackungssammlung)
  7. Besser verwerten – Verwertungspfade öffnen (Rechtliche Vorgaben sind recyclingfreundlicher und entsprechend dem Stand der Technik zu gestalten und laufend anzupassen)
  8. Bewusstseinswandel beim Littering herbeiführen (Bepfandung von Getränke-verpackungen löst das Problem nicht, es muss an der Wurzel angesetzt werden)
  9. Ökologisches Verpackungsdesign weiter optimieren
  10. Smarte Sammelbehälter mit Bonuspunkte-/Gutschriftsystem

Aufbau und Betrieb eines Pfandsystems sind sehr kostspielig. Laut diesem 10-Punkte-Plan können mit den vorgeschlagenen Maßnahmen gegenüber einem verpflichtenden Pfandsystem mindestens 60 Mio. Euro p.a. eingespart werden.

Weitere zentrale Argumente gegen die Einführung eines verpflichtenden Pfandsystems:

Relevanz im Gesamtkontext: Ein Einweg-Pfandsystem steigert in Österreich die Sammlung von PET-Flaschen um rd. 20% oder rd. 10.000 Tonnen, was nach Sortier- und Aufbereitungsverlusten max. 8.000 Tonnen mehr Recyclingmenge brächte. Dies würde lediglich 8,9% zur Erreichung des Recyclingziels für Kunststoff, das 2030 bei 90.000 Tonnen liegen wird, beitragen. In einer hochentwickelten Abfallwirtschaft wie in Österreich ergibt der Aufbau einer teuren Parallelstruktur für einen Beitrag von weniger als 10% zum EU-Recyclingziel keinen Sinn und ist der falsche Ansatz. Das Sub-Ziel 8.000 Tonnen wird durch die Verwirklichung des Gesamtkonzepts sichergestellt.

Convenience-Reduktion durch paralleles Pfandsystem: Es entstünde die Situation, dass die KonsumentInnen beispielsweise ihre Shampoo-Flasche und den Yoghurtbecher zuhause in den gelben Sack/die gelbe Tonne geben können, die PET-Flasche jedoch zum Handel gebracht werden muss. Dies könnte zu Unverständnis und mangelnder Akzeptanz bei den KonsumentInnen führen.

Die Entscheidungen, in welche Richtungen es bei den Themen Einweg, Mehrweg und Plastic-Tax gehen wird, sollen noch heuer getroffen werden. Wir werden Sie an dieser Stelle informieren, welche Wege in Österreich schlussendlich eingeschlagen werden...

Autor: Gerfried Habenicht
E-Mail: gerfried.habenicht@wko.at

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