Sparte Industrie

Technologieoffenheit: Vielfalt an Lösungsoptionen

Informationen der Bundessparte Industrie

Lesedauer: 3 Minuten

04.08.2023

Der europäische Fahrplan zur Dekarbonisierung ist überaus ambitioniert. Um die Ziele zu erreichen, müssen Staat, Unternehmen und private Haushalte in den kommenden Jahren viel Geld in die Hand nehmen. Geld kann aber nie Ersatz sein für den entscheidenden Faktor: Innovative Ideen, die auch praktisch umsetzbar sind.

In der jüngsten Diskussion über e–Fuels hat sich beispielhaft gezeigt, dass viele Menschen eine sehr klare Vorstellung darüber haben, welche Technologien in zehn oder auch 30 Jahren in unserer Welt dominieren werden. Dass man mit solchen Vorstellungen weit danebenliegen kann, zeigt ein Blick zurück: Wie viele Voraussagen über Produkte und Technologien sind in den letzten Jahrzehnten nicht eingetroffen, wie viele unerwartete Innovationen hingegen Realität geworden.

Aus Sicht der Industrie ist erfreulich, wenn im weiten Feld zwischen Idee und Marktreife nicht nur über Innovationen philosophiert wird, sondern daran gearbeitet und in diese Lösung investiert wird. Kapital für Forschung und Entwicklung wird nur dann von Investoren bereit gestellt, wenn diese von der Sinnhaftigkeit und der künftigen Bedeutung einer Innovation überzeugt sind. Es liegt in der Natur der Sache, dass nicht alle ihre Erwartungen und Einschätzungen bestätigt sehen werden.

Gerade angesichts der enormen technologischen Herausforderungen, die mit der Dekarbonisierung verbunden sind, ist jede Forschung und jedes Investment hilfreich: Je mehr Lösungswege versucht werden, desto reichhaltiger wird am Ende das Lösungsspektrum aussehen. Das Herantasten an jene Varianten, die schließlich technologisch und wirtschaftlich bestmöglich positioniert sind, ist dabei eine zutiefst unternehmerische Aufgabe.

Unternehmen müssen sich bei ihrer Suche auf eine begrenzte Zahl an Möglichkeiten konzentrieren. Natürlich auf jene, bei denen die Zukunftsaussichten – technologisch und wirtschaftlich – besonders gut aussehen. Allerdings kann es einem Unternehmen passieren, dass es Ressourcen für einen Weg einsetzt, der sich als Sackgasse erweist. Das ist für ein Unternehmen bitter, mitunter existenzbedrohend. Als Gesellschaft insgesamt ist es daher essenziell, dass eine Vielfalt an Lösungswegen gegangen wird. Und dies auch unterstützt wird. Gerade wenn rasch innovative Lösungen gefunden werden müssen, um (technologische) Herausforderungen in beispielloser Größe zu meistern, kann nur diese Vielfalt zum Ziel führen.

Deshalb tritt die Industrie auf dem Weg zur Klimaneutralität so vehement für Technologieoffenheit ein.  Das Rennen um die besten Lösungen kann nicht vorweg am Schreibtisch einer Behörde oder im ideologischen Schrebergarten politischer Kräfte in eine einseitige Richtung gelenkt werden. Wer für solche Einseitigkeiten eintritt, gefährdet den energiepolitischen Transformationsprozess. Dass ein Pluralismus der Lösungsansätze als Rückversicherung gegen Sackgassen und einseitige Abhängigkeiten jedenfalls sinnvoll ist, sollte nicht zuletzt aufgrund der negativen Auswirkungen der – politisch gewollten und geförderten – Abhängigkeit der europäischen Wirtschaft von der Brückentechnologie „Erdgas“ allgemein klar geworden sein.

Technologieoffenheit ist ein breiteres Konzept, als es auf den ersten Blick aussieht: Dazu gehört nämlich ein regulatorisches Umfeld, das diese Offenheit auch zulässt; insbesondere in rechtlicher Hinsicht. Dazu gehören Fördersysteme, die den Unternehmen einen Teil des Risikos tragen helfen; ein Risiko, das oft umso größer wird, je kühner eine Innovation gedacht wird. Dazu gehört auch die Schaffung einer Infrastruktur, in der die Umsetzung einer Innovation möglich wird.

Bekanntlich sieht die österreichische Industrie Wasserstoff als Gas der Zukunft, das vielseitig eingesetzt werden kann, um industrielle Prozesse zu dekarbonisieren.  Dies beruht auf den Chancen, die diese Technologie bietet, aber auch darauf, dass in Österreich ein überdurchschnittliches Wasserstoff- Know-How vorhanden ist.  Technologieoffenheit bedeutet in diesem konkreten Kontext, dass es für den Bereich der Wasserstoffwirtschaft rasch zu einer Umsetzung der dafür notwendigen rechtlichen Rahmenbedingungen kommen muss, etwa auch hinsichtlich der Genehmigungsverfahren. Österreich muss bei internationalen strategischen Partnerschaften mit an Bord sein, um die Versorgung mit beziehungsweise den Importen von Wasserstoff auf eine entsprechend tragfähige Basis zu stellen.  Schließlich muss das finanzielle Umfeld passen: Förderregime und Infrastrukturfinanzierung müssen so gestaltet werden, dass der Einsatz von Wasserstoff für die Industrie tatsächlich leistbar und attraktiv wird.

Wie bereits einleitend geschrieben: Der europäische Fahrplan zur Dekarbonisierung ist überaus ambitioniert.  Wir können heute unmöglich sagen, in welchem Ausmaß einzelne Technologien und Innovation zu seinem Gelingen beitragen werden. Alle Anzeichen sprechen dafür, dass Wasserstoff eine bedeutende Rolle dabei spielen wird. Die Industrie steht jedenfalls bereit, um Wasserstoff zu einem Energieträger der Zukunft zu machen.

Unterschrift
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Mag. Sigi Menz
Obmann der Bundessparte Industrie