Sparte Handel

Plattformhaftung in Deutschland

Information für Händler

Lesedauer: 4 Minuten

Um den Umsatzsteuerbetrug im Onlinehandel zu unterbinden und gleiche Wettbewerbsbedingungen für inländische und ausländische Unternehmen zu schaffen ist in Deutschland per 01.01.2019 die Plattformhaftung in Kraft getreten. Demnach sollen künftig Marktplatzbetreiber haften, wenn Online-Händler auf deren Plattformen keine Umsatzsteuer zahlen. Konkret greift die Haftung bei Drittlands-Unternehmern ab dem 1. März 2019 und bei inländischen und EU/EWR-Unternehmern erst ab dem 1. Oktober 2019.

Den Haftungsregeln sind zunächst ab 1. Januar 2019 Aufzeichnungsregelungen vorgeschaltet. Demnach sind Betreiber von Online-Marktplätzen verpflichtet, bestimmte Informationen von ihren Marktplatzhändlern zu erfassen. Diese beziehen sich zum Beispiel auf Name und Adresse der Händler, deutsche Steuernummer, Zeitpunkt und Höhe des Umsatzes.

Die Marktplatzhändler haben daher gegenüber der Plattform nachzuweisen, dass diese in Deutschland steuerlich registriert sind. Dies kann im Normalfall durch eine vom zuständigen Finanzamt erteilte Bescheinigung über die steuerliche Registrierung des Unternehmers erfolgen.

Den Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung über die Erfassung als Steuerpflichtiger (Unternehmer) im Sinne des Gesetzes finden Sie hier. Zudem erhalten Sie nähere Informationen über die deutsche Rechtslage hier.

Keine Steuerbescheinigung notwendig

Bei Warenlieferungen ins Ausland haben Unternehmen bestimmte länderbezogene Lieferschwellen für umsatzsteuerrechtliche Zwecke zu beachten. Solange beispielsweise die Lieferungen aus Österreich von Unternehmern mit österreichischen Sitz an Konsumenten in Deutschland die jährliche Umsatzschwelle von EUR 100.000 nicht übersteigen, müssen sie sich für umsatzsteuerrechtliche Zwecke in Deutschland nicht registrieren. Daher müssen sich österreichische Unternehmen nicht zwingend in Deutschland für umsatzsteuerliche Zwecke registrieren, folglich wird es auch keine deutsche Steuerbescheinigung geben.

Tipp:
Nähere Informationen über die Lieferschwellen

Kooperationsergebnis mit Amazon

"Sofern Verkäufer nicht verpflichtet sind, in Deutschland steuerlich registriert zu sein und daher keine Steuerbescheinigung erhalten, müssen diese in unserem Verkäuferportal Seller Central eine Erklärung darüber abgeben, dass sie keine in Deutschland steuerbaren Umsätze ausführen und es somit keiner steuerlichen Erfassung bedarf. Einer zusätzlichen Bestätigung des Finanzamtes bedarf es nicht."

Dies bedeutet, dass ein Unternehmer aus Österreich der weder die deutsche Lieferschwelle (EUR 100.000) überschreitet noch in die deutsche Umsatzsteuerpflicht optiert, der Online-Plattform keine deutsche USt-Nummer vorlegen muss. Eine Bestätigung bzw. Erklärung über das Portal reicht aus. In den betreffenden Fällen muss der Unternehmer dem Betreiber des Marktplatzes die Sachlage darlegen.

Sofern jedoch der österreichische Unternehmer größere Umsätze mit deutschen Privatpersonen tätigt (ab einem Jahresumsatz von EUR 100.000), ist obligatorisch die deutsche Umsatzsteuer anzuwenden. In diesem Fall ist die deutsche Steuernummer zu beantragen.

Bitte beachten Sie, dass auch in folgenden Fällen – auch wenn Sie die deutsche Lieferschwelle in Höhe von EUR 100.000 nicht überschritten haben - eine deutsche Steuernummer erforderlich sein kann:

1. B2C Lieferung: Warenverkauf über das deutsche Lager an deutsche Endverbraucher

Sofern österreichische Firmen über das deutsche Amazon-Lager (Nutzung des Service Fulfillment by Amazon) bzw. ein eigenes Warenlager in Deutschland Waren an deutsche Endkunden verkaufen, ist immer die deutsche Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen (die Ware verlässt Deutschland nicht). Die österreichischen Firmen benötigen in diesem Fall eine deutsche Steuernummer (Details folgen).

Die jeweils von den einzelnen EU-Ländern festgelegte Lieferschwelle kommt nur bei Versendungslieferungen z.B. vom österreichischen Lager aus an Privatpersonen in der EU bzw. vom deutschen Lager aus an Privatpersonen in der EU zur Anwendung.

2. B2C Lieferung: Warenverkauf über das deutsche Lager an Endverbraucher in der EU

Versandhandelslieferungen vom deutschen Amazon Lager an Endkunden in Österreich bzw. der EU unterliegen zunächst regelmäßig der Besteuerung am Ort der Versendung und damit der deutschen Umsatzsteuer. Das heißt, dass auch bei der Versendung nach Österreich auf der Rechnung die deutsche Umsatzsteuer auszuweisen und diese an den deutschen Fiskus abzuführen ist. Die steuerrechtliche Beurteilung ändert sich jedoch, sobald die sog. Versandhandelsregelung zum Tragen kommt (der Schwellenwert z.B. für Österreich von EUR 35.000,-- überschritten wird). In diesem Fall wird die Lieferung dort ausgeführt, wo die Versendung endet. D.h., in diesem Fall findet das österreichische Umsatzsteuerrecht Anwendung (österr. Umsatzsteuer ist auf der Rechnung auszuweisen). Der Versandhändler kann jedoch bereits vor dem Überschreiten der Lieferschwelle zur österreichischen Umsatzsteuer optieren, indem er den Verzicht dem zuständigen Finanzamt erklärt.

Allen Endverbrauchern in der EU, die Amazon aus dem deutschen Lager beliefert, ist somit bis zum jeweiligen Schwellenwert die deutsche Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen (der zu berechnende Umsatzsteuersatz richtet sich nach dem Standort der Ware zu Beginn der Lieferung), außer die österr. Firmen optieren gleich zur Umsatzsteuer des Ziellandes).

3. B2B Lieferung: Für Warenlieferungen an Unternehmer (B2B) gelten gesonderte Regelungen.

Sofern österreichische Firmen Waren vom deutschen Amazon-Lager an deutsche Unternehmen versenden, ist die deutsche Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen. In diesem Fall handelt es sich stets um deutsche Binnenumsätze, die auch in Deutschland zu versteuern sind. In diesem Fall benötigen die österreichischen Unternehmen auf jeden Fall eine deutsche Steuernummer (Details siehe unten).

Sofern österreichische Unternehmen von Österreich aus Waren an Unternehmer in Deutschland bzw. der EU (B2B) liefern, die über eine gültige UID-Nummer verfügen, handelt es sich um eine sog. umsatzsteuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung (Ausstellung einer Nettorechnung mit dem Hinweis: „steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung“). Innergemeinschaftliche Lieferungen zwischen Unternehmen auch im Online-Handel steuerfrei, sofern die entsprechenden Buch- und Belegnachweise vollständig vorliegen und die Unternehmereigenschaft des Abnehmers durch eine gültige UID-Nummer nachgewiesen werden kann.

Die obige Regelung gilt auch für Warenlieferungen, die im Auftrag eines österreichischen Unternehmens vom deutschen Lager (Service Fulfillment by Amazon/FBA) an Unternehmen in der EU geliefert werden (Ausstellung einer Nettorechnung mit dem Hinweis: "steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung"). Unterhält der österreichische Unternehmer ein deutsches Warenlager, so ist eine deutsche Steuernummer zu beantragen.

Deutsche Steuernummer

Eine deutsche Umsatzsteuernummer erhalten österreichische Firmen ohne Firmensitz in Deutschland beim Finanzamt München.  

Finanzamt München II – Bearbeitungsstelle Straubing
Postfach 0211, D-94302 Straubing
Telefon: +49 89 1252 0
Fax: +49 89 1252 2888
E-Mail: poststelle-sr@famuc.bayern.de

Den Antrag finden Sie hier ganz unten. Mit diesem Antrag kann gleichzeitig auch eine deutsche UID-Nummer beantragt werden. 

Stand: 15.11.2022