ESt-Erklärung: Bisherige Praxis in Finanzämtern nicht rechtskonform
Aufgrund von Mitgliederbeschwerden wegen Bescheid Fristverlängerung (ESt-Erklärung) hat das Bundesministerium für Finanzen Stellung genommen.
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Laut BMF war die bisherige Praxis in den Finanzämtern nicht rechtskonform, weshalb der Bearbeitungsmodus in den beiden Finanzämtern ab dem heurigen Jahr geändert wurde.
Hier die rechtliche Begründung des BMF:
Die Frist für die Einreichung von Bilanzen ist in § 193 Abs. 2 UGB geregelt. Sie beträgt neun Monate ab dem Ende des Geschäftsjahres und wird grundsätzlich durch das Vorgehen der Bundesfinanzverwaltung nicht berührt.
Davon unabhängig ist die Frist zur Einreichung der Einkommen- oder Körperschaftsteuererklärung bei elektronischer Einreichung mit dem 30. Juni festgelegt (§ 134 Abs. 1 BAO). Auch diese Frist hat sich nicht geändert. § 134 Abs. 2 BAO erlaubt es dem Finanzamt, im Einzelfall auf begründeten Antrag die Frist zur Einreichung einer Abgabenerklärungsfrist zu verlängern. Von dieser Möglichkeit kann nach wie vor Gebrauch gemacht werden. Allerdings sind diese Fristverlängerungsmöglichkeiten bisher sehr unterschiedlich gehandhabt worden (je nach Dienststelle bzw. SachbearbeiterIn). Diese unterschiedliche Behandlung widersprach der gesetzlich vorgegebenen Gleichmäßigkeit der Behandlung aller Abgabepflichtigen (§ 114 BAO). Um eine einheitlichere Vorgehensweise sicherstellen zu können, wurde der Bearbeitungsmodus in den beiden Finanzämtern ab dem heurigen Jahr geändert.
Zum Ersuchen der WKÖ für eine praxisgerechte Lösung hat sich das BMF wie folgt geäußert:
1. WKÖ: Nachfristen sollten wie bisher in der Regel entsprechend den Anträgen erfolgen. Nur in Ausnahmefällen (zB Klient hatte hohe Schulden beim Finanzamt) sollten verkürzte Fristen festgesetzt werden. Eine berücksichtigungswürdige Begründung für die Verlängerung sollte auch sein, dass beauftragte Vorarbeiten nicht fristgerecht fertig werden und es aufgrund der langjährigen Zusammenarbeit unangemessen wäre, die Vorarbeiten nunmehr kurzfristig an jemand anderen auszulagern.
BMF: Nachfristen können auch nach der Umstellung des Bearbeitungsmodus weiterhin gewährt werden, die Länge der Nachfrist liegt dabei wie bisher im Ermessen der Abgabenbehörde, wobei die Begründung des entsprechenden Antrags bei der Einzelfallerledigung eine wesentliche Rolle zukommt. Aufgrund der in § 134 Abs. 2 BAO vorgegebenen Würdigung im Einzelfall darf nicht davon ausgegangen werden, dass die Fristverlängerung „in der Regel antragsgemäß“ erfolgt. Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass die nicht fristgerechte Fertigstellung von Vorarbeiten für eine Abgabenerklärung eine berücksichtigungswürdige Begründung für eine Fristverlängerung im Sinne des § 134 Abs. 2 BAO darstellen kann.
2. WKÖ: Sollte bereits eine Abweisung erfolgt sein bzw. ein Bescheid mit Androhung einer Zwangsstrafe wegen Nichteinreichung der Erklärung ausgestellt sein, kann noch ein Antrag mit Begründung nachgereicht werden. Eine berücksichtigungswürdige Begründung könnte sein, dass es heuer zu einer unerwarteten Umstellung der langjährigen Praxis gekommen ist, und es daher unangemessen wäre, wenn man kurzfristig bereits beauftragte Vorarbeiten aufgrund einer langfähigen Zusammenarbeit mit einem Subunternehmen einem anderen übergeben müsste.
BMF: Sollte die Frist für die Einreichung der Abgabenerklärung bereits verstrichen sein, wäre eine Verlängerung rechtswidrig (zB VwGH 24.9.2007, 2006/15/0308). Allerdings ist die Androhung einer Zwangsstrafe zwingend mit einer (weiteren) Fristsetzung verbunden (§ 111 Abs. 2 BAO) und diese Frist grundsätzlich verlängerbar (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3 § 111 Anm. 16). Da die Fertigstellung der notwendigen Vorarbeiten erforderlich für die Erfüllung der zu erzwingenden Handlung ist, ist nicht ausgeschlossen, dass sich daraus im Rahmen der Ermessensübung des Finanzamtes eine berücksichtigungswürdige Begründung für eine Fristverlängerung ergeben kann – und zwar auch dann, wenn sich das Verfahren bereits im Stadium nach der Androhung einer Zwangsstrafe befindet.
3. WKÖ: Bis Jahresende sollten bei Nichteinreichung der Erklärung nach Ermessen keine Zwangsstrafen und keine Verspätungszuschläge festgesetzt werden und eine Schätzung vermieden werden.
BMF: Die Verhängung von Zwangsstrafen und Verspätungszuschlägen und die Schätzung sind Maßnahmen, die das zuständige Finanzamt im Ermessen setzen muss. In der Ermessensübung sind auch Umstände, die sich zugunsten des Abgabepflichtigen auswirken, zu berücksichtigen. Aufgrund der erforderlichen Einzelfallentscheidung kann eine generelle Aussage dazu seitens des Bundesministeriums für Finanzen nicht getroffen werden. Es darf allerdings in Aussicht gestellt werden, dass aufgrund der erstmaligen Anwendung des neuen Prozesses der Fristenüberwachung 2024 das Finanzamt diesen Umstand im Ermessen entsprechend berücksichtigen wird.
Die WKÖ wird sich dafür einsetzen, dass für qualifizierte Dienstleister (Bilanzbuchhaltungsberufe, Steuerberater) eine Quotenregelung mit Abgabedatum 31.12. für die Abgabe der Bilanzen eröffnet wird und für alle Betriebe die Frist für die Abgabenerklärung bzgl. der betrieblichen Einkünfte bis 31.12. erstreckt wird.