Industrie Forschung
© AdobeStock.com

Industrielle Innovation ist der Schlüssel, um Wettbewerbsfähigkeit wieder zu erlangen

In einer Zeit des technologischen Wandels und wachsender globaler Herausforderungen spielt die Forschung eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung zukunftsfähiger industrieller Lösungen. Angesichts der notwendigen Dekarbonisierung, Digitalisierung und Kreislaufwirtschaft wird der Innovationsdruck auf die Industrie weiter zunehmen.

Lesedauer: 5 Minuten

Aktualisiert am 06.11.2024

Innovationen treiben nicht nur die Effizienz und Produktivität voran, sondern sind auch der Schlüssel zu nachhaltigen, umweltfreundlichen und wettbewerbsfähigen Industrieprozessen. Nur 29 Prozent der oberösterreichischen Industriebetriebe sehen den kommenden zwölf Monaten mit Zuversicht entgegen und 33 Prozent plagen Sorgen und Existenzängste aufgrund der sehr hohen Personal- und Energiekosten, der schlechten Auftragssituation sowie der hohen Bürokratiebelastung. Aus diesem Grund adressiert die Sparte Industrie der WKOÖ ihre wichtigsten Forderungen an die künftige Österreichische Bundesregierung, um gemeinsam die verlorene Wettbewerbsfähigkeit durch industrielle Innovation wieder herzustellen. 

„Die industrielle Innovation ist der Schlüssel, um unsere Wettbewerbsfähigkeit wieder zu erlangen. Wir müssen jetzt in den Standort investieren, um international aufzuholen. Die künftige Bundesregierung muss steuerliche Anreize setzen, um die Finanzierungsfähigkeit der Industrie zu stärken und die weitere Abwanderung aus dem jetzt schon schwachen Kapitalmarkt zu verhindern. Nachhaltigkeit ist ökonomisch und ökologisch zu verstehen. Die Industrie benötigt einen transparenten Fahrplan seitens der künftigen Bundesregierung, der ein klares Zielbild hat und durch Zwischenschritte und Einsatz von Brückentechnologien die Beschleunigung der Transformation vorantreibt“, fordert Spartenobmann-Stv. Stephan Kubinger.

Intelligenter Einsatz von Brückentechnologien und Forschung

Der intelligente Einsatz von Brückentechnologien und die Forschung an neuen Technologien werden entscheidend sein, um die Transformation zu realisieren. Ein klarer Fahrplan ist notwendig, um die Machbarkeit und Umsetzbarkeit zu gewährleisten. Für die Umsetzung der ökonomischen und ökologischen Nachhaltigkeit sind langfristige Ziele in Form einer „Long-Term Vision for Sustainability“ in einem Zeitfenster von zehn bis 20 Jahren zu vereinbaren. „Im nächsten Schritt muss der Weg zur Erreichung der strategischen Ziele definiert werden. Die Beschleunigung der nachhaltigen Transformation wird im Wesentlichen durch die Erforschung neuer und den intelligenten Einsatz bestehender Technologien getrieben. Dabei sind Zwischenschritte festzulegen und der Einsatz von Brückentechnologien ist zu berücksichtigen, damit die Umsetzung machbar und realistisch ist“, ist Kubinger überzeugt.

Abwanderung aus Österreichs schwachem Kapitalmarkt verhindern

Nur fünf Prozent der oberösterreichischen Industriebetriebe meinen, dass sich der Standort Österreich positiv im Vergleich zu den Mitbewerbern entwickelt. Der Großteil unserer Betriebe ist der Meinung, dass wir in den nächsten Jahren nochmals stark an Wettbewerbsfähigkeit gegenüber China und den USA verlieren werden. „Forschung bildet die Basis, auf der neue Technologien und Geschäftsmodelle entstehen. Durch interdisziplinäre Ansätze und internationale Zusammenarbeit können bahnbrechende Entdeckungen gemacht werden, die das Potenzial haben, ganze Industriezweige zu transformieren. Es müssen dafür finanzielle Anreize geschaffen werden, nur so kann die Abwanderung aus Österreichs schwachem Kapitalmarkt in andere Regionen verhindert werden“, ist Kubinger überzeugt. 

Die ausländischen Investitionen in Österreich gingen in den letzten Jahren stark zurück. Österreich hat auf der Kostenseite insbesondere für Industrieunternehmen deutlich an Attraktivität eingebüßt. Die österreichische Industriestruktur umfasst viele Niederlassungen ausländischer Konzerne. Investitionen in diesen Niederlassungen müssen sich im internationalen Umfeld durchsetzen. „Die Politik ist gefordert die Standortbedingungen so zu verbessern, dass die Attraktivität im internationalen Vergleich mittelfristig zum Wettbewerbsvorteil wird. Langfristig müssen im Sinne der Erneuerung des Unternehmenssektors auch österreichische Headquarters mit Wachstumsperspektive ermöglicht werden“, so Kubinger.

Steuerliche Anreize zur Investition in Startups fehlen

Der schwache Kapitalmarkt in Österreich bewirkt aber auch eine Abwanderung von skalierenden Startups in andere Regionen. „Um neue Technologien auch in Österreich wachsen zu lassen, benötigen wir finanzielle Anreize und Förderungen für Startups auch nach der Pre-Seed und Seed Phase. Eine steuerliche Bevorzugung dieser Unternehmensklasse bzw. öffentliche Co-Finanzierung von Fund-in-Fund-Modellen zur Unterstützung der wachsenden Unternehmen nach der Pre-Seed- und Seed-Phase schafft Anreize zur Skalierung in Österreich. Nur so können wir die Abwanderung dieser hochinnovativen Unternehmen verhindern. Geld wird derzeit in andere Assetklassen investiert, da ausreichende steuerliche Anreize zur Investition in Startups fehlen“, betont der Spartenobmann-Stv. „Durch die fehlende Valorisierung der Förderlandschaft kommt es in Hochinflationszeiten zu einem intensiven Verlust von Anreizeffekten. Zudem bewirken die hohen Ablehnungsquoten von positiv evaluierten Projekten einen Rückgang der Einreichungen“, warnt er weiters. 

Zukunftsinvestitionen Priorität einräumen

„Nur 17 Prozent der österreichischen Industriebetriebe denken, dass Oberösterreich einen stabilen, planungssicheren Rechtsrahmen hat. Wir müssen aber auch die Verfahrenszeiten bei Genehmigungsprozessen drastisch reduzieren, um die Innovationskraft der oberösterreichischen Industrie schneller in den Markt umsetzen zu können. Nicht der Große frisst den Kleinen, sondern der Schnellere den Langsamen. Verfahrenszeiten bei Umweltverträglichkeitsprüfungen oder Förderzusagen haben eine hohe Bedeutung. Verzögerungen entstehen oft durch die Anforderung von Gutachten und Ausnutzung von Instanzenzügen. Erstaunlich ist dabei, dass insbesondere auch Projekte zur nachhaltigen Erzeugung von Energie von denselben Gruppen bekämpft und verzögert werden, die im selben Atemzug die Energiewende einfordern. Berichte und Evaluierungen absorbieren einen Großteil der Zeit der Forschungscommunity. Eine aktive Ausdünnung der Berichtspflichten und eine Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit ist notwendig, sodass die Qualitätszeit der hochausgebildeten Forscher nicht vom Bürokratiesauger abgezogen werden kann“, erklärt Martin Bergsmann, Technologiesprecher der Sparte Industrie.

„Nur 15 Prozent der Industriebetriebe meinen, dass die aktuellen energie- und klimapolitischen Maßnahmen das Klima auch nachhaltig schützen. Der Green Deal hat dazu mit Regelungen wie der Taxonomie-Verordnung, der CSRD, REACH, CLP usw. eine bis dahin unbekannte Anzahl an Berichtspflichten gebracht. All diese Pflichten sind regelmäßig auf ihre Wirkung zu prüfen und bei fehlender Wirkung zu beenden. Regulierungen sind dann positiv, wenn sie in Form von Standardisierungen zu Vorteilen im Wettlauf der Innovationen führen. Wenn aber Regulation auf nationaler Ebene wie auch die Überführung von EU-Regulationen in nationales Recht zu viel Zeit in Anspruch nehmen, sind andere Regionen schneller auf dem Markt und erlangen einen nicht aufholbaren Marktvorsprung. Die Prozesse im Gesamtsystem sind zu beschleunigen, damit der Vorteil des Wettbewerbs von den Unternehmen genutzt werden kann“, so Bergsmann.

Energie zu einem wettbewerbsfähigen Preis zur Verfügung stellen

„Sowohl die höheren Energie- als auch die höheren Lohnstückkosten haben Österreich für ausländische Investitionen unattraktiv gemacht. Viele Niederlassungen ausländischer Konzerne kämpfen um ihren Bestand im internationalen Vergleich. Wenn die künftige Bundesregierung möchte, dass die Industrie am Standort produziert, muss sie durch intelligente Rahmenbedingungen nachhaltige Energie zu einem wettbewerbsfähigen Preis zur Verfügung stellen, ansonsten wird der Standort, auch mit besten weiteren Bedingungen, langfristig nicht wettbewerbsfähig bleiben können. Dafür ist ein Wettbewerb einzurichten, um die besten Technologien und die Umstellung auf nachhaltige Erzeugung zu fördern. Die derzeit angewandten Europäischen Prinzipien, die dem entgegenstehen, sind auf ihre Sinnhaftigkeit zu prüfen“, sagt Bergsmann. 

„Österreich braucht eine Bundesregierung, die den Zukunftsinvestitionen Priorität einräumt. Bildung, Forschung und Innovation müssen aktiv gestaltet werden, erst danach kann man dazu übergehen, den Konsum in anderen Politikfeldern zu bedienen. Im politischen Diskurs kommt Forschung oft nicht oder zu wenig vor, da es sich um keine strittige politische Frage handelt. Daher muss die politische Führung aktiv die Priorisierung der Zukunftsinvestitionen betreiben und bei Budgetdiskussionen die Zuteilungen zu den Zukunftsfeldern Forschung, Innovation und Bildung bevorzugen und erst danach die Verteilung der Konsumationsausgaben beginnen. Österreich ist im internationalen Wettbewerbsranking IMD in diesem Jahr wieder zwei Plätze abgerutscht, von 24 auf 26. Im Jahr 2016 war Österreich noch auf Platz 16. Die Schweiz liegt auf Platz zwei. Das ist zwar immer genauer zu betrachten, in Summe zeigt die Kurve Österreichs aber deutlich nach unten. Österreich konsumiert, als wäre der Budgettopf prall gefüllt. Mit den aktuellen Informationen zum Budgetdefizit kann man dies ausschließen. Wir müssen jetzt Prioritäten setzen. In allen Bereichen. Unternehmen, die heute in Forschung und Entwicklung investieren, sind die Vorreiter der Industrie von morgen. Erfolgreiche Innovationsstrategien konzentrieren sich auf die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Industrie. Durch die enge Zusammenarbeit zwischen akademischen Einrichtungen und Unternehmen können Forschungsergebnisse schneller in die Praxis umgesetzt werden“, ist Bergsmann überzeugt.