Brot
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Brot-Bedarfsplanung mit KI

Die Bio-Bäckerei „brotsüchtig“ mit Standorten in Linz, Wels und Steyregg entwickelte gemeinsam mit dem Innovationsmanagement der WKOÖ sowie dem Software Competence Center Hagenberg (SCCH) ein System zur besseren Planung der täglichen Verkaufsmenge. Berücksichtigt werden dabei Faktoren wie die Jahreszeit, das Wetter oder Veranstaltungen rund um die Shops.

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Aktualisiert am 19.11.2024

Rund 500 Kilo Bio-Mehl verarbeitet „brotsüchtig“ täglich zu Brot und Gebäck. Verkauft wird in vier eigenen Shops sowie ausgewählten Bio- und Hofläden. Dabei wird die Produktionslogistik zum Drahtseilakt. Einerseits sollen die Kunden bis zum Ladenschluss aus dem gesamten Sortiment wählen können. Andererseits soll danach möglichst wenig Brot und Gebäck übrig bleiben. „Die beste Lösung wäre, exakt so viel zu backen, wie verkauft wird“, sagt „brotsüchtig“-Gründer und -Geschäftsführer Oliver Raferzeder. „Wenn wir zu viel produzieren, verlieren wir die kostbare Arbeitszeit unserer Bäckerinnen und Bäcker sowie kostbare Rohstoffe“, bringt Stefan Faschinger, Mitgründer von „brotsüchtig“, das Dilemma der Produktionsplanung auf den Punkt. Deswegen investierte man in der Bäckerei bis dato bis zu zwei Stunden täglich in die Produktionsplanung für den nächsten Tag. Um dem Ziel der optimalen Bedarfsplanung möglichst nahe zu kommen und zu vereinfachen, hat das Innovationsmanagement der WKO Oberösterreich für „brotsüchtig“ ein KI-Projekt (KI = künstliche Intelligenz) beim EU-Digitalisierungsprogramm „Test before Invest“ eingereicht. Dieses finanziert Digitalisierungsprojekte bis zu einem Volumen von 40.000 Euro zu 100 Prozent aus Mitteln der Europäischen Union und der Forschungs-Förderungs-Gesellschaft FFG. 

Als Partner für die nötige Daten-Wissenschaft (Data Science) holte man das SCCH an Bord, das unter anderem Verkaufs-, Produktions-, Kalender-, Wetter- und Veranstaltungsdaten aufbereitete.„Das Ziel der Daten-Wissenschaft ist, oft zusammenhanglos wirkendes Datenmaterial so aufzubereiten, dass man daraus konkretes Wissen und Strategien ableiten kann. Damit lassen sich in praktisch allen Branchen Effizienzsteigerungen erzielen oder bessere Entscheidungen treffen“, erklärt Alois Keplinger vom Innovationsmanagement der WKOÖ. 

Wetterfühligkeit von Brot 

 „Die Verkaufszahlen hängen bei uns von einer Unzahl an Faktoren ab. Dabei spielen die Jahreszeit, das Wetter, der Wochentag, die generelle Frequenz in der Stadt, aber auch Veranstaltungen rund um unsere Shops eine große, nur schwer zu kalkulierende Rolle“, skizziert Raferzeder die produktionslogistische Herausforderung. 

So hängt das Kaufverhalten stark davon ab, ob das Wetter zum Schlendern in der Stadt einlädt oder eine öffentliche Veranstaltung die Passantenfrequenz beeinflusst. „All diese Faktoren haben wir immer sehr intensiv beobachtet und versucht, daraus Schlüsse zu ziehen“, erzählt Raferzeder. Das ist zwar meist ganz gut gelungen, war aber extrem zeitintensiv und hat vor allem auf dem eigenen Bauchgefühl beruht. Letzteres sollte durch eine wissenschaftlich fundierte Basis für die Produktionsplanung in der Backstube ergänzt – oder im Idealfall ersetzt – werden. 

Halbierter Planungsaufwand

Für die Aufgabenstellung, mittels Data Science aus dem vorhandenen Datenmaterial möglichst treffsichere Vorhersagen für die Produktion zu machen, konnte sich Volker Wieser vom SCCH vor allem auf umfassende Verkaufsdaten stützen: „Uns lagen für die vier ‚brotsüchtig‘-Shops in Linz, Steyregg und Wels umfassende und detaillierte Verkaufsstatistiken vor“, erklärt Wieser, Area Manager Data Science bei SCCH. 

Nach dem Datenexport aus den Kassensystemen sowie entsprechender Aufbereitung und Visualisierung konnte die Verkaufsdynamik für jeden einzelnen Artikel zu bestimmten Uhrzeiten an allen Tagen in jedem einzelnen Shop klar und übersichtlich dargestellt werden. Jetzt können die „brotsüchtig“-Chefs auf einem Dashboard jederzeit alle für die Produktionsplanung nötigen Daten tagesaktuell aufrufen und mit Referenzwerten vergleichen. „Unser Planungsaufwand hat sich halbiert, die Präzision der Vorhersage gleichzeitig wesentlich verbessert. Seither haben wir um ein Fünftel weniger Retourware als zuvor“, ziehen Raferzeder und Faschinger zufrieden Bilanz. 

Freuen dürfen sich über die Realisierung des Projekts alle Beteiligten, denn beim eAward 2024, der jährlich die besten Digitalisierungsprojekte aus Wirtschaft und Verwaltung prämiert, holte das gemeinsame Projekt den Sieg in der Kategorie „Nachhaltigkeit und smarte Daten“. 

Zukünftiges Vorhaben

Nach dem erfolgreichen Abschluss des „Test-before-Invest“ Projekts, das von Juli 2023 bis März 2024 gelaufen ist, streben „brotsüchtig“, das WKOÖ-Innovationsmanagement und SCCH eine Verlängerung der Entwicklungspartnerschaft an. Zum einen soll der Datentransfer von den Kassensystemen in den Shops auf das Dashboard automatisiert und die Produktionsplanung damit noch aktueller und komfortabler werden. 

Zum anderen soll auch ein Entwicklungsschritt gelingen, der mit dem derzeit zur Verfügung stehenden Daten nicht möglich war. „Im Idealfall liefert das Dashboard eine Produktionsempfehlung, die auf den Erfahrungswerten der letzten Jahre beruht“, nennt Raferzeder ein ehrgeiziges Forschungsziel. „Dafür müssten wir allerdings noch mehr Daten zu jenen Faktoren sammeln, die das menschliche Kaufverhalten beeinflussen“, sagt Daten-Wissenschaftler Wieser.

Das WKOÖ-Innovationsmanagement bietet Unterstützung für diese und ähnliche Herausforderungen. Das Leistungsangebot ist im Infokasten unten bzw auf wko.at/ooe/innovation/innovations-service verfügbar.