Sparte Industrie

3G am Arbeitsplatz - Chaos wegen langer Testwartezeiten

Lesedauer: 2 Minuten

11.03.2023

Seit 15. November 2021 gilt am Arbeitsplatz die 3G-Pflicht - ohne Ausnahmeregelung. In der Praxis entstehen Probleme vor allem durch Mitarbeiter, die sich weder impfen lassen noch testen gehen, sowie durch Engpässe bei Testterminen bzw. nicht rechtzeitig ankommende Tests in einigen Bundesländern. Dies führt zu einer Fülle arbeitsrechtlicher Fragen.

Die 5. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung regelt bundesweite gesundheitspolitische Maßnahmen zur Verhinderung eines Zusammenbruchs der medizinischen Versorgung. Eine dieser Maßnahmen ist „3G am Arbeitsplatz“, die nach dem Vorbild Italiens bereits am 15.November 2021 durch die 3. COVID-19-Maßnahmenverordnung in Kraft gesetzt wurde. Gemäß § 8 Abs 2 der nunmehrigen 5. COVID-19- Notmaßnahmenverordnung dürfen Arbeitnehmer, Inhaber und Betreiber Arbeitsorte, an denen physische Kontakte zu anderen Personen nicht ausgeschlossen werden können, nur betreten, wenn sie über einen 3G-Nachweis verfügen, also getestet, geimpft oder genesen sind.

Laut Schätzungen des Gesundheitsministeriums benötigen wegen der 3G-Regel am Arbeitsplatz rund 1,4 Millionen Erwerbstätige regelmäßig einen Coronatest. Unter der Annahme, dass sich die Testungen je zur Hälfte auf PCR-Tests und Antigentests aufteilen, werden laut Ministerium pro Tag rund eine Million Tests für 3G am Arbeitsplatz benötigt. Für die Testinfrastruktur sind in Österreich die Bundesländer zuständig. Bei PCR-Tests kam es zuletzt, etwa an Wochenenden, zu langen Wartezeiten auf das Ergebnis. Ein PCR-Test ist ab Probenentnahme 72 Stunden (in Wien nur 48 Stunden) gültig, nicht immer lag der Befund zeitgerecht vor.    

Kann ein Arbeitnehmer nicht rechtzeitig beim Betreten des Arbeitsortes den 3-G-Nachweis erbringen, weil ihm z.B. das PCR-Testergebnis nicht rechtzeitig übermittelt wird, liegt kein persönlicher Dienstverhinderungsgrund mit Entgeltfortzahlung vor. Der Arbeitnehmer darf den Arbeitsort nicht betreten. Der Grund dafür ist, dass jeder Arbeitnehmer frei wählen kann, wodurch er den 3G-Nachweis erbringt. Abgesehen davon, genesen zu sein, hat er folgende Möglichkeiten: 1.) sich impfen zu lassen, 2.) PCR-getestet zu sein und 3.) Antigen-getestet zu sein. Wenn sich ein Arbeitnehmer stattdessen für einen PCR-Test entscheidet und das negative Ergebnis nicht rechtzeitig beim Betreten des Arbeitsplatzes vorliegt, dann liegt das in der Sphäre und Eigenverantwortung des Arbeitnehmers und er verliert den Anspruch auf das Entgelt. Er hätte jedenfalls auch die Möglichkeit gehabt, einen Antigen-Test durchzuführen, dessen Ergebnis nach spätestens 15 Minuten vorliegt. Eine Pflicht, von den offenen Möglichkeiten jedenfalls den PCR-Test zu wählen, gibt es nicht. Ebenso wenig gibt es einen Rechtsanspruch auf Auswertung und Übermittlung eines kostenlosen PCR-Testergebnisses binnen 24 Stunden.

Aus dieser Erfahrung heraus haben sich die Sozialpartner gemeinsam gegen die geplante Einführung von 2,5G am Arbeitsplatz ausgesprochen. Solange keine ausreichende Testinfrastruktur geschaffen ist, ist 2,5G nicht die Lösung. Bereits jetzt haben viele Industrieunternehmen enorme Probleme in der Aufrechterhaltung der Produktion. Aus diesem Grund und wegen des – auch während der Corona-Pandemie bestehenden - Mangels an Fachkräften ist auch der Ausspruch von Kündigungen bei Testverweigern nicht immer einfach, mag eine solche nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes in den meisten Fällen als „ultima ratio“ zulässig sein. Aus diesem Grund fordert die Industrie, dass in Ausnahmefällen weiterhin die Möglichkeit bestehen sollte, auf eine MNS-Pflicht auszuweichen.

Hinzu kommt, dass in den letzten Wochen in einigen Bundesländern das Contact-tracing so gut wie kollabiert ist. Das hat zur Folge, dass für Personen in Quarantäne keine schriftlichen Absonderungsbescheide durch die Gesundheitsbehörden mehr ausgestellt werden. Die Unternehmen müssen Arbeitnehmer/Innen bei behördlich angeordneter Quarantäne jedoch das Entgelt weiterbezahlen, aufgrund der fehlenden und nicht ausgestellten Absonderungsbescheide können sie defacto aber keine Anträge auf Rückerstattung des fortgezahlten Entgelts nach dem EpidemieG einbringen, was bei einigen Unternehmen in Bundesländern mit hohen Fallzahlen mittlerweile zu einer enormen finanziellen Belastung führt. Hier fordert die Bundessparte Industrie eine Unterstützung der betroffenen Unternehmen und eine ausreichende Dotierung der Verwaltung, damit diese ihrem öffentlich-rechtlichen Auftrag nachkommen kann.

 

Autoren:

Mag. Hagen Pleile, hagen.pleile@wko.at
Mag. Thomas Stegmüller, thomas.stegmueller@wko.at

Weitere interessante Artikel
  • Default Veranstaltungsbild Artikelseite mit grafischen Elementen
    Gas-Paradoxon: Anspannung in der Industrie trotz voller Speicher
    Weiterlesen
  • Default Veranstaltungsbild Artikelseite mit grafischen Elementen
    EU-Klimapaket „Fit for 55“: BSI bestätigt kritische Positionen
    Weiterlesen