
Regierungsprogramm – Rechtspolitische Maßnahmen
Auswirkungen auf den österreichischen Handel
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Im Regierungsprogramm finden sich auch umfangreiche rechtspolitische Maßnahmen, welche auch Auswirkungen auf den österreichischen Handel haben werden. Die geplanten Maßnahmen können überblicksmäßig wie folgt aufgezeigt werden:
Standort, Industriepolitik, Bürokratieabbau und Kapitalmarkt
Gewerbeordnung – Digitalisierung und Klarheit:
Die digitale Gewerbeanmeldung im GISA soll ausgebaut werden, um den berufsrechtlichen Zugang zu vereinfachen. Alle bereits elektronische verfügbaren Ausbildungsnachweise sollen mit dem GISA vernetzt werden und so eine "Instant-Online-Gewerbeanmeldung" ermöglicht werden.
Weiters soll die Trennung von Gewerberecht (Berufszugangsrecht) und Betriebsanlagenrecht in zwei verschiedene Gesetze vorgenommen werden. Auch hier steht die Schaffung von Klarheit und die bessere Lesbarkeit im Fokus.
Künftig soll es zu einer Stärkung des Zugangsinstrumentes der "individuellen Befähigung" kommen. In diesem Zusammenhang ist die Einführung eines bundeseinheitlichen, objektiven, transparenten und digitalen (KI-unterstützten) Kompetenz-Bewertungssystems sowie einer Verkürzung der behördlichen Entscheidungsfrist geplant.
Die Bundesregierung hat sich zur Gewährleistung der einheitlichen Vollziehung der Gewerbeordnung österreichweit bei allen Bezirkshauptmannschaften und Magistraten bekannt. Die hierfür notwendigen Schulungen und Aufstockungen des Behördenpersonals ist durch die Länder und Gemeinden budgetär zu gewährleisten.
Öffnungszeiten:
Eine Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten soll dadurch erfolgen, dass Nahversorger, die gänzlich digital oder in Randzeiten digital und ohne angestelltes Personal betrieben werden, aus dem Öffnungszeitengesetz ausgenommen werden.
Bürokratieabbau:
Neben der einheitlichen Vollziehung von Bundesgesetzen (Schaffung von Rechtssicherheit) soll auch ein "One-Stop-Shop" schrittweise aufgebaut werden, um hier "Behördenwege" und "Behördenzahlungen" zu vereinfachen.
Erleichterungen soll es insbesondere für KMU auch im Bezug auf nationale und europäische Berichtspflichten geben. Das Ziel ist die Aufhebung von unverhältnismäßiger Regulierung und keine bürokratische Überbelastung durch neue Regulierung. Als zentrale Stelle zur Entbürokratisierung wird im Staatssekretariat im Außenministerium ein Deregulierungsbeauftragter eingesetzt, welcher entsprechende Vorschläge entgegennehmen, deren Umsetzung prüfen und ggf. die Einspeisung in den politischen Prozess veranlassen soll.
Für unternehmerische Auflagen soll der Grundsatz „Beraten statt Strafen“ weiter etabliert werden.
Erleichterung soll es auch durch eine Ausnahme bei der Pfandannahmepflicht für kleinstflächige Unternehmen ("Würstelstand/Kiosk-Regelung") geben.
Wettbewerbspolitik und Lebensmittel
Es sind Maßnahmen geplant, um einen fairen Wettbewerb und auch nachhaltiges Wirtschaften zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang wird es auch zu einer Stärkung der Bundeswettbewerbsbehörde, der Wettbewerbskommission sowie des Kartellgerichtes kommen.
Es soll klargestellt werden, dass die BWB die Möglichkeit zur Branchenuntersuchung nach dem Faire-Wettbewerbsbedingungen-Gesetz betreffend unlautere Handelspraktiken sowie eine Ermittlungsbefugnis im Bereich des Digital Markets Act hat.
Inflationsbekämpfung:
Der Bekämpfung der Inflation wird Priorität eingeräumt. Leistbare und faire Preise u.a. bei Lebensmitteln und Energie für die Menschen und Unternehmen in Österreich sind von zentraler Bedeutung.
Durch Marktpreisüberwachung in Bereichen, in denen die Prinzipien der freien Marktwirtschaft nicht zur Anwendung kommen, sollen im Hinblick auf allenfalls nicht nachvollziehbare Preisentwicklungen, insbesondere bei Grundnahrungsmitteln, europäische Best-Practice-Modelle für hochinflationäre Zeiten unter Beibehaltung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen analysiert und deren Umsetzung geprüft werden.
Weiters soll der Direktverkauf von Produzenten an Konsumentinnen und Konsumenten erleichtert werden, um Zwischenhändler-Kosten zu reduzieren und die Nahversorgung im ländlichen Raum zu stärken, ohne Konsumentenrechte zu schwächen.
Klare, adäquate Information für Konsumentinnen und Konsumenten bei weniger Inhalt und gleichbleibender Verpackungsgröße durch entsprechende praxistaugliche Kennzeichnung (bspw. am Produkt, am Regal etc.).
Verbesserung der Grundpreisauszeichnung, damit Preisvergleiche leichter möglich und Preiserhöhungen einfacher erkannt werden, u.a. einheitliche Bezugsgrößen.
Ein weiteres Ziel der Bundesregierung ist es, in Zeiten hoher Inflation und steigender Lebensmittelpreise eine transparente und freiwillige Vereinbarung zur Dämpfung der Inflation zwischen Lebensmittelherstellern, -händlern und der öffentlichen Hand zu erreichen.
Der Wettbewerb im Lebensmittelbereich soll gestärkt und durch entsprechend den Empfehlungen der BWB folgende Maßnahmen gesetzt werden:
- Keine Irreführung bei Preisnachlässen nach UWG. Einsatz auf europäischer Ebene für die Sicherstellung von Rechtssicherheit und die Vermeidung von Druck für Lieferanten bei Überarbeitung der UTP-RL.
- Stärkung des Binnenmarkts und Befassung der Europäischen Kommission hinsichtlich unterschiedlicher Einkaufspreise in den EU-Mitgliedstaaten aufgrund von Länderstrategien und Lebensmittelkonzernen.
Konsumentenschutz
Rechtssicherheit:
Durch die Verwendung des (weiten) europäischen Verbraucherbegriffs im Verbraucherkreditrecht soll die Kreditvergabe an Gründerinnen und Gründer erleichtert bzw. ermöglicht werden.
Rechtssicherheit soll auch durch Schaffung von Klarheit auf gesetzlicher Ebene in Bezug auf Wertsicherungsklauseln für alle Dauerschuldverhältnisse und die Verjährung sowie Verkürzung der Verjährungsfrist erzielt werden.
Justiz und Rechtsstaat
Zivilrecht:
Es sollen Maßnahmen geprüft werden, um Zivilverfahren zu beschleunigen.
Angedacht ist auch eine Novelle des Firmenbuchrechts und Anpassung an internationale Standards, u. a Prüfung der Zulassung englischer Urkunden.
Kostenlose Basisinformationen aus dem Online-Firmenbuch sicherstellen.
Rechtssicherheit soll durch Vereinheitlichung der Formvorschriften im Zivilrecht und Abbau überflüssiger Formalvorschriften ohne Schutzfunktion erreicht werden.
Die Handelsgerichtsbarkeit soll im internationalen Vergleich, u.a. durch Prüfung vermehrten Einsatzes von Englisch als Verhandlungssprache gestärkt werden.
Entbürokratisierung und Verwaltung
Verfahrensbeschleunigung durch effiziente Verwaltungsprozesse:
Stufenweiser Ausbau bereits vorhandener Service-Seiten des Bundes sukzessive zu einem "One-Stop-Shop" für alle natürlichen und juristischen Personen.
Prüfung von Beschleunigungs- und Vereinfachungsmöglichkeiten von Verfahren und Verbesserung der Schnittstellen zwischen den Behörden gemäß Digital Austria Act sowie der Amtshilfe, um eine bessere Behördenzusammenarbeit zu erwirken.
Verwaltungsverfahren:
Verfahren sollen beschleunigt und die Qualität verbessert werden.
Standardisierung und Vereinfachung der EU-Förderabwicklung für Abläufe innerhalb der Verwaltung.
Ausweitung der Möglichkeiten zur Registerabfrage und Glaubhaftmachung anstelle von Urkundenvorlage.