Luftaufnahme eines von Bäumen gesäumten Flusses der Links und rechts Felder überschwemmt
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Hochwasser: FAQs zum Vertragsrecht

Fragen zum Vertrags- und Mietrecht

Lesedauer: 12 Minuten

20.09.2024

Grundsätzlich gelten Verträge weiterhin. Fragen der höheren Gewalt können jedoch vertraglich geregelt werden. Kontrollieren Sie Verträge daher immer im Hinblick auf Vereinbarungen für Fälle der höheren Gewalt bzw. des außerordentlichen Zufalls.

Gerät ein Unternehmen – auch unverschuldet – in Verzug, kann der Vertragspartner nach seiner Wahl auf Vertragserfüllung bestehen oder unter Setzung einer angemessenen Nachfrist vom Vertrag zurücktreten. Bei dauerhafter Unmöglichkeit kann die Erfüllung nicht verlangt werden. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass eine Erfüllung evtl. durch Deckungskäufe (Zukauf der Leistung bei Dritten) möglich sein kann.

Hat das Unternehmen den Verzug oder die Unmöglichkeit verschuldet, kann der Vertragspartner darüber hinaus Schadenersatz verlangen.  Der Unternehmer muss aber nachweisen, dass ihn am Verzug bzw. der Unmöglichkeit kein Verschulden trifft.

Kann ein Vertragspartner aufgrund höherer Gewalt seine Leistungen nur verspätet (Verzug) erbringen oder dauerhaft (Unmöglichkeit) nicht mehr erbringen, wird ihn daran in der Regel kein Verschulden treffen.

Der Begriff der höheren Gewalt ist im Gesetz nicht definiert. Die Rechtsprechung versteht darunter ein außergewöhnliches, von außen kommendes, unabwendbares Ereignis, das selbst bei Anwendung äußerster Sorgfalt nicht abgewendet werden kann. Elementarereignisse wie Hochwasser können also höhere Gewalt darstellen, wenn sie diese Kriterien erfüllen.

Die Berufung auf höhere Gewalt ist damit immer eine Einzelfallentscheidung des Gerichts unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls.

Achtung! Viele Verträge (AGB) enthalten vom Gesetz abweichende Regelungen zur höheren Gewalt (oder „Force Majeure“). Solche Vertragsklauseln sind zu berücksichtigen.

Ist der Zulieferer betroffen, ist der Einwand höherer Gewalt gegenüber dem Kunden des Unternehmens noch schwieriger, solange eine alternative (wenn auch teurere) Bezugsmöglichkeit besteht. Allenfalls könnte damit argumentiert werden, dass eine alternative Bezugsmöglichkeit wirtschaftlich unzumutbar ist.

Bei einer Pönale, auch Konventionalstrafe genannt, handelt es sich um einen pauschalierten, vertraglichen Schadenersatzanspruch. Eine Pönaleforderung kann daher nur dann gestellt werden, wenn dies vertraglich (z.B. in AGB) vereinbart wurde. Ist nichts anderes vereinbart, ist eine Pönale nur bei Verschulden zu bezahlen.

Ist der Verzug daher ausschließlich auf höhere Gewalt (Hochwasser) zurückzuführen, so besteht i.d.R. kein Verschulden und damit auch kein Anspruch auf Pönalezahlungen.

Anders liegt der Fall, wenn eine verschuldensunabhängige Pönale vereinbart wurde. Dann wäre nach dem Wortlaut des Vertrages eine Pönaleforderung gerechtfertigt; allenfalls könnte dann je nach Lage des Einzelfalls mit der Sittenwidrigkeit und damit Ungültigkeit einer solchen Klausel argumentiert werden.  

Derjenige, der eine fremde Sache zur Verwahrung, Reparatur oder Bearbeitung übernimmt, haftet dem Hinterleger (Eigentümer) gegenüber nur, wenn ihn an der Beschädigung oder Vernichtung ein Verschulden trifft. Das Gesetz (§ 964 ABGB) spricht von der „Unterlassung der pflichtgemäßen Obsorge“, welche zu einer Haftung führt. Wenn daher das betroffene Unternehmen alles Zumutbare zur Sicherung der übernommenen Sachen getan hat, so ist eine Haftung ausgeschlossen. Das Gesetz selbst spricht davon, dass keine Haftung für „Zufall“ besteht. Unter Zufall sind sämtliche nicht vorhersehbare Schäden zu verstehen, also auch Schäden durch höhere Gewalt wie Hochwasser. 

Vor einer voreiligen Übernahme bzw. Ablehnung der Haftung sollte insbesondere zur Abklärung der Verschuldensfrage und der davon abhängigen Versicherungsdeckung auf jeden Fall eine Versicherungsmeldung gemacht werden, da bei Unterlassen einer sofortigen Versicherungsmeldung (Obliegenheitspflicht laut den meisten Versicherungsverträgen) eine möglicherweise vorhandene Versicherungsdeckung verloren geht.   

Die Gewährleistungsfristen sind völlig unabhängig davon, ob die Ware beschädigt ist oder nicht. Sie betragen generell 2 Jahre. Auch sonst bestehen keine Ausnahmen von der Gewährleistungspflicht. Auch ein vertraglicher Ausschluss der Gewährleistung oder eine Verkürzung der Gewährleistungsfristen ist Verbrauchern gegenüber unwirksam.
Die einzige Möglichkeit besteht daher darin, von Haus aus klar darauf hinzuweisen, dass es sich um beschädigte Waren handelt und nach Möglichkeit auf die Art der Schäden bzw. Funktionsuntüchtigkeit hinzuweisen. Eine andere Möglichkeit bestünde darin, die Waren in „Bausch und Bogen“ (z.B. nach Laufmeter, Gewicht, kistenweise etc.) zu verkaufen, da bei einem ausdrücklichen Verkauf in „Bausch und Bogen“ Gewährleistungsansprüche gemäß § 930 ABGB ausgeschlossen sind.

Nur anderen Unternehmern gegenüber (B2B) könnte die Gewährleistung vertraglich (am besten schriftlich!) auch ausgeschlossen werden.

Wichtig ist die sofortige Schadensbegrenzung durch entsprechende Maßnahmen. Aufgrund der Schadensminderungspflicht kann es sonst später zu Problemen bei der Ersatzleistung durch die Versicherung kommen kann. Es müssen daher schnell Erstmaßnahmen (Auspumpen, Ausräumen) getroffen werden. Essenziell ist auch die sofortige Beweissicherung (Fotos, Dokumentation) und die Erstmeldung an die Versicherung.

Fragen der höheren Gewalt können grundsätzlich vertraglich geregelt werden. Wie weit solche Vereinbarungen gehen können und wie weit dies auch für Mietverträge zutrifft, wurde von der Rechtsprechung noch nicht geklärt. Kontrollieren Sie Verträge daher immer im Hinblick auf Vereinbarungen für Fälle der höheren Gewalt bzw. des außerordentlichen Zufalls.

Ganz unabhängig davon, ob das Geschäftslokal dem Mietrechtsgesetz unterliegt oder nicht, bestimmt § 1096 ABGB, dass der Mieter eines Geschäftslokals dann von der Mietzinszahlung befreit ist, wenn und solange das Mietobjekt zu dem vertraglich vereinbarten Gebrauch nicht verwendbar ist. Dieser Mietzinsminderungsanspruch ist verschuldensunabhängig und besteht auch völlig unabhängig davon, wer zur Erhaltung des Mietobjekts verpflichtet ist. Für die Dauer der Überflutung und der darauffolgenden Unbrauchbarkeit (Sanierungs- und Aufräumarbeiten) ist daher kein Mietzins zu bezahlen. Ist ein Mietobjekt nur teilweise unbrauchbar, so mindert sich der Mietzins nur anteilig.

Der Anspruch auf Entfall des Mietzinses bzw. Mietzinsminderung besteht auch dann, wenn § 1096 ABGB im Mietvertrag ausgeschlossen sein sollte, da es sich dabei um eine zwingende gesetzliche Bestimmung handelt, die vertraglich nicht ausgeschlossen werden kann. 

Die Nichtbezahlung des Mietzinses sowie die Mietzinsminderung sollte dem Vermieter unbedingt schriftlich mit Hinweis auf § 1096 ABGB mitgeteilt werden; dies deshalb, um klarzustellen, warum der Mietzins nicht bezahlt wurde, da ansonsten die Nichtbezahlung des Mietzinses grundsätzlich einen wichtigen Kündigungsgrund für den Vermieter darstellt.

Für “außerordentliche Zufälle” wie “große Überschwemmungen” regelt dies das Gesetz in den §§ 1104 und 1105 ABGB ebenso. Eine abweichende vertragliche Regelung für solche Fälle der höheren Gewalt kann aber zulässig sein.

An sich besteht die Mietzinsreduktion bereits aufgrund des Gesetzes und muss weder im Vorhinein gerichtlich durchgesetzt oder dem Vermieter mitgeteilt werden. Aus Gründen der Fairness und auch um später gerichtliche Auseinandersetzungen (die unberechtigte Zurückbehaltung des Mietzinses berechtigt den Vermieter schließlich zur Kündigung auch bei ansonsten kündigungsgeschützten Objekten) wäre jedoch eine einvernehmliche Lösung zweckmäßig. Dazu können Sie unser Musterschreiben verwenden.

Die für Mietverträge dargestellte Rechtslage gilt grundsätzlich auch für Pachtverträge mit einer Ausnahme: Bei Pachtverträgen handelt es sich nicht um zwingendes Recht, sodass die oben dargestellten Bestimmungen (§ 1096 ABGB) im Pachtvertrag ausgeschlossen werden können. Vor einer Minderung bzw. Nichtbezahlung des Pachtzinses sollte daher unbedingt der Pachtvertrag gelesen werden.

Für die Pachtzinsherabsetzung können Sie unser Musterschreiben verwenden.

Grundsätzlich ist zu unterscheiden, wie weit das Mietrechtsgesetz (MRG) auf Ihr Geschäftslokal anwendbar ist.

Das Mietverhältnis unterliegt dem MRG:
Befindet sich das Geschäftslokal in einem Gebäude, dessen Baubewilligung vor dem 1. 7. 1953 erteilt wurde oder wenn das Gebäude nach dem 30. 6. 1953 unter Zuhilfenahme öffentlicher Mittel (Wohnbauförderung) errichtet wurde, und mehr als 2 Wohn- oder Geschäftsraumeinheiten umfasst, kommen die zwingenden Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes zur Anwendung (das MRG ist zur Gänze anwendbar – sog. „Vollanwendungsbereich“). Dies bedeutet, dass der Vermieter nur zur Erhaltung bzw. Instandsetzung der Hochwasserschäden an allgemeinen Teilen des Hauses, wie etwa die Fassade, das Dach, Außenfenster, Zäune etc. verpflichtet ist. Ebenso ist der Vermieter zur Erhaltung bzw. Instandsetzung von Schäden im Mietgegenstand selbst verpflichtet, aber nur, wenn dies zur Behebung von ernsten Schäden des Hauses erforderlich ist. Dies betrifft insbesondere Feuchtigkeitsschäden in Wänden und Fußböden, bei Schimmelbildung etc. Schäden an elektrischen-, Gas- und Wasserleitungen sind vom Vermieter nur dann Instand zu setzen, wenn dadurch Feuer-, Explosions- oder Wasserschäden im gesamten Haus drohen.

Nicht unter ernste Schäden fällt etwa das Ausmalen oder Tapezieren innerhalb des Mietgegenstandes. Solche Arbeiten sind vom Mieter auf dessen Kosten durchzuführen.

Näheres zu den Erhaltungspflichten im Vollanwendungsbereich finden sie hier.

Das Mietverhältnis unterliegt nicht oder nur teilweise dem MRG:
Handelt es sich dagegen um einen Neubau, der ohne öffentliche Mittel (Wohnbauförderung) nach dem 30. 6. 1953 errichtet wurde, oder um ein Geschäftslokal, das in einem Gebäude liegt, das nicht mehr als 2 Wohn- oder Geschäftsraumeinheiten umfasst (das MRG ist dann nicht oder nur teilweise anwendbar – sog. „Teilanwendungsbereich“ bzw. „Vollausnahmebereich“), ist für die Frage, wer die oben erwähnten Erhaltungs- bzw. Instandsetzungsarbeiten zu bezahlen hat, in der Regel die jeweilige vertragliche Regelung im Mietvertrag maßgeblich. Grenzen bestehen allenfalls im Bereich der Sittenwidrigkeit, also z.B. wenn trotz hohen Mietzinses die Erhaltungspflicht für das gesamte Gebäude an den Mieter übertragen wurde oder wenn der Mieter im Abschlusszeitpunkt des Mietvertrages Unternehmensgründer (und damit Konsument) war.

Besteht eine vertragliche Regelung im Einzelfall nicht, so ist der Vermieter hinsichtlich des gesamten Mietobjektes (ausgenommen natürlich des im Eigentum des Mieters stehenden Inventars) zur Erhaltung bzw. Instandsetzung der Hochwasserschäden verpflichtet.

Gleiches gilt für Pachtverträge.

Näheres zu den Erhaltungspflichten Teilanwendungsbereich, im Vollausnahmebereich und für Pachtverträge finden Sie hier.

In vielen Mietverträgen und Pachtverträgen ist diese Verpflichtung vorgesehen. Auch wenn dies nicht der Fall ist, sollte dies aus Fairnessgründen und zur Vermeidung späterer gerichtlicher Auseinandersetzungen gemacht werden. Insbesondere dann, wenn es sich um Schäden handelt, wofür laut Gesetz oder Mietvertrag der Vermieter erhaltungspflichtig ist, empfiehlt sich eine solche Schadensmeldung.

Dazu gibt es mehrere Möglichkeiten. Eine Variante wäre, keinen Mietvertrag sondern eine sogenannte "Bittleihe" zu schließen. Dabei wird eine Wohnung / ein Geschäftslokal vom Bittgeber unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Zu beachten ist dabei allerdings, dass diese Bittleihe vom Bittgeber jederzeit ohne Angabe von Gründen widerrufen werden kann.
Wichtig ist, dass eine Bittleihe nur dann vorliegt, wenn der Bittgeber keinerlei Entgelt (der Ersatz von Betriebskosten wäre erlaubt) erhält; wird ein Entgelt verlangt, so liegt ein Mietvertrag vor. 

Weiters sind Mietverträge in Gebäuden, in denen sich maximal 2 selbständig vermietbare Objekte befinden, generell vom Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes und damit des Kündigungsschutzes ausgeschlossen. Ein Mietvertrag kann daher sowohl hinsichtlich der Befristung als auch hinsichtlich Kündigungsfristen und -termine völlig frei vereinbart werden, ohne dass der Vermieter Gefahr läuft, den Mieter nie wieder kündigen zu können. 

Bei Geschäftsräumlichkeiten besteht die Möglichkeit, einen maximal auf 6 Monate befristeten Mietvertrag abzuschließen. Ein solcher Mietvertrag fällt nicht in den Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes und unterliegt damit auch nicht dem Kündigungsschutz. Diese Möglichkeit besteht aber nur bei Geschäftsraummieten. Wichtig ist, dass der Mietvertrag schriftlich geschlossen wird und dass Anfangs- und Endzeitpunkt des Mietvertrages genau bezeichnet werden. Wird die 6-Monatsfrist auch nur um einen Tag überschritten, verwandelt sich der Mietvertrag in einen kündigungsgeschützten dem Mietrechtsgesetz unterliegenden Mietvertrag.

Darüber hinaus ist es sowohl bei Wohnungen als auch bei Geschäftsräumen möglich, befristete Mietverträge abzuschließen. Diese Mietverträge unterliegen dann zwar dem Mietrechtsgesetz, laufen jedoch mit Ende der Befristung automatisch aus. Geschäftsräumlichkeiten können beliebig befristet werden, Wohnungen müssen mindestens auf 3 Jahre befristet werden.

Diverse Mustermietverträge für Geschäftsräume inkl. Bittleihe sind über einen Online-Ratgeber zum Download abrufbar. Der Ratgeber unterstützt Sie innerhalb von ca. 5 Minuten, die für Sie passende Variante im richtigen Anwendungsbereich zu finden.

Ja, folgende Möglichkeiten stehen zur Verfügung:

  • Die kostenlose Überlassung einer Wohnung als Bittleihe. (Nähere Informationen dazu siehe oben.)
  • Die Zurverfügungstellung einer Wohnung als Dienstwohnung. Auch in diesem Fall ist die Anwendung des Mietrechtsgesetzes ausgeschlossen. Zu beachten ist allerdings, dass der Dienstwohnungsvertrag dem Arbeitsrecht unterliegt und daher arbeitsrechtliche Kündigungsvorschriften auf die Dienstwohnung anzuwenden sind. Eine Beendigung vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses kann aber auf Grund der arbeitsrechtlichen Kündigungsvorschrift Probleme bereiten. Empfohlen wird daher der Abschluss einer Bittleihe. Außerdem darf ein Dienstwohnungsvertrag grundsätzlich höchstens auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses abgeschlossen werden.