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Zypern: Neuer Wirtschaftsbericht

Unser AußenwirtschaftsCenter in Athen hat die wichtigsten Informationen zur zypriotischen Wirtschaft für Sie zusammengefasst

Lesedauer: 4 Minuten

Zypern

Das Wirtschaftswachstum in Zypern verlangsamte sich im Jahr 2023 auf 2,5 %, nachdem es im Jahr 2022 bei 5,1 % lag. Trotz weiterhin hoher Kreditkosten und einer signifikanten Verlangsamung der Handelspartnerwirtschaften blieb die inländische Aktivität widerstandsfähig. Dank rückläufiger Inflation, einem robusten Arbeitsmarkt, jüngsten Gehaltssteigerungen für Arbeitnehmer:innen und ausreichenden fiskalischen Spielräumen lag das reale BIP-Wachstum letztendlich über dem EU-Durchschnitt.

Für das Jahr 2024 erwartet das Economics Research Center der University of Cyprus (CypERC), dass das reale Wachstum in Zypern in ähnlichem Tempo wie im Jahr 2023 anhält und sich im Jahr 2025 beschleunigt. Das reale BIP-Wachstum wird für 2024 auf 2,6 % und für 2025 auf 3,3 % prognostiziert. Zunehmende geopolitische Spannungen, insbesondere eine mögliche Eskalation des Konflikts im Nahen Osten, die wirtschaftliche Leistung der Handelspartnerwirtschaften und der zukünftige Kurs der Zinssätze belasten die inländischen Wachstumsaussichten.

Als eine der wichtigsten Stützen der zypriotischen Wirtschaft fungiert der Tourismus. Für den Tourismussektor -der jährlich bis zu 13 % zum BIP Zyperns beiträgt- war 2023 ein Rekordjahr. Mit 3.845.652 Touristenankünften (+20,1 % gegenüber 2022) wurde nur knapp der bisherige Allzeit-Rekordwert aus dem Jahr 2019 mit rund 4 Mio. Ankünften verfehlt. Hingegen wurde bei den Einnahmen mit 3 Mrd. Euro (+22,6 % gegenüber 2022) ein neuer Allzeit-Rekord aufgestellt. Der bisherige Einnahmenrekord stammte aus dem Jahr 2018 mit 2,7 Mrd. Euro.

Besondere Entwicklungen

Eine weitere wichtige Stütze wird der EU-Aufbaufonds sein. Die Europäische Kommission hat am 16.11.2023 den modifizierten Aufbau- und Resilienzplan von Zypern samt hinzugefügtem REPowerEU Kapitel positiv bewertet. Die Billigung durch den EU-Rat erfolgte am 8.12.2023. Der überarbeitete RRF-Plan für Zypern, der auf insgesamt 1,22 Mrd. Euro kommt, umfasst u.a. folgende Maßnahmen: Klimaneutralität, Energieeffizienz und Durchdringung erneuerbarer Energien: 269 Mio. Euro,  Nachhaltiger Verkehr: 91,3 Mio. Euro, Intelligentes Wassermanagement: 87,3 Mio. Euro, Effektives Gesundheitswesen und Zivilschutzsystem: 74,1 Mio. Euro, Verbesserung von Forschung und Innovation: 64 Mio. Euro, Aufrüstung der Infrastruktur für Konnektivität: 53 Mio. Euro, Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen: 51,4 Mio. Euro, Förderung von E-Governance: 36,4 Mio. Euro.

Allerdings ist Zypern insgesamt seinen vereinbarten Verpflichtungen im Rahmen des Aufbau- und Resilienzfonds (RRF) hinterhergeblieben. Bislang wurden nur 5 % der Meilensteine erreicht, und 236,7 Mio. Euro an Zuschüssen sowie 26 Mio. Euro an Krediten absorbiert. Die Aussicht auf zusätzliche finanzielle Unterstützung von der EU wird als starker Anreiz für parteiübergreifende Zusammenarbeit angesehen, um die verbleibenden Mittel freizuschalten. Diese wird auch dringend benötigt, da der neu gewählte  parteiunabhängige Präsident Christodoulides vor der Herausforderung steht – wie auch bereits sein Vorgänger Nikos Anastasiadis (DISY) – ohne eine parlamentarische Mehrheit zu regieren.

Der größte Teil der verbleibenden Mittel wird 2024-25 ausgezahlt, aber ihre Freigabe wird von der Umsetzung bestimmter Invetitionen und Reformen abhängig sein. Neben erhöhten Investitionen in den digitalen und grünen Übergang sind die Hauptreformprioritäten, die mit der EU vereinbart wurden, die Steigerung der Effizienz der öffentlichen und lokalen Verwaltung, die Verbesserung des Managements staatlicher Unternehmen, eine weitere Reduzierung der noch hohen notleidenden Kredite, die Verbesserung der Effizienz des Justizsystems und die Beschleunigung von Anti-Korruptions-Reformen.

Im zuletzt veröffentlichten EU-Innovation-Scoreboard vom 8. November 2023 konnte Zypern innerhalb von nur sechs Jahren durch einen Leistungsanstieg von über 35 Punkten vom "Moderate Innovator" zum "Strong Innovator" aufsteigen und überholte dabei vier Länder. Im Vergleich dazu konnte Österreich lediglich 6 Punkte zulegen. Dieser Erfolg spiegelt die gezielten Reformbemühungen des Landes für Innovation und die Etablierung Zyperns als Zentrum für Forschung und Unternehmertum wider.

Im Energiesektor ist Zypern bemüht sich mittelfristig als ambitionierter Wasserstoffproduzent zu positionieren. Allerdings stehen die bedeutendsten zypriotischen Energieprojekte von großem gemeinschaftlichen Interesse (IPCEI) aufgrund der Entwicklungen in Israel vor Unsicherheiten. Insbesondere die EastMed Pipeline, der EuroAsia Interconnector sowie die Erschließung des 124 Mrd. m³ Aphrodite-Unterwassergasfelds sind bis auf Weiteres ausgesetzt, oder es wird mit wesentlichen Verzögerungen bei ihrer Umsetzung gerechnet.

Mit der kolumbianischen Diplomatin Angela Holguín Cuéllar wurde Anfang des Jahres eine neue UN-Beauftragte für die Zypernfrage ernannt. Sondierungsgespräche laufen mit beiden Völkergruppen. Allerdings gilt eine Wiederaufnahme der Friedensgespräche im Jahr 2024 als eher unwahrscheinlich.

Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich 

Gemäß vorläufigen Daten der Statistik Austria gingen die österreichischen Warenexporte nach Zypern im Gesamtjahr 2023 um -7,0 % zurück auf 87,1 Mio. Euro. Die zypriotischen Lieferungen nach Österreich stiegen im Gesamtjahr 2023 um +25,2 % an und betrugen 20,3 Mio. Euro.

Dienstleistungen verzeichnen im Vergleich zu den Warenlieferungen traditionell einen größeren Wertumfang. Im Gesamtjahr 2023 betrugen die österreichischen Dienstleistungsexporte nach Zypern 173,0 Mio. Euro (-20,2 %). Die Dienstleistungsimporte aus Zypern beliefen sich auf 252,0 Mio. Euro (-6,2 %).

Die Anzahl der österreichischen Gäste auf Zypern belief sich für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2023 auf 79.786, was den bisherigen All-Time-Rekordwert des Vorjahres um +13,8 % übertraf. Auch umgekehrt wurde mit 26.901 (+38,6 %) zypriotischen Gästen in Österreich im Kalenderjahr 2023 ein neuer Rekordwert erzielt.

Nach den zuletzt veröffentlichten vorläufigen Daten der OeNB betrugen die aktiven Bestände österreichischer Direktinvestitionen in Zypern Ende 2023 1,5 Mrd. Euro (+4,5 % gegenüber den revidierten Daten von 2022). Die passiven Bestände (zypriotische Direktinvestitionen in Österreich) beliefen sich auf 806 Mio. Euro (+8,9 %).

Darüber hinaus steht Ihnen das AußenwirtschaftsCenter Athen für Auskünfte und eine persönliche Beratung zur Verfügung: Schicken Sie einfach ein E-Mail oder rufen Sie uns an (bitte verlinken).

Stand: 02.05.2024

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