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Schluss mit überlangen Bauverfahren

Neben der gesamtwirtschaftlich schwierigen Situation und den (zu) strengen Kreditvergabe-Richtlinien sorgen speziell in Graz überlange Bauverfahren für massive Probleme in der Branche. Es rumort ordentlich.

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Aktualisiert am 26.09.2024

Seit nunmehr acht Quartalen stagniert bzw. schrumpft die heimische Wirtschaft. Laut WIFO-Chef Gabriel Felbermayr handelt es sich damit um die längste rezessive Phase seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Hauptbetroffen davon ist neben der Industrie auch die Baubranche, wo die Wohnbauinvestitionen in selbigem Zeitraum um knapp ein Fünftel eingebrochen sind. Und damit dürfte das Ende der Baurezession hierzulande noch nicht erreicht sein, obwohl die von der steirischen Landesregierung initiierte Wohnraumoffensive sowie die Befreiung von Grundbuch- und Pfandeintragungsgebühren für Private erfreuliche Schritte sind. Aber sie werden erst zeitverzögert wirksam und können nichts an der aktuellen Lücke ändern.

Wurden im Jahr 2023 steiermarkweit noch 6.165 Wohnungen fertiggestellt, so sind es heuer rund 5.700 und nächstes Jahr nur mehr 2.500 Immobilien, die in Planung sind. Ein dramatischer Einbruch, der nicht nur auf die herausfordernde Gesamtkonjunktur sowie die restriktiven Kreditvergabe-Richtlinien zurückführen ist, sondern auch auf hausgemachte Probleme im Bereich der Bauverfahren, speziell in Graz, wo rund 80 Prozent der steirischen Bauprojekte durchgeführt werden. Viele dieser hängen „künstlich“ in der Pipeline, da die Stadt Graz hier bei der Erlassung der Bebauungspläne massiv säumig ist. Laut Gesetz darf die Ausarbeitung solcher Pläne nicht länger als 18 Monate dauern, in der Praxis liegt man aber speziell in der Landeshauptstadt deutlich darüber – in Einzelfällen sogar sieben Jahre.

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Eine Verzögerung, die nun auch vom Verfassungsgerichtshof als nicht zulässig beurteilt wurde. Dieses Erkenntnis nimmt die WKO Steiermark nun zum Anlass, um eine Novelle im steirischen Raumordnungsgesetz einzufordern. Konkret geht es der Interessenvertretung der Wirtschaft um eine Festlegung des exakten Beginns des Fristenlaufs – insbesondere im Zusammenhang mit der Klärung von Vorfragen für den Bebauungsplan – und andererseits um einen neuen gesetzlichen Automatismus, wonach ein Verstreichen der 18-Monate-Frist ein Auslaufen der Bebauungsplanpflicht bewirkt. Der Projektwerber soll bei Fristüberschreitung seitens der Behörde ein „normales“ Bauverfahren einleiten können. Ziel sei aber natürlich immer ein Bebauungsplan, darum wird des weiteren eine personelle Aufstockung der zuständigen Behörde gefordert bzw. die Auslagerung von Planungsarbeiten an externe Experten um hier mehr Tempo bei größtmöglicher Verfahrensqualität zu gewährleisten.

Die Statements aus der Wirtschaft im Überblick:

Josef Herk, Präsident WKO Steiermark: „Wir müssen raus aus dem Krisenmodus. Die Wettbewerbsfähigkeit unseres Standorts muss gesteigert werden, da ist kein Platz mehr für künstliche Belastungen, wie die KIM-Verordnung oder massive Verfahrensverzögerungen, wie sie die Stadt Graz der Baubranche derzeit auferlegt. Darum werden wir für die nächste Legislaturperiode des steirischen Landtags eine Novelle des Raumordnungsgesetzes einfordern, die – entsprechend dem höchstgerichtlichen Erkenntnis – mehr Rechts- und Planungssicherheit garantieren soll. Denn mit ihrem derzeitigen Vorgehen schädigt die Stadt Graz nicht nur die Bau- und Immobilienbranche, sie bringt Menschen um ihre Arbeitsplätze.“  

Gerald Gollenz, Obmann der Fachgruppe Immobilien- und Vermögenstreuhänder: „Auch die Stadt Graz muss sich bei Bebauungsplanverfahren an gesetzliche Fristen halten. Wenn das mit den derzeitigen personellen Ressourcen nicht möglich ist, dann müssen diese aufgestockt werden oder Aufgaben an externe Experten ausgelagert werden. In Graz sind viele exzellente Architekten und Planer beheimatet, die Bebauungspläne in Abstimmung mit der Stadtplanung erstellen könnten. Die gesetzliche 18-Monate-Frist muss – wie von den Höchstgerichten festgestellt – eingehalten werden! Im Fall der Fälle auch durch einen gesetzlichen Automatismus, durch den bei Fristüberschreitung die Bebauungsplanpflicht in ein normales Bauverfahren übergeht.“

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Bernhard Bauer, Obmann der WKO Regionalstelle Graz: „Die Grazer Wirtschaft leidet aktuell massiv unter Planungsmängeln seitens der Behörden und Stadtpolitik. Auf der einen Seite dauern Baustellen im öffentlichen Bereich viel zu lange, was vor allem für die angrenzenden Unternehmen mit massiven Einbußen verbunden ist. Auf der anderen Seite leistet man sich auch den Luxus von überlangen Bauverfahren, was die Investitionstätigkeit in unserer Stadt künstlich erschwert. Angesichts der großen Herausforderungen muss es hier endlich ein Umdenken geben! Die Bauwirtschaft ist kein Feindbild der Stadt, sondern sichert Arbeitsplätze und Wertschöpfung für die gesamte Region.“   

Hannes Schreiner, Immobilieninvestor: „Seit mittlerweile sieben Jahren versuchen wir am Bahnhofgürtel ein Immobilienprojekt zu realisieren. Büroräumlichkeiten mit einer Gesamtbruttogeschoßfläche von 35.000 Quadratmetern, für die die Grazer Baubehörden trotz unzähliger Gespräche einfach nicht tätig wurden. Aus diesem Grund haben wir ein Verfahren eingeleitet und durch alle Instanzen geführt. Die Höchstrichter haben uns hier bestätigt, darum prüfen wir nun auch Möglichkeiten eines Schadenersatzanspruchs gegenüber der Stadt Graz. Denn für uns als Immobilienentwickler ist diese Verzögerung über alle gesetzlichen Fristen hinaus mit einem enormen finanziellen Schaden verbunden. Das ist absolut inakzeptabel und gleicht sowohl politischer als auch behördlicher Willkür.“