Barbara Thaler, Präsidentin der Tiroler Wirtschaftskammer
© WK Tirol/ Emanuel Kaser

Zu Ende denken

„Geht’s den industriellen Leitbetrieben schlecht, leiden auch die vielen kleinen und mittleren Unternehmen in ihrem unmittelbaren Umfeld.“

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Aktualisiert am 23.04.2024

Mit dem Baupaket hat die Bundesregierung einen wichtigen Impuls gesetzt, um den Bausektor zu beleben. Das Paket beinhaltet Anreize für klimafreundliche Sanierungen, Gebührenbefreiungen, erhöhte steuerliche Abschreibungen, eine Neuauflage des Handwerkerbonus sowie eine Unterstützung der Länder bei zinsgestützten Wohnbaudarlehen. Die Zinszuschüsse fließen aber nur dann, wenn die Kriterien der Wohnbauförderung erfüllt werden. Und hier sind die so genannten „angemessenen Baukosten“ in Tirol zu niedrig angesetzt, ebenso wie die Einkommensgrenzen bei Eigentumswohnungen.

Es braucht Anpassungen, um den Fördertopf voll auszuschöpfen.“

Durch diese beiden Einschränkungen ist zu befürchten, dass ein Großteil der Bundesmittel in Tirol nicht in Anspruch genommen werden kann. Es braucht entsprechende Anpassungen, um den Fördertopf voll auszuschöpfen. Nur dann bekommt die Bauwirtschaft neuen Schwung und Wohnraum wird für die Tirolerinnen und Tiroler wieder leistbarer.

Auch die Bundesregierung selbst muss über das Baupaket hinaus denken. Die heimische Industrie braucht ebenfalls Rückenwind. Unsere industriellen Leitbetriebe warnen vor Deindustrialisierung, weil es in Österreich in vielen Bereichen überdurchschnittliche Belastungen gibt. Das beginnt bei den Arbeitskosten und geht über die Bürokratie bis hin zu den Energiepreisen. Damit werden unsere Exporte zu teuer am internationalen Markt. Noch hat es die Politik in der Hand, mit effektiven Maßnahmen gegenzusteuern und die drohende Abwanderung von Industriebetrieben zu verhindern. Von mancher Seite wird in diesem Zusammenhang Kritik laut, dass wieder einmal nur „den Großen“ geholfen werden soll. Das ist nicht richtig: Zum einen sind unsere heimischen Industriebetriebe keine riesigen Konzerne, sondern meist mittelständische Betriebe. Und zum anderen sind sie Impulsgeber für viele regionale Zulieferer und Vorleister. Geht’s den industriellen Leitbetrieben schlecht, leiden auch die vielen kleinen und mittleren Unternehmen in ihrem unmittelbaren Umfeld.

Ein zentrales Problem für alle Betriebe ist der akute Arbeitskräftemangel. Auch hier wurde an einigen Stellschrauben gedreht, etwa bei der Erhöhung steuerbegünstigter Überstunden oder den Weichenstellungen für bessere Kinderbetreuung. Doch sogar der Rechnungshof sieht dringenden Handlungsbedarf: Zwar habe es von den zuständigen Ministerien und Ländern Initiativen gegen den Fachkräftemangel gegeben, es fehle aber eine Gesamtstrategie. Mit anderen Worten: Auch dieses Thema ist nicht zu Ende gedacht.

Es gibt also genügend Hebel, wo die Politik ansetzen kann. Die nötigen Vorschläge hat die Wirtschaftskammer längst auf den Tisch gelegt. Jetzt geht es darum, die in vielen Fällen eingeschlagene richtige Richtung zu Ende zu gehen, anstatt in der Umsetzung am halben Weg stecken zu bleiben.