Alles Schokolade in der Schokoladenwelt Pichler

Genuss pur aus Osttirol: Das Sillianer Familienunternehmen Pichler erzeugt handgeschöpfte Schokolade in unzähligen Variationen.

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Aktualisiert am 24.05.2023

Zum ersten Mal mit der Schokoladenerzeugung in Berührung gekommen ist der Bäcker- und Konditormeister Hans Gerhard Pichler, als er vor der Meisterprüfung in einer Kufsteiner Konditorei praktizierte: „Dort wurde sogenannte Bruchschokolade mit Haselnüssen und Mandeln hergestellt. Später habe ich dann in unserem Bäckerei- und Konditoreibetrieb in Sillian, den zunächst nach dem frühen Tod meines Vaters meine Mutter weitergeführt hat, selbst begonnen, mich mit der Schokoladenerzeugung zu befassen, nachdem ein Kunde Schokolade mit Erdbeerfüllung von uns wollte.“

Durchbruch als Chocolatier

Wie breit, wie hoch muss eine Schokolade sein, damit sie das „Standardgewicht“ von 100 Gramm erreicht – das und viele andere Detailfragen beschäftigten den damaligen „Jung-Chocolatier“ ein gutes halbes Jahr, bis er mit dem Ergebnis seiner Tüfteleien halbwegs zufrieden war und seine ersten selbst hergestellten Schokoladen – zunächst nur mit Erdbeer- und Pflaumencremefüllung – zum Verkauf anbot. „Ich habe mir die Fachliteratur besorgt, einschlägige Kurse besucht und mich immer weiter in das Metier eingearbeitet – jahrelang neben meiner Haupttätigkeit in der Bäckerei und als Gastwirt, da in unserem Stammhaus im Zentrum von Sillian schon von meinen Großeltern und dann den Eltern auch ein Gasthof betrieben wurde.“

Ein erster Durchbruch als Chocolatier gelang Hans Gerhard Pichler vor knapp 20 Jahren, als er sich mit seinen Schokoladenkreationen anlässlich einer Weihnachtsausstellung, die WK-Bezirksstellenleiter Reinhard Lobenwein in der altehrwürdigen Tammerburg in Lienz organisiert hatte, präsentieren konnte. „Reinhard hat dem ORF mitgeteilt, dass da auch ein Osttiroler Schokoladenmacher vertreten ist. Prompt kam ein Fernsehteam und gestaltete einen Tirol-heute-Beitrag, der wenige Tage später ausgestrahlt wurde. Die erste von vielen Anfragen kam von Frau Schretter vom traditionsreichen Innsbrucker Confiserie-Fachgeschäft R.Rajsigl, das wir seither ständig mit den Pichler-Schokoladen beliefern.“ Nun musste die Produktionskapazität gesteigert werden, was erste größere Investitionen erforderte. Im Lauf der Jahre zeigte sich, dass das Nebeneinander von Bäckerei, Verpflegungs- und Beherbergungsbetrieb und der seit 1975 in Mieträumlichkeiten am Sillianer Marktplatz betriebenen Café-Konditorei mit Backwarenverkauf auf die Dauer nicht zu schaffen war.

Betriebsanalyse

„Nach einer genauen Betriebsanalyse entschlossen wir uns zur Aufgabe der Bäckerei. Wir konzentrierten uns nun voll auf den Schokoladen- und Konditoreiwarenverkauf in den Café-Räumlichkeiten und auf die Schokoladenproduktion, die wir in die vormalige Backstube verlegten. Ebenso wurde die Küche im Beherbergungsbetrieb, der als ‚Schoko-Frühstückspension‘ neu positioniert wurde, aufgelassen“. Seit 2016 gibt es nun „Pichlers Schokoladenwelt“, wo das inzwischen auf 170 Sorten angewachsene Tafelschokoladen-Sortiment, ergänzt durch Saisonartikel und Pralinen, ansprechend präsentiert wird und wo auch Kaffee- und Trinkschokolade-Spezialitäten sowie in der zugehörigen Schaukonditorei hergestellte Mehlspeisen konsumiert werden können. Das Motto „Genuss mit allen Sinnen“ wird hier durch einen überdimensionalen Schoko-Brunnen unterstrichen.

GF Pichler
© Pichler Mit Zutaten aus der Region und in immer neuen Varianten – dafür sorgt Konditormeister Hans Gerhard Pichler mit seiner Manufaktur in der Osttiroler Marktgemeinde Sillian.

Familienunternehmen

„Unseren inzwischen weit über die Landes- und Staatsgrenzen hinausgewachsenen Bekanntheitsgrad verdanken wir weitestgehend der Mundpropaganda durch unsere Kunden, die wir durch die Qualität der handgeschöpften Schokoladen und sonstigen Schoko-Kreationen überzeugen konnten. Da es unsere Produkte nicht an jeder Ecke zu kaufen gibt, punkten wir bei den Vertriebspartnern überdies mit einer gewissen Exklusivität. Es genügt uns, dass Pichler-Schokoladen in allen Landeshauptstädten und in allen Wiener Gemeindebezirken in zumeist nur einem Fachgeschäft erhältlich sind und dass wir zusätzlich Geschäfte von Mailand bis Sylt und auch in Tschechien regelmäßig beliefern dürfen.

Darüber hinaus haben wir schon vor Jahren einen Online-Shop eingerichtet und die Zusammenarbeit mit einem zuverlässigen, europaweit tätigen Logistikpartner gestartet. Das hat uns auch sehr gut über die Corona-Lockdowns und sonstigen Beschränkungen hinweggeholfen“, betont der Unternehmer, der sich auch darüber freut, dass alle betrieblichen Entscheidungen gemeinschaftlich in der Familie getroffen und dann von allen mitgetragen werden: „Meine Frau Petra ist sozusagen die Finanzministerin, kümmert sich um die Bestellungen und um  den Versand und betreut die Pensionsgäste.  Tochter Desiree ist Konditormeisterin und leitet die in der Schokoladenwelt untergebrachte Schau-Konditorei; außerdem ist sie in die Entwicklung neuer Produkte eingebunden. In der Produktion unterstützt mich maßgeblich mein Sohn Marco, der nach Abschluss der Hotelfachschule auch noch die Bäcker- und Konditorlehre absolviert hat und nun die Konditoren-Meisterprüfung anstrebt. Marco ist der ‚Erfinder‘ unserer veganen Schokoladen-Sorten, die sich inzwischen einer immer stärkeren Beliebtheit erfreuen. Desiree sorgt mit kurzen Videosequenzen für die laufende Präsenz in den sozialen Medien. Das hilft bereits enorm beim Auf- und Ausbau von Kundenbeziehungen“.

Wachstum und Flexibilität

Stetiges, aber kontrolliertes Wachstum lautet die Devise des Familienunternehmens Pichler. Dazu gesellt sich noch der Erhalt der Flexibilität: „Wir können rasch auf Kundenwünsche eingehen und gestalten auch geringe Stückzahlen, wie sie etwa für Taufen, Hochzeiten und Firmenjubiläen benötigt werden, sowohl von den Füllungen her als auch bei den Schleifen ganz individuell.

Anfangs habe ich die Schleifen noch selbst mit dem Bürokopierer gedruckt und mit einem einfachen Papierschneider händisch zugeschnitten. Inzwischen macht das längst das örtliche Grafik- und Druckunternehmen Gamma3 für uns. Wir mailen ihnen einfach die jeweiligen, manchmal auch von den Kund:innen zur Verfügung gestellten Fotos bzw. Logos und erhalten in kürzester Zeit die benötigten Schleifen, auch in Sonderformaten. Imker:innen, die dies wünschen, bekommen ‚ihre‘ Schokolade mit der aus dem eigenen Honig hergestellten Cremefüllungen, ebenso Gin- und Whisky-Produzent:innen wie etwa die bekannte Osttiroler Naturbrennerei Kuenz“, erklärt der Firmenchef, der sich nach wie vor mit großer Leidenschaft und Ausdauer der Entwicklung neuer Schoko- und Füllungskreationen widmet.

Experimentierfreude

„Man muss auf unheimlich viele Faktoren achten, wie etwa Haltbarkeit, Konsistenz, Aussehen und natürlich Geschmack. Bei einem bestimmten Sirup hat es 8 Jahre, in denen ich oft noch nachts mit veränderten Rezepturen experimentiert habe, gedauert, bis ich mit dem Ergebnis zufrieden war. Aktuell tüftle ich an Pralinen, welche die Farben und Oberflächenzeichnung unserer Planeten aufweisen sollen. Noch arbeite ich an den letzten Details“. In den Produktionsräumen dominiert die Handarbeit, wofür Hans Gerhard Pichler einige Behelfe selbst entwickelt hat. Sogar die Verpackung und der Aufdruck des Haltbarkeitsdatums erfolgt nach wie vor händisch durch geschickte Frauenhände, wobei gleichzeitig auch die Gewichts- Qualitätskontrolle erfolgt.

Die Roh-Schokolade wird aus Belgien, dem europäischen Schokoladen-Mekka, bezogen, während die Rohstoffe für die Füllungen überwiegend von regionalen Produzenten stammen. „Es schwebt mir längerfristig schon vor, auf ‚bean to bar‘, also die Produktion von der Kakaobohne bis zur fertigen Tafel, umzusteigen. Dazu bräuchte es aber es zusätzliche Fachkräfte, die aktuell einfach nicht verfügbar sind. Außerdem wären Umbauten und weitere Investitionen erforderlich. Zuletzt haben wir alle 8 Zimmer unserer ‚Schokopension‘ auf den neuesten Stand gebracht – das muss erst einmal verdaut werden.“

Weitere Infos: Pichler’s Schokoladenwelt