Sebastian Frank und Martin Iljazovic vom Repair Café Ausserfern
© Reparaturwerkstatt

Reparaturwerkstatt Reutte

Nachhaltigkeit, tüftlerische Finesse und feinste Kaffeetechnik haben in Reutte, dank Martin Iljazovic und seiner Plattform für Techniker:innen, einen neuen Spielplatz gefunden.

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Aktualisiert am 23.05.2023

Sie sind einfach schön. Und sie sind wie ein Versprechen für einen Kaffee, der nach Urlaub schmeckt. „Die Siebträgermaschinenwaren im Haushaltsbereich die Gewinner der Coronakrise. Da sind die Verkaufszahlen in die Höhe geschossen, weil die Leute auch zu Hause einen optimalen Espresso genießen wollten“, sagt Martin Iljazovic. Kein Weg wurde von den Außerferner:innen gescheut, um diese Maschinen zu erstehen, gab es vor Ort beziehungsweise im Bezirk selbst doch keinen Fachhandel und damit – im Bedarfsfall – auch kein Serviceangebot für die unschlagbaren Espresso-Meister. Jetzt, oder besser seit heurigem November, gibt es all das in der neu eröffneten Kaffeetechnik Außerfern. „Wir bieten Siebträgermaschinen und Service für Privat- und Gastronomiekunden an“, stellt Martin Iljazovic fest.

Wer ihn und seinen Mitstreiter Sebastian Frank im gelben Haus am Obermarkt in Reutte besucht, darf dem perfekten Espresso auch ziemlich nahekommen. Der Kaffee, der den Kund:innen serviert wird, stammt von der Mutter aller Siebträgermaschinen, einer 1965 geborenen – pardon – gebauten Pracht, die damals wie heute funktioniert und fasziniert. „Die volumetrische Pumpe war damals die Innovation. Für die Maschine hat man eigens eine neue Brühgruppe entwickelt, die nach wie vor im Einsatz ist“, weiß Iljazovic. Wer diesen Satz hört beziehungsweise liest, kann sich schon denken, dass dieser Breitenwanger mehr ist als ein Kaffee-Gourmet oder ein purer Händler.

Praktischer Lösungshunger

Iljazovic ist leidenschaftlicher Techniker. Das war er schon als Kind, selbst wenn er, wie er betont, damals auf der Suche nach dem Wie und Warum eines elektrischen Gerätes mehr kaputt machte als ganz. „Später kam das Moped-Schrauben und es wurde mir rasch prophezeit, dass ich in die Mechanik gehen werde“, erinnert er sich gut, denn das tat er auch. In der Ausbildung zum Land- und Baumaschinentechniker lernte er alles, was ein guter Techniker-Kopf als Basis braucht. Hydraulik, Maschinenbau, Pneumatik, Elektrotechnik, Drehen und Schweißen modellierten sein technisches Verständnis beziehungsweise seinen praktischen Lösungshunger auf feine Weise.

Kaffeemaschine & Co.

Mit dem Anfang 2020 bei der Sendung „Ding des Jahres“ präsentierten butter-leaf-Gerät, einem so eleganten wie gewieften „Ding“, das es ermöglicht, perfekt dünne Scheiben von einem kalten Stück Butter zu schneiden, machte er sich einen Namen als Erfinder. „Unter der butter-leaf GmbH machen wir hauptsächlich Produktentwicklung“, erzählt Iljazovic, „wir unterstützen auch andere Erfinder bei der Produktentwicklung, rechtlichen Fragen zu Patenten, Markenschutz oder bei der Firmengründung.“

Auf diesem Weg bekamen er und Sebastian Frank auch die Gelegenheit, herauszufinden, was im Innersten einer Kaffeemaschine passiert beziehungsweise passieren muss, um perfekten Kaffee schenken zu können. Im Zuge der intensiven Auseinandersetzung mit den koffeinspendenden Wunderwerken, wurde ihnen klar, wie schwer es für Laien ist, eine Siebträgermaschine so zu bedienen, dass auf das, was sie ausspuckt, Verlass ist. „Seit drei Jahren arbeiten wir an einem System für Siebträgermaschinen, mit dem es dem User zu Hause erleichtert wird, das klassische Espressorezept einzuhalten“, verrät Iljazovic ein Geheimnis, das in den nächsten zwei bis drei Jahren nicht nur gelüftet, sondern für alle Brühgruppen am Markt erhältlich sein soll.

Siebträgermaschine bei der Reparatur
© Reparaturwerkstatt Siebträgermaschinen waren während der Coronakrise im Außerfern gefragt wie nie. Da es im Bezirk noch keinen Fachhandel und auch kein Serviceangebot gab, machten sich Martin Iljazovic und Sebastian Frank an die Arbeit.

Reparatur-Netzwerk

Die unternehmerische Aufmerksamkeit des findigen 35-Jährigen ist breit gestreut und nicht nur auf Praktisches, sondern auch auf Nachhaltiges gerichtet. Zusammen mit der Kaffeetechnik Außerfern wurde im November 2022 im gelben Haus auch die Reparaturwerkstatt eröffnet. Diese dient – der Name sagt es schon – der Reparatur kaputter Geräte. Ganz egal, um welches Gerät es sich handelt. Das schont die Umwelt genauso wie die Geldtasche. So wird die Reparaturwerkstatt am Reuttener Obermarkt zu einem ökologischen und ökonomischen Win-win-Zentrum, das mit dem Reparaturbonus befeuert wird. „Der Bonus ist genial. Endlich fängt man da an, wo in der Kreislaufwirtschaft der erste Punkt der Nachhaltigkeit ist – und das ist nun eimal, Geräte länger verwenden und reparieren zu können“, ist Iljazovic begeistert von der Möglichkeit, die Reparatur eines Gerätes vom Staat gefördert zu bekommen.

Das Problem, an das diese gute Idee immer wieder stößt, ist die fortgeschrittene Wegwerfgesellschaft, die auf Umwegen auch verhinderte, dass genügend Leute ausgebildet wurden, die reparieren können. „Diese Techniker verstecken sich überall. Das sind Pensionisten, die es wirklich gelernt haben oder Leidenschaftliche, die tolle Werkstätten zu Hause haben“, weiß Iljazovic um die Heerschar an „hidden“ Reparaturchampions. Genau diese Techniker will er mit der Reparaturwerkstatt hervorlocken wundeinbinden in ein umfassendes Reparatur-Netzwerk, ihr Know-how wie ihre Werkstätten nutzen und mit jenen Menschen zusammenbringen, die ihre Geräte repariert haben wollen. Iljazovic: „Wer einen wertvollen Beitrag für die Gesellschaft leistet, soll das nicht umsonst tun. Wir haben mit unserem Steuerberater ein System entwickelt, sodass keine Wahnsinns-Bürokratie hinter der Abwicklung steckt.“

Schnittstelle

In diesem genial anmutenden Netzwerk-Modell bildet die Reparaturwerkstatt die Schnittstelle, wo nicht nur die Aufträge vermittelt, der Reparaturbonus und die Abrechnung abgewickelt werden, sondern auch die Endkontrolle stattfindet, bevor das reparierte Gerät übergeben wird. „Was repariert wurde, muss funktionieren. Wir übernehmen die Gewährleistung für die Reparatur“, betont der Erfinder. Mit Projekten, wie diesem, machen Umwelt und Klimaschutz richtig Spaß, oder? „Ja, das ist wie ein Spielplatz der Nachhaltigkeit“, sagt Iljazovic. Einer der externen Reparaturwerkstatt-Partner hat gerade alle Hände voll zu tun, Nähmaschinen zu reparieren. „Da stehen wir als Techniker oft davor, schauen rein und sagen, wie cool kann so eine Nähmaschine sein“, sagt Martin Iljazovic. Er ist eben ein Techniker-Kopf. Ein leidenschaftlicher. Und ein guter.

Weitere Infos: Repair Café Ausserfern