Über die Jahre wurden auf einem ehemaligen Acker zwischen Galtür und Wirl an die 30.000 vorgezogenen Enzianpflanzen kultiviert.
© Enzian cultiviert

Enzian cultiviert: Zum Trinken, Waschen und Cremen

Die Herstellung von Enzianschnaps hat im Tiroler Galtür seit Jahrhunderten Tradition. Seit 2021 gibt es den Enzian jetzt auch als Lotion und Seife – als „Enzian cultiviert“.

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Aktualisiert am 02.10.2023

Im Tiroler Paznaun wird seit Jahrhunderten die Wurzel des Gelben Enzians – übrigens Arzneipflanze des Jahres 2022 – zum traditionellen Enzner gebrannt. Jedes Jahr am 8. September, dem Galtürer Kirchtag, werden insgesamt 13 Grabungsrechte für jeweils 100 Kilogramm Enzianwurzen verlost. Daraus können jeweils 6 bis 8 Liter Schnaps gebrannt werden. „Diesen begehrten Galtürer Enzner gibt es nicht zu kaufen. Unter Galtürern heißt es deshalb nicht zu Unrecht, man müsse ihn sich hart verdienen“, erklärt Heidrun Walter, eine der Geschäftsführerinnen von Enzian cultiviert. Im November 2013 wurde das Wissen um die Standorte, das Ernten und das Verarbeiten des Enzians sogar in das Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes in Österreich aufgenommen.

Ein Kraut für alle Fälle

In kleinen Mengen getrunken, gilt der aromatisch-erdige Enzner bei den Einheimischen als Medizin, die gegen fast alles hilft, so sagen viele Paznauner. „Die Wirkung der Heilpflanze beruht fast ausschließlich auf Bitterstoffen. Das im Gelben Enzian enthaltene Amarogentin ist der bitterste bekannte Naturstoff der Welt“, erklärt Alexandra Walter, auch Geschäftsführerin von Enzian cultiviert. Im Jahr 2017 startete der passionierte Galtürer Schnapsbrenner und Edelbrandsommelier Hermann Lorenz, der Ehemann von Alexandra Walter, das Projekt „Galtürer Enzian“. Dazu wurden über die Jahre auf einem ehemaligen Acker zwischen Galtür und Wirl mittlerweile rund 30.000 vorgezogene Enzianpflanzen kultiviert. Der Acker in Galtür ist das größte kultivierte Enzian-Feld im alpinen Raum. 

Alexandra und Heidrun Walter sind die Gründerinnen hinter „Enzian cultiviert“.
© Enzian cultiviert Alexandra und Heidrun Walter sind die Gründerinnen hinter „Enzian cultiviert“.

Hilft von außen und innen

Für Alexandra Walter und Heidrun Walter wurde somit das Interesse geweckt, nicht nur die Enzianwurzel zu Schnaps zu brennen, sondern auch den Rest der Pflanze nachhaltig zu verarbeiten. So entstand ihr gemeinsames Unternehmen „Enzian cultiviert“. „Die bitterstoffreichen Blätter und Blüten waren bei der Schnapserzeugung bislang ungenutztes Nebenprodukt. Noch nie wurden diese Pflanzenteile einer Veredelung zugeführt“, erklärt Alexandra Walter, selbst Ärztin und diplomierte Phytotherapeutin. Gemeinsam mit Marketingexpertin Heidrun starteten sie in der Coronazeit neu durch – und der Erfolg gibt ihnen Recht.

Die Produkte von Enzian cultiviert verzichten auf eine lange Zutatenliste.
© Enzian cultiviert Die Produkte von Enzian cultiviert verzichten auf eine lange Zutatenliste.

Enzian cultiviert

Gemeinsam mit Pharmakologen, Agrarbiologen und Herstellern aus dem Kosmetikbereich wurde über Monate an optimalen Rezepturen gearbeitet, welche dem einzigartigen Inhaltsstoffen der Pflanze gerecht werden. „Das Wissen von Freunden, Einheimischen und Kennern half uns in vielen Belangen. Die Rückmeldungen aus ersten Produkttests bestätigten, dass der Enzian hielt, was er versprach: ein angenehmes Gefühl beim Waschen und Cremen und merklich weichere Haut“, so die beiden Galtürer Unternehmerinnen.

Handarbeit & Nachhaltigkeit

Die Blüten und Blätter des Gelben Enzians werden in den Sommermonaten händisch geerntet. „Auch das Einpflanzen und Jäten wird in Handarbeit erledigt“, lacht Heidrun Walter. So verbringen Hermann, Alexandra und Heidrun von Frühling bis Herbst fast täglich mehrere Stunden am Enzianfeld. Hermanns Mama Irma ist auch seit vielen Jahren eine große Hilfe und unterstützt wo es geht.  Aus dem gesammelten, getrockneten Grün und Gelb werden die Inhaltsstoffe in einem schonenden Verfahren extrahiert. „Noch nie vorher wurde ein Extrakt aus diesem oberirdischen Teil der Pflanze in Arzneimittelqualität gewonnen und auch das Arbeiten damit ist neuartig“, erklärt Alexandra Walter.

Heidrun und Alexandra Walter haben aus dem Galtürer Enzian "mehr" herausgeholt. Von Frühling bis Herbst verbringen die beiden Geschäftsführerinnen täglich mehrere Stunden am Enzianfeld.
© WK Tirol Heidrun und Alexandra Walter haben aus dem Galtürer Enzian "mehr" herausgeholt. Von Frühling bis Herbst verbringen die beiden Geschäftsführerinnen täglich mehrere Stunden am Enzianfeld.

Natur pur

„Enzian cultiviert“ verzichtet auf lange Zutatenlisten. Ein ganz besonders hoher Anteil an Extrakt im Endprodukt war die Prämisse zur Erstellung der Rezepturen. Die Produktion erfolgt in Tirol. Abgefüllt wird in 100 Prozent REpet-Flaschen. Das heißt, dass diese Flaschen und Tiegel aus bereits recyceltem Kunststoff hergestellt werden. Die Umverpackungen werden aus Naturkarton produziert. Die Lieferanten und Geschäftspartner finden die zwei Galtürerinnen fast ausschließlich in Tirol.
Das Sortiment von Enzian cultiviert umfasst mittlerweile Duschseife, Lotion, Seifenkugel, Gästeseifen (20 g) und Handcreme (ab Herbst 2023) in verschiedensten Verpackungen. Die Produkte sind bei ausgewählten Partnern oder im Onlineshop erhältlich.

Weitere Informationen unter: www.enzner.at