Alexander Hechenberger (3.v.l.) ist mit seinem Addion-Team der Perfektion im 3D-Druck auf der Spur.
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Addion: 3D-Druck auf höchstem Niveau

Alexander Hechenberger, Geschäftsführer der Addion GmbH in Oberndorf, ist schon fast ein „alter Hase“ in Sachen 3D-Druck.  Allein im letzten Jahr wurden 15.000 ultrarealistische künstliche Augen in die Welt geschickt.

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Aktualisiert am 30.05.2023

Dieser Satz bringt die Dynamik, in der sich der 3D-Druck weiterentwickelt, ziemlich gut auf den Punkt: „Wir melden keine Patente an, weil unsere Produktentwicklung so schnell ist“, erklärt Alexander Hechenberger. Wenn Konstruktionsdaten innerhalb eines Jahres schon alt sind, macht das Patent-Prozedere keinen Sinn und so kann der Geschäftsführer der Addion GmbH all seine Energie in die Produktentwicklung und -produktion stecken. Die der menschlichen Organe oder der künstlichen Augen beispielsweise, bei denen das Oberndorfer Unternehmen längst seine Meisterschaft bewiesen hat. Die künstlichen Augen ersetzen tierische und die Tatsache, dass diese diffizilen, weichen Gewebestrukturen derart lebensnah per 3D-Druck produziert werden können, dass Ärzt:innen an ihnen üben und Pharmafirmen Produkte an ihnen testen, zeigt, welche Grenzen mit dieser Technologie gesprengt werden.

In Kooperation mit der Firma eyecre.at GmbH wurden 2022 rund 15.000 künstliche Augen zu Pharmaunternehmen, Forschungseinrichtungen und Ärzt:innen auf der ganzen Welt geschickt. „Ja, die sind schon fast in jedes Land geliefert worden“, sagt Hechenberger, dessen Know-how so einzigartig ist, wie seine Geschichte als Unternehmer: „Ich habe die Firma seit neun Jahren. Mein Vater hat sie gegründet, weil ich damals erst 17 Jahre und für die Firmengründung zu jung war.“ Heute ist Hechenberger 25 Jahre alt und es ist sein frühes Durchstarten in Kombination mit der Entwicklungsgeschwindigkeit, die ihn fast schon zu einem „alten Hasen“ im 3D-Druck machen. „Ich bin mit einem kleinen Drucker eingestiegen und musste mir alles selber beibringen – mit Hilfe der Communitys im Internet“, blickt er ein paar Jahre zurück, als der 3D-Druck gerade laufen lernte und den jungen Tiroler schwer faszinierte.

„Mein Vater hat die Firma gegründet, weil ich damals erst 17 und für die Firmengründung zu jung war.“

Riesige Technologiesprünge

Den ersten Drucker, der wie eine computergesteuerte Heißklebepistole funktionierte, hat er selbst gebaut. Dann kam der erste SLA-Drucker, dessen Funktionsprinzip darauf basiert, dass flüssige Kunststoffe mit Hilfe eines Lasers ausgehärtet werden. „Dieser Turboplaster war ein riesiger Technologie-Sprung, mit dem eine viel höhere Präzision möglich wurde“, sagt Hechenberger. Die Multijettingtechnologie war der nächste Schritt: „Das ist auch ein Turboplaster, aber man kann in einem Arbeitsgang mehrere Materialien miteinander beziehungsweise ineinander fertigen.“ Sechs unterschiedliche Materialien mit unterschiedlichen Eigenschaften verarbeitet die neueste Addion-Maschine „auf einen Streich“ und weil das Addion-Team die flüssigen Grundmaterialien perfekt zu mischen versteht, konnten bereits um die 400 verschiedene Materialien verarbeitet werden. Tendenz steigend. „Es ist irre, was auf diesem Gebiet passiert.

"Unsere Ziele sind die Perfektionierung des Auges und die Ausweitung auf weitere Körperteile". so Hechenberger
© Addion "Unsere Ziele sind die Perfektionierung des Auges und die Ausweitung auf weitere Körperteile". so Hechenberger

Es gibt wahnsinnig viele verschiedene Anwendungen, Technologien und Materialien. Da bewegt sich viel“, macht Hechenberger auf das disruptive Potenzial des 3D-Drucks aufmerksam, der sich immer mehr der „Serien-Reife“ annähert – in dem Sinn, dass der Spritzguss als bislang wirtschaftlichste Form der Serien-Fertigung teils durch industriellen 3D-Druck abgelöst werden kann. Diese Entwicklung konnte Alexander Hechenberger noch nicht vorhersehen, als er mit seiner Firma startete und mit „ein bissl Maschinenbau“ und „ein bissl Architektur“ in den Markt einstieg. Eine Ahnung vom Potenzial der Technologie muss er aber gehabt haben. „Man braucht einen Hang dazu, um sich so reinzusteigern“, sagt er, lacht und hält weiter fest: „Am Anfang gab es viele Probleme, wir haben selbst einiges am Drucker umgebaut, dann waren die Resultate schon relativ cool und haben viele Möglichkeiten aufgezeigt.“

Das Potenzial wächst parallel zum Know-how in straffem Takt.
© Addion Das Potenzial wächst parallel zum Know-how in straffem Takt.

Grenzen sprengen

Diese Möglichkeiten auszuloten steckt in der DNA der Addion GmbH und die Anwendungsgebiete reichen vom Druck simpler Anschauungsmodelle über Ersatzteile für Handwerker oder auch große Industriemaschinen, Prototyping oder die Produktentwicklung. Am Beispiel der Zusammenarbeit mit der Wattener Medizintechnik-Firma iSYS, die sich auf medizinische Präzisionscomputer spezialisiert hat, erklärt Hechenberger den Loop: „In einer Entwicklungsphase wie dieser drucken wir Abdeckungen, Applikationen, Führungen et cetera. Die werden getestet, adaptiert und wieder gedruckt bis das Produkt passt und in den Spritzguss gehen kann.“ Mit Einbindung der professionellen 3D-Druck-Meister lassen sich Kosten sparen und Risiken minimieren, wobei die Finesse der Anlage vor allem bei medizinischen Produkten Grenzen sprengt. In dem Zusammenhang war ein von der Standortagentur Tirol eingefädeltes Treffen Alexander Hechenbergers mit David Ortner wegweisend.

David Ortner, der Geschäftsführer von eyecre.at, war schon lange in der Augenheilkunde-Branche tätig gewesen, wo bis dato Schweineaugen für Schulungs- oder Lernzwecke verwendet wurden. „Er hat sich überlegt, wie man das verbessern kann und als wir uns trafen, haben wir sofort die Synergien erkannt, uns zusammengetan und gleich einiges probiert“, erzählt Hechenberger.

Das gemeinsame Tüfteln an künstlichen Augen hat in den beiden eine starke Innovations-energie entfesselt – eine Energie, die auch unbedingt notwendig ist, wenn menschliches Gewebe nachgebildet werden soll. Mehr noch als andere Organe hält das Auge ganz besondere Herausforderungen bereit. „Man braucht Transparenz und viel Flüssigkeit, also sehr weiche, galertartige und flüssige Materialien und die werden dann verbaut. Die Sklera beispielsweise, die weiße äußere Hülle des Augapfels, besteht aus verschiedenen Schichten und die können wir alle drucken. Man kann sie ablösen, dahinter etwas implantieren und sie wieder vernähen. Das ist schon der Wahnsinn“, ist Hechenberger selbst begeistert von den Möglichkeiten, die nicht nur Augenärzt:innen schätzen, wenn sie an den künstlichen Augen OP-Methoden üben, sondern auch Pharmaunternehmen, wenn sie neue Produkte, wie beispielsweise eine Linse, testen.

40.000 Einzelteile

Allein hinter beziehungsweise in den 15.000 Augen, die vergangenes Jahr produziert wurden, stecken rund 40.000 Einzelteile. „Dann kommen noch Flüssigkeiten und viel anderes dazu“, weiß Hechenberger, dessen Addion GmbH vier Mitarbeiter:innen zählt und für den Druck verantwortlich ist. „Wir haben separat gegründet und uns dann zusammengeschlossen. Bei eyecre.at sind fünf Mitarbeiter:innen beschäftigt. Dort, in Kematen, findet der Zusammenbau, die Füllung und der Versand statt“, so Hechenberger, der sehr eng mit dem Hersteller der Materialien zusammenarbeitet: „Wir sind bei jeder Innovation eine der ersten Firmen, die es erfahren. Dann haben wir auch eine eigene Materialentwicklung, für die wir die Grundmaterialien nehmen und mischen, sodass wir auf die Materialeigenschaften kommen, die wir wollen.“

Die Basis, um im Bereich der medizinischen Modelle aber auch der anderen Anwendungsbereiche weiterhin die Nase vorn zu haben, ist jedenfalls längst gelegt. Hechenberger: „Unsere Ziele sind die Perfektionierung des Auges und die Ausweitung auf weitere Körperteile. Derzeit arbeiten wir beispielsweise am Augenlid, haben schon Haut und andere Organe gedruckt und sehen darin das Potenzial unseres Know-hows.“ Es bleibt superspannend – und das in straffem Takt.

Weitere Infos: www.addion.at