Dachdecker im hölzernen Dachstuhl
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WKÖ-Gewerbe und Handwerk: Zielgenauer „Booster“ gegen Bauschwäche

Aufträge sinken stärker als während Corona-Pandemie - Obfrau Renate Scheichelbauer-Schuster plädiert für Sanierungsbonus und realistische Kreditregeln

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Aktualisiert am 10.10.2023

Die Sorgen um den Baubereich haben sich leider bewahrheitet: Wie die aktuelle Konjunkturbeobachtung für das Gewerbe und Handwerk zeigt, hat die schwache Entwicklung speziell im privaten Wohnbau bereits Schatten auf andere Branchen geworfen. 

Im ersten Halbjahr 2023 gingen die Aufträge bzw. Umsätze insgesamt um wertmäßig (nominell) -2,1 Prozent zurück. Ein vollständigeres Bild zeichnet die mengenmäßige Entwicklung, die die Preissteigerungen ausblendet. Demnach betrug das (reale) Minus über das gesamte Handwerk und Gewerbe –9,1 Prozent. In allen Branchen lag die Geschäftsentwicklung real im ersten Halbjahr 2023 im negativen Bereich. Besonders stark betroffen waren die vom Bausektor abhängigen Bereiche wie das Baugewerbe (–17,2 Prozent), Kunststoffverarbeiter (-12,2 Prozent), Holzbau (-14,3 Prozent) sowie Tischler und Holzgestaltende Gewerbe (-13,2 Prozent).

Im dritten Quartal 2023 ist der Auftragsbestand in den investitionsgüternahen Branchen mit -11,9 Prozent sogar noch stärker zurückgegangen als im vergleichbaren Jahresviertel des Coronajahres 2020 (damals -10,8 Prozent). "Im Baugewerbe beträgt das Minus sogar -18,7 Prozent. Seit 2011, seit dieser Indikator abgefragt wird, haben wir noch nie einen Rückgang der Aufträge in dieser Höhe beobachtet", sagt Christina Enichlmair von KMU Forschung Austria. 

Alarmierender Rückgang

"Dass der Auftragsbestand im baunahen Bereich so stark sinkt, ist alarmierend. Unsere konsumnahen Branchen kommen ebenfalls seit Jahren nicht aus dem Krisenmodus heraus", sagt Renate Scheichelbauer-Schuster, Obfrau der Bundessparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer Österreich.

 

Der Ausblick auf das vierte Quartal ist gegenüber dem Vorquartal pessimistischer geworden: In den konsumnahen Branchen – wie u.a. Fahrzeugtechnik, Mechatroniker, Fotografen oder Gesundheitsberufe - überwiegen nun die negativen Erwartungen knapp (Saldo: -1 Prozentpunkt). Bei den investitionsgüternahen Branchen rechnen sogar um 26 Prozentpunkte mehr Unternehmen mit Rückgängen als mit Steigerungen ihrer Aufträge.

 

Hoher Lohnanteil

 

Diese düsteren Aussichten auf die Wirtschaftsentwicklung bringen viele Unternehmen angesichts der startenden Lohnverhandlungen in eine absehbar schwierige Situation. Der Lohnanteil im besonders personalintensiven Handwerk und Gewerbe beträgt zum Beispiel 38 Prozent im Baugewerbe, 40 Prozent bei den Bäckern oder 80 Prozent bei den Gebäudereinigern.

 

„Wir brauchen jetzt wirtschaftspolitische Impulse, die kurzfristig und zielgerichtet wirken“, so Scheichelbauer-Schuster. „Besonders wichtig ist ein Booster für die Bauwirtschaft, damit eine Trendumkehr ausgelöst wird.“ Neben einer Förderung der Investitionen in den Wohnbau sollte ein Sanierungsbonus die Nachfrage ankurbeln, ohne die Inflation anzuheizen.

 

Konjunkturimpuls Sanierungsoffensive

 

„Ein Teil einer solchen Sanierungsoffensive sollte ein neuer, ausgeweiteter Handwerkerbonus sein, um die regionalen Wirtschaftskreisläufe und damit besonders unsere KMU zu stärken“, so Scheichelbauer-Schuster: „Diese Maßnahme würde nicht nur effektiv zum Klimaschutz beitragen, Stichwort Dämmung und energetische Sanierungen. Sie würde zugleich verhindern, dass in der Rezession Fachkräfte in andere Branchen abwandern, die wir für die Umsetzung der Klimaziele dringend brauchen werden.“ Die Spartenobfrau verweist darauf, dass der Handwerkerbonus der Jahre 2014 bis 2017 überdies Schwarzarbeit eingedämmt und sich als aufkommensneutral für das Budget erwiesen hatte.

Weitere Vorschläge sind:

  • Die Kreditregeln müssen wieder Investitionen in den Wohnbau ermöglichen, damit sich junge Familien ein Eigenheim schaffen können.
  • Die öffentliche Hand sollte bereits bewilligte Projekte - wie Kindergärten und Jugendzentren - rasch umsetzen. Das würde auch dem Schwerpunkt der Regierung im Bereich Kinderbetreuung und Kinderbildung entsprechen.
  • Eine Inflationsanpassung der Schwellenwerte würde unbürokratische Auftragsvergaben vor Ort begünstigen und wie ein regionales Konjunkturprogramm wirken.
  • Die Wohnbaufördermittel sollten wieder für die Schaffung oder Sanierung von Wohnraum zweckgewidmet werden.

"Wir brauchen von der Politik wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die plan– und kalkulierbar sind. Dann werden wir mit unseren Talenten, Fähigkeiten und unserem Unternehmergeist auch den Turn-around schaffen", ist Scheichelbauer-Schuster abschließend überzeugt. (PWK342/HSP)