Ein-Personen-Unternehmen
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EPU: WKOÖ fordert Entlastung bei Steuern und Bürokratie

Knapp 62 Prozent der oberösterreichischen Unternehmen sind Ein-Personen-Unternehmen. Für diese Zielgruppe fordert die Wirtschaftskammer gezielte Erleichterungen.

Lesedauer: 6 Minuten

Aktualisiert am 17.04.2024

Knapp 62 Prozent der oberösterreichischen Unternehmen sind Ein-Personen-Unternehmen (EPU). Oberösterreich befindet sich dabei in guter Gesellschaft – rund 60 Prozent aller Unternehmen in Europa sind Kleinstbetriebe ohne angestellte Beschäftigte. Diese Zahl steigt weiter. In den vergangenen Jahren konnte ein Anstieg von rund 1.500 EPU pro Jahr verzeichnet werden, was auf eine kontinuierliche Nachfrage nach selbstständiger Tätigkeit hinweist. Unabhängigkeit und Selbstverwirklichung werden in diesem Zusammenhang als die hauptsächlichen Gründungsmotive angegeben.

„Ein-Personen-Unternehmen stehen u.a. vor Herausforderungen wie begrenzter zeitlicher und finanzieller Ressourcen und der alleinigen Verantwortung für alle Geschäftsbereiche. Sie brauchen daher mehr unternehmerische Handlungsspielräume, insbesondere durch die Entlastung bei Bürokratie und Steuern“, fordert WKOÖ-Präsidentin Doris Hummer.

Steuerliche Erleichterungen und Investitionsanreize 

Anhebung der Grenze für Geringwertige Wirtschaftsgüter: Die Anhebung der GWG-Grenze von 1.000 Euro auf zumindest 2.000 Euro würde eine direkte Absetzbarkeit der Aufwendungen und Ausgaben ermöglichen und den Verwaltungsaufwand in der Gewinnermittlung wesentlich reduzieren.

Abschaffung von Bagatellsteuern: Die ersatzlose Streichung zahlreicher steuerlicher Bestimmungen mit geringer Aufkommenswirkung, aber hoher administrativer Belastung für Finanzverwaltung und Steuerpflichtige (Bagatellsteuern wie Werbeabgabe, Rechtsgeschäftsgebühren) würde wesentlich zur Systemvereinfachung beitragen.

EPU
© WKOÖ WKOÖ-Präsidentin Doris Hummer, EPU-Sprecher Michael Stingeder.

Soziale Absicherung

  • Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die freiwillige Arbeitslosenversicherung von Selbstständigen: Verkürzung der notwendigen Dauer der vor der Selbständigkeit liegenden unselbständigen Beschäftigung von 5 auf 3 Jahre. Verkürzung der derzeitigen 8-jährigen Bindungsfrist auf 5 Jahre.
  • Flexiblere Rahmenbedingungen in der Arbeitslosenversicherung für Selbständige im Rahmen des Opting-In-Modells: In der Gründungsphase fehlt oft die Zeit, sich mit der Frage des Opting-In in die Arbeitslosenversicherung zu beschäftigten. Viele Selbständige wissen am Beginn nicht, wie erfolgreich sie sein werden. Daher brauchen Unternehmerinnen und Unternehmer flexiblere Rahmenbedingungen wie etwa die Ausweitung der Eintrittsmöglichkeit von derzeit 6 auf 24 Monate und verbindliche und klare Informationen zum spätestmöglichen Eintrittszeitpunkt.

Weniger Bürokratie 

  • Verbesserung der Kleinunternehmerregelung: Steuerliche Umsatzgrenzen werden bei hoher Inflation schneller erreicht, was besonders EPU und Kleinunternehmen trifft. Aktuell beträgt der Maximalwert für die umsatzsteuerliche Grenze in der Kleinunternehmerregelung gem. EU-Recht 35.000 Euro und sollte 2025 von der EU auf 85.000 Euro erhöht werden. In der Einkommensteuer gibt es bis zu einer Umsatzgrenze von 40.000 Euro die Möglichkeit, die Kleinunternehmerpauschalierung in Anspruch zu nehmen. Diese Pauschalierung stellt eine große Verwaltungsvereinfachung für Kleinunternehmer dar. Auch diese Grenze soll analog zur Kleinunternehmerregelung mit 2025 auf 85.000 Euro angehoben werden, um die Unternehmen von unnötiger Bürokratie zu befreien.
  • Schaffung von Raum für Unternehmertum: Aufgrund knapper personeller und finanzieller Ressourcen sind die Vielzahl an bürokratischen Vorschriften und Regulierungen, insbesondere für EPU eine Herausforderung. Maßnahmen zum Abbau von Bürokratie sind u.a. die konsequente Umsetzung des Grundsatzes „Beraten statt strafen”, die Entschärfung des Kumulationsprinzips im Verwaltungsstrafgesetz, die Identifikation und Abschaffung unnötiger Regulierungen oder etwa die Reduktion und Vermeidung von Gold-Plating-Bestimmungen.

„EPU sind unverzichtbar für den heimischen Wirtschaftsstandort und ein wesentlicher Teil unserer Wertschöpfungskette. Es braucht Entlastung und Bürokratieabbau, um den EPU die unternehmerischen Freiräume zu gewähren, die sie verdienen“, bringt es Doris Hummer auf den Punkt.

Bereits erzielte Verbesserungen 

  • Geringwertige Wirtschaftsgüter: Erhöhung der Abschreibungsgrenze von 800 Euro auf 1.000 Euro für die Abschreibung.
  • Senkung der Einkommensteuertarife: In der 2. Tarifstufe von 35 Prozent auf 30 Prozent (seit 2023), in der 3. Tarifstufe von 42 Prozent auf 40 Prozent (seit 2024).
  • Verlängerung der Regelung zum Krankengeld für Selbständige: Bei längerem Ausfall bei Krankheit oder Unfall von mehr als 42 Tagen rückwirkend ab dem 4. Krankenstandstag.
  • Arbeitsplatzpauschale: Einführung einer Abschreibungsmöglichkeit für den Arbeitsplatz im Wohnungsverband von 1.200 Euro.
  • Kleinunternehmerregelung: Erhöhung der Umsatzgrenze, ab der Unternehmen Umsatzsteuer zahlen müssen, von 30.000 Euro auf 35.000 Euro 


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Große Zufriedenheit mit EPU-Services

So unterschiedlich die Betriebe auch sein mögen, die Herausforderungen dieser knapp 54.000 „Einzelkämpfer“ sind doch immer ähnlich. EPU bieten ihre Produkte und Dienstleistungen als „All in one“-Unternehmer an und müssen sich von der Kundenakquise bis hin zur Buchhaltung um alles kümmern. Umso wichtiger sind Service, Netzwerk und Unterstützung. „Die Zufriedenheit der heimischen Ein-Personen-Unternehmen mit den genutzten Services ist laut einer aktuellen market-Umfrage mit 86 Prozent sehr hoch“, freut sich Michael Stingeder, Sprecher der Ein-Personen-Unternehmen in der WKOÖ. „Wir entwickeln unsere Servicepalette laufend weiter, um die EPU in Oberösterreich in ihrer unternehmerischen Tätigkeit zu unterstützen.“ 

„Jene Ein-Personen-Unternehmen, die jährlich mit uns im persönlichen Kontakt stehen, besuchen im Schnitt drei Veranstaltungen pro Jahr und haben zusätzlich vier Service-Anfragen. Stark nachgefragt werden dabei rechtliche Auskünfte, insbesondere Gewerbe- und Branchenrecht, Vertragsrecht und Sozialversicherungsrecht. Aber auch Entwicklungsthemen wie Finanzierung, Digitalisierung und Innovation sind in den letzten Jahren stark gewachsen.“ 

WKOÖ-Service-Offensive für EPU

Mit einer breit angelegten Service-Offensive soll den Ein-Personen-Unternehmen zukünftig noch mehr unter die Arme gegriffen werden. Das Service-Paket beinhaltet etwa einen „Break-Even-Rechner“, um den Mindestumsatz zu berechnen, ab dem sich ein Mitarbeiter rechnet. Ein Sozialversicherung- und Steuer-Rechner soll einen Überblick über die zu erwartenden Zahlungen geben und für eine bessere Planbarkeit sorgen. Mit dem EPU-Portal www.epu.wko.at bietet die Wirtschaftskammer eine eigene Plattform für diese Personengruppe an.

 „Als WKOÖ sehen wir uns als erste Anlaufstelle sowie als Partner für alle Ein-Personen-Unternehmen. Besonders wichtig ist, dass wir für eine breite Zielgruppe an Ein-Personen-Unternehmen unterschiedliche Angebote zur Verfügung stellen“, so EPU-Sprecher Michael Stingeder.

  • Meetingraum: Insbesondere bei EPU sind der Arbeitsplatz und der Wohnbereich oft schwer räumlich trennbar. Unser modern ausgestatteter Meetingraum am WIFI Linz bietet Ein-Personen-Unternehmen eine professionelle Arbeitsplatzsituation. Er kann kostenlos für Geschäftsmeetings und Präsentationen reserviert werden. Das Angebot besteht auch in vielen WKO-Bezirksstellen und ab dem Sommer auch in der WKO Oberösterreich in Linz.
  • Webinare: Im digitalen Zeitalter gilt es, sich schnell und effektiv fortzubilden, um breit aufgestellt zu sein. Bei hochkarätigen Webinaren speziell für EPU erhalten die Unternehmen Top-Weiterbildung frei Haus. So spart man viel Zeit und profitiert vom vielfältigen Angebot.
  • wîse up: Dem Wunsch nach digitaler Aus- und Weiterbildung trägt die Wirtschaftskammer u.a. mit der digitalen Weiterbildungsplattform wîse up Rechnung: Online-Lernstrecken zu Social Media, Marketing & Vertrieb, Finanzmanagement, Soft Skills, Cyber Security oder Export eröffnen EPU neue Handlungsmöglichkeiten.
  • Erfolgs-Tipps für EPU: Die „Erfolgs-Tipps“ der Wirtschaftskammer beziehen sich auf alles, was EPU weiterbringt. Hier erhalten EPU wichtige Tipps zu Steuern, sozialer Absicherung, KFZ-Kosten und vieles mehr.
  • Trendguides für EPU: Die Trendguides zeigen Ein-Personen-Unternehmen, welche Trends für sie wichtig sind und wie sie sich für die Zukunft erfolgreich aufstellen können. Antworten auf die Frage, was Digitalisierung ganz konkret für ihr Unternehmen bedeutet und ein praktischer Umgang mit Zukunftstechnologien zeigen die Trendguides „Digitalisierung für EPU“ und „Künstliche Intelligenz“.
  • Leitfaden für Personalsuche und -auswahl: Für EPU, die wachsen wollen, stellt sich die Frage nach der Einstellung von Mitarbeitern. Vom Jobprofil über die Ausschreibung und das Bewerbungsgespräch bis hin zu den ersten 100 Tagen werden in diesem Leitfaden alle relevanten Informationen zusammengefasst.
  • Handbuch Marketing und Verkauf: Tipps für den Vertrieb bekommen EPU im Arbeitshandbuch für Marketing und Verkauf. Dank praktischer Checklisten, Tipps und Tabellen lässt sich der Vertrieb fundiert vorbereiten.
  • Geschäfte im Ausland: In Zusammenarbeit mit der Abteilung AUSSENWIRTSCHAFT haben wir eine Übersicht relevanter Services erstellt, die Kleinunternehmer oder EPU in Anspruch nehmen können: www.epu.wko.at/export

EPU-Mentoring geht in die nächste Runde

Das Mentoring-Programm ist bereits seit vielen Jahren ein Erfolgsprodukt. „Dass wir damit eine echte ,Marktlücke‘ erkannt haben, zeigt nicht zuletzt, ein All-Time-High bei den Bewerbungen für das heurige Programm“, so Stingeder. Ab sofort werden, über ein halbes Jahr lang, 48 Teilnehmer des Mentoringprogramms 2024 von einem Experten — dem Mentor begleitet. Als Mentoren sind auch heuer erfahrene Unternehmer im Einsatz, die in persönlicher und lockerer Atmosphäre praxisrelevante Strategien für die Teilnehmer erarbeiten. Der Fokus dabei liegt auf Vertriebsstrategie, Preisgestaltung, Marketing, Unternehmensausrichtung, Positionierung und gegebenenfalls selbst gewählten persönlichen Schwerpunkten. 

Im Rahmen des Mentorings findet auch ein regelmäßiger Austausch in Kleingruppen-Meetings statt. Darüber hinaus kann zusätzlich das Wissen bei Spezial-Workshops vertieft werden. Das ermöglicht ein weiteres gegenseitiges Lernen und Erfahrung-Sammeln auch untereinander und soll in ein gemeinsames Netzwerk münden. Ziel dieses Programms ist es, EPU bei ihrer betrieblichen und persönlichen Entwicklung zu unterstützen, ihnen Tipps aus der Praxis zu geben und Netzwerke zu öffnen.