Person mit dunklen schulterlangen Haaren, Brille und rosa Bluse blickt auf einen geöffneten Ordner während weitere Ordner am Schreibtisch liegen sowie ein Laptop, im Hintergrund zeigen sich Regale mit Ordner
© Pixel-Shot | stock.adobe.com

Zusammen­schluss von Unternehmen - Fusions­kontrolle

Meldung an Wettbewerbsbehörden je nach Größenordnung der Fusion verpflichtend

Lesedauer: 4 Minuten

Unternehmensfusionen sind ab einer gewissen Größe in Brüssel oder auf nationaler Ebene „genehmigungspflichtig“. Eine Versäumnis der Meldung oder eine nicht korrekte Meldung ziehen teilweise gravierende Rechtsfolgen nach sich.

Wenn sich Unternehmen zusammenschließen oder Unternehmensteile gekauft werden, so kann sich bei Überschreitung gewisser Schwellenwerte, die Notwendigkeit ergeben, diese Transaktion einer oder mehreren Wettbewerbsbehörden zu melden, damit diese kontrollieren können, ob von der Transaktion negative Auswirkungen auf den Wettbewerb zu erwarten sind. Dabei ist es nicht immer leicht festzustellen, welche Vorgänge wirklich einen Zusammenschluss darstellen, welche Unternehmen als beteiligt gelten (und daher deren Umsatzerlöse zum Volumen des Vorhabens gerechnet werden müssen), welche Märkte in welcher Weise betroffen sind, und wo der betreffende Vorgang tatsächlich anzumelden ist.

Auf EU-Ebene sind diese Vorgänge in der Fusionskontrollverordnung (FKVO) geregelt, in Österreich im Kartellgesetz (KartG) und in den anderen EU-Mitgliedstaaten in deren jeweiliger Rechtsordnung. Während es im klassischen Kartellrecht zu einer parallelen Anwendung der europäischen und nationalen Regeln kommen kann, ist dies in der Fusionskontrolle nicht so (One-Stop-Shop-Prinzip). Erfüllt ein Zusammenschlussvorhaben die Anforderungen der FKVO, dann ist eine Anmeldung bei der Kommission in Brüssel nach deren Regeln vorzunehmen. Werden diese Anforderungen nicht erfüllt, kann es zu einer Anwendung von einem oder mehreren Fusionskontrollregimen der Mitgliedstaaten kommen, wenn deren jeweilige Voraussetzungen erfüllt sind. Nach den europarechtlichen Regelungen können Fusionen, die in mehreren Mitgliedstaaten meldepflichtig sind, zur einheitlichen Kontrolle der EU-Kommission zugeleitet werden und ein Zusammenschluss, der auf EU Ebene meldepflichtig ist, dessen Untersuchungsschwerpunkt aber in einem Mitgliedsstaat liegt, zur weiteren Behandlung an diesen verwiesen werden.

Zweck der Fusionskontrolle ist es, durch die Verpflichtung von Unternehmen ihr externes Unternehmenswachstum der zuständigen Wettbewerbsbehörde zu melden, der Wettbewerbsaufsicht die Möglichkeit zu geben, die zu erwartenden Wettbewerbswirkungen des Zusammenschlusses im Vorhinein zu untersuchen, um vermeidbare negative Folgen für die Märkte abzuwenden, bevor sie entstehen können.

Die Regelungen der Fusionskontrolle sind komplex, von der selbständigen Vornahme einer zusammenschlussrechtlichen Anmeldung durch ein betroffenes Unternehmen ist regelmäßig abzuraten, da die Gefahr eines Fehlers relativ groß ist. Die Beauftragung einer Anwaltskanzlei mit Spezialisten im Bereich „Mergers & Acquisition“ sei angeraten; wenn sich der Zusammenschluss über mehrere Staaten erstreckt, sollte sichergestellt werden, dass sich Spezialisten für die Rechtsordnungen der betroffenen Staaten mit dem Fall auseinandersetzen.

Rechtslage in Österreich

In weiterer Folge wird kurz auf die Rechtslage in Österreich eingegangen.

Allgemein gesprochen, wird unter einem Zusammenschluss jede Verbindung von Unternehmen verstanden, aufgrund derer ein Unternehmen unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss auf ein anderes Unternehmen ausüben kann. Ob dies beispielsweise in Form einer Übernahme, eines Anteilskaufes, eines Erwerbs wesentlicher Assets oder eines Betriebsführungsvertrags erfolgt, spielt dabei keine Rolle. Auch die Gründung gemeinschaftlich kontrollierter dauerhafter Unternehmen (Gemeinschaftsunternehmen) fallen in diese Kategorie. Für Medienunternehmen gibt es spezielle, strengere Vorschriften.

Die Anmeldepflicht hängt wesentlich von der Größe der am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen ab – dabei werden grundsätzlich deren Umsatzerlöse zusammengerechnet und differenzierte Schwellen auf weltweiter und Inlandsebene festgelegt, die erfüllt oder überschritten werden müssen. Die grundsätzliche Regel, von der es aber wesentliche Ausnahme und Erweiterungen im Gesetz gibt, lautet:

Die am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen müssen im letzten Geschäftsjahr Umsatzerlöse von weltweit mehr als 300 Mio. EUR, im Inland mehr als 30 Mio. EUR, davon mindestens zwei beteiligte Unternehmen jeweils mehr als eine Mio. EUR und mindestens zwei Unternehmen weltweit jeweils mehr als 5 Mio. EUR erwirtschaftet haben. Diese Schwellen gelten kumulativ.

Meldung des Zusammenschlusses und mögliche Konsequenzen

Die Anmeldung muss vor Durchführung des Zusammenschlusses erfolgen; vor einer Freigabe der Anmeldung durch die Wettbewerbsbehörden ist die Durchführung bei Strafe verboten. Eine rechtswidrige Durchführung („Gun Jumping“) führt zu einem Geldbußenverfahren vor dem Kartellgericht. Die Anmeldung ist bei der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) einzubringen und kostet 6.000 EUR. Nach Einlangen der vollständigen Anmeldungsunterlagen prüfen die Amtsparteien (BWB, Bundeskartellanwalt) das Vorhaben und können innerhalb von vier Wochen einen Prüfungsantrag an das Kartellgericht stellen, wenn zu erwarten ist, dass der Zusammenschluss zu wettbewerblichen Problemen führen wird (Marktbeherrschung; sonstige erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs). In 90% der Fälle unterbleibt ein Prüfungsantrag – der Zusammenschluss gilt als freigegeben. Im gerichtlichen Verfahren kann das Kartellgericht einen Zusammenschluss nur innerhalb von fünf Monaten nach Stellung des Prüfungsantrages untersagen. Dies führt zu einem enormen Zeitdruck für Behörden und Parteien. Interessierte Unternehmen haben im Laufe eines Fusionskontrollverfahrens immer wieder Gelegenheit, Stellung zu nehmen; auch können die Verfahrensfristen geringfügig verlängert werden, wenn dies beantragt wird. Im Ergebnis kann ein Zusammenschluss mit oder ohne Auflagen genehmigt oder aber untersagt werden.

Unternehmen sollten der Fusionskontrolle in den Ländern, in denen sie tätig sind, besondere Aufmerksamkeit zumessen. Einerseits können bei unterlassenen Meldungen empfindliche Geldbußen verhängt werden, andererseits werden fehlerhafte Informationen, die zu einer mangelhaften wettbewerblichen Einschätzung des Vorganges führen, niemals rechtmäßig, sodass ein Zusammenschluss ohne Chance auf Heilung rechtlich anfechtbar bleibt.

Ausführliche Informationen zu Erfordernissen und Verfahren für eine Zusammenschlussanmeldung finden sich auf der Homepage der BWB: bwb.gv.at/zusammenschluesse/

Ebenso hat die BWB Standpunkte zu zahlreichen fusionskontrollrechtlichen Themen herausgegeben, welche Anleitung zu bestimmten Fragestellungen bieten, z.B.:

  • Anmeldebedürftigkeit von Zusammenschlüssen – Umsatzberechnung zum Zeitpunkt des Erwerbs
  • Abgabe von Prüfungsverzichten
  • Inlandsauswirkungen von Zusammenschlüssen
  • Kooperation mit den Amtsparteien in Zusammenschlussverfahren
  • Zurückziehung eines Prüfungsantrages infolge der Zurückziehung einer Anmeldung
  • Leitfaden - Zusammenschlusskontrolle und Insolvenzverfahren
  • Leitfaden zur neuen Transaktionswert-Schwelle in der Zusammenschlusskontrolle in Österreich und Deutschland

Stand: 24.02.2023

Weitere interessante Artikel